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Streikende Pflegekräfte am Montag vor der Charité - wieder mal.

© Gambarini/dpa

Michael Müller zum Charité-Streik in Berlin: "Pflegenotstand ist bundesweite Herausforderung"

Berlins Bürgermeister sieht Bundespolitik in der Pflicht. Pflegekräfte fordern mehr Personal in den Kliniken und streiken weiter. Am Dienstag protestieren sie vor dem Bundesgesundheitsministerium.

Der Streik an der Charité, die als Universitätsklinik übrigens nicht nur für Berlin, sondern auch für Brandenburg die öffentliche Hochschulmedizin zu organisieren hat, wird auch an diesem Dienstag fortgesetzt. Verdi hat zu einem unbefristeten Ausstand aufgerufen, die Gewerkschaft fordert wiederholt verbindlich mehr Pflegekräfte. Wie viele Behandlungen bislang ausfielen, ist unklar. An diesem Dienstag wollen die Streikenden nun mit Kollegen anderer Kliniken zu einer Protestkundgebung vor das Bundesgesundheitsministerium in Berlin-Mitte ziehen.

Das könnte sogar Michael Müller (SPD) freuen. Berlins Regierender Bürgermeister und Charité-Aufsichtsratschef, zuletzt noch wegen der harten Haltung des Charité-Vorstandes in der Kritik, sagte am Montag: Mit dem an der Charité geltenden Tarifvertrag für mehr Personal spiele Berlin bereits eine Vorreiterrolle im Pflegebereich, man wolle die Situation der Pflegekräfte dennoch weiter verbessern. „Allerdings werden die Anstrengungen einzelner Länder nicht reichen, wir stehen hier vor einer bundesweiten Herausforderung.“ Die Pflege müsse endlich im Bund zur Priorität erklärt werden.

Michael Müller: "Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe war leider taub"

„Wir müssen die Kliniken in die Lage versetzen, die Pflegeberufe attraktiver zu gestalten“, sagte Müller. „Insbesondere die Universitätsmedizin mit ihren besonderen Leistungen muss dabei berücksichtigt werden.“ Er freue sich, sagte Müller, dass die CDU-Gesundheitsexpertin und Bundespatientenbeauftragte, Ingrid Fischbach, erklärt habe, die Politik sei in der Pflicht. „Ihr Parteikollege und Gesundheitsminister, Hermann Gröhe, war genau auf diesem Ohr die letzten vier Jahre taub.“

Die von der Bundesregierung angeschobenen Verbesserungen – mehr Personal hier, mehr Geld dort – betreffen tatsächlich wenige Bereiche der Kliniken, ausgezahlte Mittel pro Krankenhaus waren zudem eher von symbolischer Höhe. Den Streikenden an der Charité geht es nach wie vor um mehr Personal auf allen Stationen – und zwar so konkret, dass die Zahl der Mitarbeiter pro Schicht letztlich einklagbar ist. Wie berichtet wurde 2016 ein bislang bundesweit einmaliger Tarifvertrag abgeschlossen. Er sieht Entlastungen der Pflegekräfte durch höhere Personalschlüssel vor, auf den Intensivstationen und in den Nachtschichten klappt dies an der Charité schon deutlich besser als noch vor ein, zwei Jahren.

Charité-Vorstand: Kaum Pflegekräfte auf dem Arbeitsmarkt

Doch den Streikenden reicht das insofern nicht, als die meisten Patienten eben auf Normalstationen liegen – wo auch die Mehrheit der rund 4000 Pflegekräfte arbeitet. Charité-Direktor Ulrich Frei sagte zum Streik, man habe zuletzt schon 280 zusätzliche Pflegekräfte eingestellt, viel mehr gebe der Arbeitsmarkt leider nicht her. Beim Deutschen Berufsverband für Pflegeberufe fordert man deshalb „langfristige Lösungen“. Auch die Gewerkschaft Verdi appelliert an den Gesetzgeber: Für die Verbesserung der dramatischen Personalsituation sei eine gesetzliche Regelung erforderlich – sollte der Tarifvertrag an der Charité bald auch im Detail funktionieren, könnte das vielleicht Vorbildcharakter für eine Bundesregelung haben. Bislang blieb die Bundesregierung vage: Sie hatte Kliniken und Krankenkassen beauftragt, geeignete Maßnahmen für Personaluntergrenzen vorzuschlagen. Auch in den kommenden Tagen ist die Patienten-Hotline der Charité unter 030/45 05 50 500 erreichbar.

Nach der Bundestagswahl braucht es einen New Deal zur Pflege - ein Kommentar.

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