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An der Berliner Polizeiakademie soll es erhebliche Probleme mit Anwärtern geben.

© Kai-Uwe Heinrich

Missstände bei Berliner Polizei: Macht den Job des Polizisten endlich attraktiv!

Hinweise auf rüpeliges Verhalten, Frauenfeindlichkeit und Straftaten - das alarmiert. Die Berliner Polizei schafft es nicht, die Besten zu holen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Nowakowski

Zur Polizei in Berlin, der Stadt mit über 200 Nationalitäten, gehören selbstverständlich seit Langem Beamte, die aus Migrantenfamilien stammen. Die Polizei darf auch nichts anderes sein als ein Spiegelbild unserer multi-ethnischen Gesellschaft – alles andere wäre eine Form von Rassismus. Polizist zu werden muss eine normale Karriereoption für Menschen jedweder Herkunft sein. Berlin kann deshalb nur froh sein, wenn Beamte sich auf Neuköllner Straßen auf Arabisch verständlich machen und Respekt vor dem Gesetz einfordern können.

Steht dieser Weg angesichts interner Hinweise auf schlimme Zustände an der Polizeiakademie und auf angeblich eingeschleuste Angehörige krimineller Clans im Zwielicht? Noch ist nicht klar, ob das alles belegbar ist. Aber schnell abtun, wie Polizeipräsident Klaus Kandt, darf man die Vorwürfe nicht.

Auf Beamte, die Sicherheit garantieren sollen, darf nicht der kleinste Verdacht fallen, sie selbst könnten ein Sicherheitsrisiko sein. Falls in der Polizei der „Feind in unseren Reihen“ Dienst tut, wäre das für die Berliner der größtmögliche Vertrauensverlust. Deshalb muss jedem Hinweis nachgegangen und jeder Bewerber penibel überprüft werden. Zugleich ist aber niemand nur deshalb ungeeignet, weil Familienangehörige straffällig wurden.

Sind es nur Einzelfälle?

Wer darf Polizist sein? Wer zu klein ist, nicht. Wer große Tattoos hat, auch nicht. Aber wie unbescholten muss ein Bewerber sein? Böse Vorwürfe aus der Polizei gab es schon vor Jahren bei der Einstellung eines Neuköllners, dem als Jugendlicher viele Taten angelastet wurden, der achtmal vor Gericht stand und einmal Jugendarrest erhielt. Danach verließ er seine Gang und machte jahrelang erfolgreich Gewaltprävention. Wer könnte überzeugender rechtsstaatliche Werte vertreten? Und verjährt ist verjährt.

Dennoch müssen Hinweise auf rüpeliges Verhalten, Frauenfeindlichkeit, schlechtes Deutsch und Straftaten an der Polizei-Akademie alarmieren. Ob es Einzelfälle sind, ob es gezielte Stimmungsmache ist, wird sich zeigen. Denn auch wenn bei der Polizei sich vieles verändert hat, ganz frei von Korpsgeist und Vorurteilen ist die Truppe nicht.

Erkennbar wird aber, dass die Ausbildungsstätte nach Umstrukturierung und – richtiger – Konzentration auf praxisnahe Ausbildung noch im Umbruch ist. Nach Jahren, in denen die Polizei ziemlich kaputtgespart und kaum eingestellt wurde, gibt es nun jährlich freie 1200 Plätze – und nicht genug Bewerber: So wurde die Frist 2017 zweimal verlängert.

Erfahrene Ausbilder fehlen

Natürlich würden Anforderungen lockerer gehandhabt, hört man von Ausbildern, und auch die Polizeispitze gibt Probleme mit Benehmen und gutem Deutsch zu, obwohl letzteres Einstellungsvoraussetzung ist. Der Polizei geht es damit nicht anders als vielen Betrieben, die über mangelnde Kenntnisse von Schulabgängern klagen.

Während die Wirtschaft längst dabei ist, jedem Azubi das Rüstzeug für den Beruf selbst beizubringen, mangelt es an der Polizeischule an genügend erfahrenen Ausbildern. Gute Schulabgänger lockt auch nicht, dass ein Polizeimeister nach der Ausbildung brutto 2228 Euro hat; Facharbeiter haben mehr, ohne sich bei Wind und Wetter in Gefahr zu begeben.

Wer Polizisten will, die souverän die Herausforderungen einer unsicher gewordenen Welt bewältigen, muss den Job so attraktiv machen, dass die Besten kommen. Mit oder ohne Migrationshintergrund. Davon ist Berlins Polizei weit entfernt.

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