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Die Mieterräte sollten die Rechte der Mieter bei Wohnungsbaugesellschaften vertreten.

© Doris Spiekermann-Klaas

Wohnungspolitik in Berlin: Viele Mieterräte treten zurück

Reihenweise treten neu gewählte Mieterräte der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zurück. Sie fühlen sich "ausgebremst".

Sie zählten zu den zentralen Forderungen des Mietenvolksentscheids, sollten die Rechte von Mietern bei landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften vertreten und etwa bei geplanten Sanierungen, die schon mal mit kräftigen Mieterhöhungen verbunden sind, vermitteln. Doch gerade mal ein halbes Jahr nach ihrer Einsetzung gehen gleich reihenweise "Mieterräte" stiften – und zwar sogar Vorsitzende der Gremien. Sie gehen aus Ärger darüber, dass sie weniger für die Mieter tun können, als sie hofften – und eher mit dem Abwinken von Geschäftspolitik befasst werden.

„Praktisches für die Mieter kommt nicht raus“

„Wie stark sich die Miete erhöht, wann die Sanierung beginnt und mit wem sie eine Wohnung tauschen können, das interessiert die Mieter – aber jetzt lässt es die Satzung nicht zu, dass wir diese Aufgaben wahrnehmen“, sagt Rainer Felkeneyer. Deshalb legte der Vorsitzende des Mieterrats der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gewobag sein Mandat nieder. Denn: „Praktisches für die Mieter kommt nicht raus“, sagt Felkeneyer.

Und mit dieser Einschätzung und dem harten Schnitt als Konsequenz steht er nicht alleine da: Drei andere Vorsitzende oder Stellvertreter anderer landeseigener Firmen traten ebenfalls zurück: bei der Howoge, der WBM und der Stadt und Land.
Zu den reihenweisen Rücktritten kommt ein Zweikampf an der Spitze der ebenfalls mit dem neuen Gesetz geschaffenen Anstalt öffentlichen Rechts: der „WVB Wohnraumversorgung Berlin“. Dem aus den Reihen des Volksentscheids in das Gremium gewechselten Berater mit Grünen-Affinität, Jan Kuhnert, stellte der Senat einen langjährigen Verwaltungsprofi Philipp Mühlberg zur Seite – als Bremser gleichsam.

Alibi-Veranstaltungen und Leih-Personal

Mühlberg gilt als Mann von Ex-Bausenator und heutigem Immobilien-Lobbyist Peter Strieder. Größer könnte die Spannung kaum sein: „Konstruktive Zusammenarbeit, Fehlanzeige“, sagt jedenfalls einer der zurückgetretenen Mieterräte. Hinzu kommt: Personal bekommt die Wohnraumversorgungs-Anstalt (WVB) immer noch allenfalls ausgeliehen. Und die versprochene Ausschreibung von Stellen soll erst im Oktober erfolgen, wobei die beiden Jobs nur auf zweieinhalb Jahre befristet sind. So steht es in einer E-Mail-Korrespondenz, die dem Tagesspiegel vorliegt.

In dieser bilanziert einer der Vorstände: „Eine gesicherte personelle Ausstattung der WVB würde ich das nicht nennen“. Dies sei aber eine „persönliche Meinung“. Im Vorstand bestehe „keine einheitliche Auffassung“ – deutlicher lässt sich der Kleinkrieg im Gremium kaum formulieren.
„Alibi-Veranstaltungen“ bilanziert ein anderer zurückgetretener Mieterrat, der nicht genannt werden will. Diese dienten als verlängerter Arm von Firmen und Senat, um die Mieter-Bewegungen ruhigzustellen. „Ich kann nicht die Interessen einer Wohnungsbaugesellschaft vertreten und gleichzeitig die der Mieter“, sagt er. Bei der Gewobag hieß es zu Felkeneyers Rücktritt, es gebe „unterschiedliche Vorstellungen, wie die neuen Aufgaben wahrgenommen werden sollen“.

Es sei noch zu früh für eine Bewertung der Mieterratsarbeit. Das Gremium verfüge über eine Geschäftsordnung, es gebe eine Website und Sprechstunden. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung äußerte sich nicht zu Rücktritten und Spannungen unter den Vorständen, sprach von einer „Phase der Arbeitsaufnahme“. Zudem unterstütze ein „Team von fünf Kollegen des Dienstleisters Stattbau“ die WVB.

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