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Kühlschrank-Sperrmüll auf Gehweg in Berlin.

© dpa

Kostenlos und erstmal steuerfinanziert: Die BSR muss Berlin vom Sperrmüll befreien

Die Vermüllung der Stadt nimmt zu. Abhilfe könnte die BSR schaffen - wenn ihr der Senat dafür das nötig Geld zur Verfügung stellt. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Natürlich wirkt das auf den ersten Blick sympathisch, wenn jemand seinen alten Fernseher mit einem Zettel „Zu verschenken“ auf den Gehweg stellt. Könnte ja sein, dass die Kiste noch funktioniert und ein armer Teufel damit glücklich wird. Spätestens dann aber, wenn daneben eine alte Kloschüssel steht, stellen sich bei der Methode „Sperrmüll am Straßenrand“ ein paar Fragen. Denn es ist, wie man es auch dreht und wendet, eine Verwahrlosung, die sich da in Berlin mehr und mehr breitmacht.

Bei der Analyse des Problems und der Suche nach Abhilfe bringt es wenig, ganze Bevölkerungsgruppen, die sich nach sozialen oder ethnischen Kriterien definieren lassen, in verbale Kollektivhaftung zu nehmen. In einer Stadt mit 3,7 Millionen Einwohnern und jährlich 50 000 Zuzügen, in einer Stadt, die seit der Wiedervereinigung einen Austausch fast der Hälfte der Bevölkerung durchlebt hat, fehlen in vielen Kiezen einfach soziale Bindungen und gelebte Nachbarschaften. Wäre beides vorhanden, würden die meisten Menschen nicht wagen, sich so ungezügelt des öffentlichen Raums als Müllhalde zu bedienen, wie es geschieht.

Kinder könnten ihre Eltern erziehen

Wenn zivilisatorische Kontrollmechanismen versagen oder gar nicht vorhanden sind, muss man sie wieder implementieren. Das können in besonderer Weise Kitas und Schulen leisten, denn wenn die Kinder dort lernen, dass man Abfall und Sperrmüll nicht einfach auf die Straße stellt, vor allem aber, warum man es nicht tun sollte, werden sie den eigenen Eltern ganz schnell deren Fehler vorhalten. Eltern erzieht man am besten über Kinder, das ist eine alte Erfahrung.

Man muss es den Menschen aber auch leicht machen. Fast die Hälfte der Einwohner Berlins verfügt nicht über ein eigenes Fahrzeug. Diesen Bürgerinnen und Bürgern bringt der Verweis auf die Recyclinghöfe überhaupt nichts – sollen sie mit dem alten Schrank in den Bus steigen? Den Sperrmüll zu Hause abholen lassen, funktioniert zwar sehr gut, ist aber entweder teuer, wenn es schnell gehen muss, oder billig, aber nicht praktikabel, weil dann nur eine Abholung innerhalb von vier Wochen geboten wird. Da kann man den Kram auch gleich auf die Straße stellen.

Erst steuerfinanziert, dann auf die Müllgebühren umgelegt

Nein, es führt kein Weg daran vorbei, dass sich die BSR auf ein für den Bürger kostenloses Pilotprojekt einlässt, wie es jetzt für Reinickendorf-Ost vorgeschlagen ist. Die Ausrede, dann würde da der Müll aus ganz Berlin hingebracht werden, zieht nicht, wenn die Gewissheit besteht, dass aus dem Experiment ein fester Service werden kann. Und Erfahrungen in anderen Städten haben gezeigt, dass es nur bei der ersten jemals angebotenen Abfuhr von Sperrmüll zu großen Mengen kommt.

Ein solches Angebot muss nicht monatlich sein, vierteljährlich genügt vermutlich. Natürlich kann keiner von der Berliner Stadtreinigung, die ein Wirtschaftsunternehmen ist, verlangen, diesen Dienst kostenlos zu leisten. Den Testlauf müsste das Land Berlin finanzieren – für das Aktionsprogramm „Sauberes Berlin“ wurden ja gerade acht Millionen Euro bereitgestellt. Bewährt sich das Verfahren, müssen die Kosten auf die Müllgebühren umgelegt werden. Eine Stadt ohne Kloschüsseln am Straßenrand sollte es uns wert sein.

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