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Jeder Asylbewerber bekommt einen Ankunftsnachweis. Er berechtigt zum Leistungsbezug.

© dpa

Mehrfachidentitäten von Flüchtlingen: Ist Berlin gegen Asylbetrug gewappnet?

Anis Amri hatte neun Identitäten. Der Berliner Verwaltung zufolge sind solche Fälle kaum möglich. Die CDU allerdings sieht Versäumnisse.

Von Fatina Keilani

Sieben Identitäten hatte sich Al Haj A. aus Osnabrück zugelegt, kassierte insgesamt 21 700 Euro an Leistungen. Jetzt wurde er zu einem Jahr und neun Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Aufgeflogen ist der Fall durch interne Ermittlungen in den Ausländerbehörden – man bemerkte die Ähnlichkeit der Fotos. Ist der Missbrauch von Leistungen durch Asylbewerber denn so einfach?

„Dieser Fall könnte in Berlin so nicht passieren“, sagt Sascha Langenbach, Sprecher des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF). Er spiele ja in Niedersachsen, einem Flächenland also, wo mehrere Sozialämter die Anlaufstellen seien. Der 25-jährige Sudanese A. hatte unter anderem in Osnabrück, Salzgitter und Hannover Leistungen bezogen.

Betrugsversuch nicht automatisch Ende des Asylverfahrens

„Seit einem Jahr wird bei uns jeder Antragsteller elektronisch erfasst, und zwar mit Abdrücken jedes Fingers, einmal gestempelt, einmal seitlich abgerollt“, so Langenbach. Zudem werde ein biometrisches Foto erstellt und sämtliche Datensätze mit denen der Berliner Polizei und mit dem Ausländerzentralregister abgeglichen. Anders als im Flächenstaat gebe es in Berlin nur eine Leistungsabteilung, bei der sich die Asylbewerber ihr Geld abholen. „Es ist nicht völlig auszuschließen, dass da jemand unter dem Radar bleibt, aber doch sehr, sehr unwahrscheinlich“, so Langenbach. Im Falle des aufgedeckten Missbrauchs gehe die Sache an die Staatsanwaltschaft, die ebenfalls einen Vertreter in der Bundesallee sitzen habe.

Wird jemand beim Betrugsversuch erwischt, so bedeutet das nicht automatisch das Ende seines Asylverfahrens. Dafür muss er schon zu einer Strafe von mehr als drei Jahren verurteilt worden sein. Seine Aussichten verschlechtern sich aber trotzdem. „Im Asylverfahren geht es um Glaubwürdigkeit“, sagt die Sprecherin des zuständigen Bundesamtes für Flüchtlinge und Migration (Bamf), Andrea Brinkmann. „Es schadet auf jeden Fall, wenn sich jemand unehrlich verhält.“ Zahlen für den Missbrauch kann das Amt nicht nennen, auch das Berliner Landesamt nicht, denn viele Mehrfachidentitäten seien bloß aufgrund unterschiedlicher Schreibweisen vorhanden – etwa wenn ein Mohamed zum Mohamad wird, ansonsten aber immer die gleichen korrekten Angaben gemacht hat. Dank der digitalen Erfassung verbinde das Computersystem die betreffenden Identitäten dann automatisch zu einer Person.

Seit der Flüchtlingswelle wurde technisch aufgerüstet

Schwieriger sei das bei einem Fall wie Anis Amri, dem Attentäter vom Breitscheidplatz. Er ist beim Bamf mit neun Identitäten verzeichnet und hat zudem unterschiedliche Angaben über sein Herkunftsland gemacht - mal war er angeblich Ägypter, dann Tunesier oder Syrer. Er bekommt dann einen ablehnenden Bescheid, der alle neun Identitäten auflistet. Auch im Verwaltungsgericht ist man solche Bescheide gewohnt – wenn nämlich jemand gegen die Ablehnung klagt.

Seit der Flüchtlingswelle wurde technisch aufgerüstet, Betrug sehr erschwert. „Ein erheblicher Missbrauch ist allerdings nach wie vor bei der Anmeldung in den Bürgerämtern möglich, die gefälschte Passdokumente mangels elektronischer Dokumentenprüfgeräte in den wenigsten Fällen erkennen können“, sagt der CDU-Innenpolitiker Burkard Dregger. Viele würden sich in den Bezirksämtern polizeilich melden und die Meldebescheinigung dann nutzen, um Bankkonten zu eröffnen, Handyverträge abzuschließen oder Sozialleistungen zu kassieren. Die Bezirke hätten extra Geld bereitgestellt bekommen und könnten Dokumentenprüfsysteme auf Kosten des Innensenators anschaffen, was sie aber bisher nicht täten.

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