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Fulltime-Job: Wer als Späti-Betreiber hinter dem Tresen steht, könnte sonntags besonders viele Kunden bedienen.

© K.-U. Heinrich

Ladenschluss in Berlin: Mitglieder des Späti e.V. wollen sonntags arbeiten

Der "Späti e.V." hat nun ein Vereinsheim. Zur Eröffnung in der Silbersteinstraße in Neukölln kamen etwa hundert Mitglieder. Sie haben politische Ziele.

Ein Blumengesteck auf dem Bürgersteig, eine Ballongirlande an der Fassade: Am Mittwochabend eröffnete der Berliner Späti e.V. in der Neuköllner Silbersteinstraße sein Vereinsheim. Gekommen sind viele der etwa hundert Mitglieder. Einige tragen Hemd und Sakko wie Alper Baba.

Der Vereinsvorsitzende steht vor der Erdgeschosswohnung, drei Zimmer, Küche, Bad. "Es geht um unsere Existenz", sagt Baba. Er besitzt drei Spätis. Zwei davon, in Köpenick und Wedding, öffnet er jeden Sonntag, einer bleibt geschlossen – in Neukölln. Das Ordnungsamt dort setzt das Ladenöffnungsgesetz so konsequent durch, wie es in keinem anderen Bezirk geschieht. So mussten Neuköllner Späti-Besitzer im vergangenen Jahr 73.045 Euro Strafe zahlen. "Ich verstehe das nicht", sagt Baba. "Wem entsteht ein Schaden, wenn wir sonntags unsere Läden öffnen?"

Sonntags müssen auch Spätis geschlossen bleiben

Das Ladenschlussgesetz allerdings ist eindeutig. Die Sonntagsruhe und Arbeitnehmerinteressen sollen geschützt werden, und daher sind Läden am Sonntag zu. Es gibt Ausnahmen – unter die Spätis aber bisher nicht fallen. Lässt sich daran etwas ändern? Diese Frage stellen sich auch andere Betreiber. Im März gründeten sie den Verein. Sie fordern, rund um die Uhr öffnen zu dürfen. In die Erdgeschosswohnung sollen künftig auch Gäste eingeladen werden, etwa Rechtsanwälte, die die Mitglieder beraten.

Ende August erreichten Baba Neuigkeiten. Der wissenschaftliche Dienst des Abgeordnetenhauses hatte entschieden, dass Spätis am Sonntag öffnen dürfen. Nur von 13 bis 20 Uhr. Nur wenn sie Touristenbedarf verkaufen. Postkarten, Bären, Berlin-Shirts. Baba nennt das einen kleinen Erfolg. Zufrieden ist er nicht.

Auch Grünen-Abgeordnete Anja Kofbinger ist zur Eröffnung vor Ort

Zufrieden ist auch nicht sein Stellvertreter. Ahmet Razi betrieb seit 2004 den Kiosk AK44 nahe der Sonnenallee. Vor zwei Jahren stand ein Polizist vor seinem Geschäft. Er schrieb Razi den ersten Bußgeldbescheid. Es folgte viele weitere. Dann wurde ihm untersagt, seinen Späti zu führen. Heute betreibt ihn seine Frau.

Auch Anja Kofbinger, Grünen-Abgeordnete aus Neukölln, ist gekommen. "Späti-Fan" nennt sie sich auf ihrem Twitter-Profil. An diesem Abend sagt sie: "Wir haben schon einige Schlachten geschlagen." Konkreter wird sie aber nicht zur Frage, ob Rot-Rot-Grün vielleicht schon späti-freundliche Pläne macht.

Vorerst öffnen einige Betreiber ihre Läden auch am Sonntag – heimlich. Sie lassen die Jalousien runter, Kunden kommen durch den Nebeneingang. Und wenn es doch einen Bußgeldbescheid gibt? Dann könnten die Mitglieder in die Silbersteinstraße kommen, zum Vereinsheim. Razi sagt: "Vielleicht öffnen wir speziell am Sonntag."

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