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Auffällig unauffällig. Lektor Carsten Weber arbeitet in seinem Fast-Open-Air-Büro im Tiergarten.

© Georg Moritz

Kunstprojekt in Berlin-Mitte: Was will die Glashaube im Tiergarten?

Die Kunstaktion „Monozelle“ fand mitten im Milieu statt. Dabei ging es eigentlich um Isolation.

Drei Wochen lang saß Künstler Christian Hasucha mit einer Glashaube im Kleinen Tiergarten in Moabit. Genau dort, wo sich die Situation um zunehmend aggressive Obdachlose, Drogenhändler und Kleinkriminelle im Moment zuspitzt, inszenierte die Künstlergruppe KUNSTrePublik die Aktion „Monozelle“, die Isolation inmitten der Gesellschaft veranschaulichen soll.

Die Aktion ist Teil des Projekts „Hacking Urban Furniture“, das sich mit Stadtmöblierung auseinandersetzt - öffentlichen Toiletten also, Parkbänken oder Wartehäuschen. Beispielsweise verschönerte die Gruppe im September drei Bushaltestellen.

Unsichtbar im Tiergarten

Für „Monozelle“ hat Hasucha täglich eine Art Glaskasten in den Tiergarten gerollt und an einer Parkbank aufgebaut. „Unter der Haube ist man Teil des öffentlichen Raums, gleichzeitig sichtbar und unsichtbar - wie so viele in unserer Gesellschaft.“

Hasucha selbst setzte sich nicht unter das Acryl-Gehäuse. Meist funktionierte ein freiberuflicher Lektor mit Laptop den Kasten in ein Fast-Open-Air-Büro um, auch mehrere Passanten begaben sich spontan unter die Haube. Da ihm die aktuelle Situation im Park bekannt ist, überwachte Hasucha das Projekt unentwegt, da der Performende im Fall des Falles im Kasten wenig Handlungsspielraum gehabt hätte.

„Er konnte zwar über Löcher in der Haube mit der Außenwelt kommunizieren, war aber isoliert. Er hätte sich nur schwer gegen Dritte wehren können“, fürchtete Christian Hasucha.

Ins Gespräch gekommen

Seine Bilanz der Kunstaktion: relativ entspannt. Den einen oder anderen Drogendeal hätten sie miterlebt. Und manchmal habe man auch böse Blicke von den „Stammgästen“ der Bank eingefangen, wie es Hasucha formuliert. Um die Unter-der-Haube-Sitzenden vor allzu „brenzligen Situationen“ zu schützen, wurde die Aktion auf die linke, etwas gemäßigtere Seite des Parks, in der Nähe der Heilandskirche, beschränkt.

Von den Parkbewohnern wurde die Aktion weitgehend toleriert, erzählt Hasucha. Die Junkies nahm der Künstler zwar als „unberechenbar“ wahr, die Alkohol-Abhängigen jedoch als offener. „Mit ihnen war ein Dialog möglich“, freut sich der Künstler. „Genau mit Menschen am Rande der Gesellschaft wollten wir ins Gespräch kommen.“

Hanna Widmann

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