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Applaus, Applaus. Die SPD-Genossen konnten am Sonnabend so einige Male kräftig in die Hände klatschen.

© dpa

Mauerfall in Berlin: Walter Momper: "Ich dachte, das gäbe Chaos"

Auf dem SPD-Parteitag am Samstag erinnern sich Politiker an den Tag des Mauerfalls. Einer von ihnen ist Walter Momper, damals Regierender. Er bekam damals einen Zettel gereicht, die Grenze sei offen - das war ihm nicht geheuer.

Von Sabine Beikler

Kurz vor dem Mauerfall: Es war eine "Mischung aus Angst", die die "Menschen im Osten" vor Augen gehabt hätten. Die SPD-Politikerin Christine Bergmann erinnert sich auf dem SPD-Landesparteitag im Berliner Congress Centrum an diese Zeit. Eine Zäsur sei die Gründung der Sozialdemokratischen Partei der DDR (SDP) am 7. Oktober in Schwante gewesen.

Christine Bergmann ist neben Walter Momper Gast auf dem Parteitag, der neben der Nominierung von Michael Müller als Nachfolger von Klaus Wowereit auch im Zeichen von 25 Jahre Mauerfall steht. Bergmann war die letzte Präsidentin der Berliner Stadtverordnetenversammlung, von 1991 bis 1998 war sie Bürgermeisterin in Berlin und Senatorin für Arbeit, Berufliche Bildung und Frauen. Von 1998 bis 2002 war sie unter Schröder Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

SPD-Politikerin Christine Bergmann geht zur Mauer, sie verbreitet keinen Schrecken mehr

Die 75-Jährige erzählt, wie sie die Nacht zum 9. November verbracht hat. Sie habe zunächst die Ankündigung des früheren Politbüro-Mitglieds des ZK der SED, Günter Schabowski, die Reiseregelung in das westliche Ausland gelte unverzüglich, "nicht ernst genommen". Mit einem Tag Verspätung sei sie "losgezogen" zum Brandenburger Tor und habe auf die Mauer geschaut. Sie habe keinen "Schreck" mehr gehabt, denn sie wusste, dass sie wieder zurückkehren konnte. Und dann habe sie sich auf die Suche nach der Sozialdemokratischen Partei gemacht. Bergmann trat 1989 in die SPD ein. Damals habe niemand gewusst, wie lange es zwei Parlamente im Ost- und im Westteil noch gab.

Walter Momper spricht nach Christine Bergmann. Er gratuliere Michael Müller "von Herzen". Er mahnt die Genossen, sie sollten "sorgsam mit dem Führungspersonal umgehen". Die Wende habe er als Regierender Bürgermeister von Berlin 1989 bis 1991 "von außen" mitbekommen. Der bedeutendste Beitrag für die Partei sei die Gründung der SDP gewesen. "Das war der Schlag ins Gesicht der SED." Damit habe man sich ins "Gedenkbuch der Geschichte" eingetragen. Momper spricht von der DDR-Bürgerbewegung, die Anfang Oktober niedergeschlagen werden sollte. Und was er am 9. November gemacht habe? Er habe in der Otto-Wels-Grundschule Kindern etwas über Otto Wels erzählt, danach sei er bei der Arbeitsmarktkommission des Senats gewesen. Er habe mit Schabowski ein paar Tage vorher über die Reisefreiheit gesprochen. "Ich habe ihn gefragt, wie sie das praktisch machen wollen." Schabowksi habe gesagt, das sei kein Problem. "Und dann sagte ich ihm, dass man das groß inszenieren sollte. Und dann kam der 9. November."

Wowereit und Müller stehen neben ihm, sie applaudieren

Eigentlich habe er noch dem damaligen Innensenator Bescheid geben wollen, dass er Polizeikräfte verstärken sollte. "Aber das habe ich dann vergessen und bin zur Verleihung des Goldenen Lenkrads gegangen", erzählt der 69-Jährige. Und irgendwann habe er erfahren, dass Schabowksi "diese Reisefreiheit" auf einer Pressekonferenz verkündet habe. Das gelte auch für Berlin, unverzüglich.

Aber diese Ankündigung sei "nicht ungewöhnlich gewesen", sagt Momper. Er sei dann zum damaligen SFB zur Sendung der "Berliner Abendschau" gefahren. Später habe es eine Senats-Sondersitzung gegeben. Dann sei er wieder zu einer Live-Sendung gefahren. Dann habe er einen Zettel zugesteckt bekommen, dass die Grenze an der Bornholmer Straße geöffnet sei. "Das habe ich aber nicht vorgelesen, ich dachte, das gäbe Chaos." Aber zu diesem Zeitpunkt seien schon zehntausende Menschen auf der Straße von Ost nach West gewesen. Am nächsten Tag habe er im Bundesrat gesagt: "Heute Nacht waren wir das glücklichste Volk der Welt."  Als Momper seine Rede beendet, stellen sich Wowereit und Müller neben Momper. Sie applaudieren wie die anderen Genossen auch.

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