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Bis Freitag können Berliner hier Abschied nehmen: Das Kondolenzbuch im Roten Rathaus.

© Monika Skolimowska/dpa

Kondolenzbuch für den Altkanzler: Berliner nehmen Abschied von Helmut Kohl

Seit Montagmorgen können sich Berliner in das Kondolenzbuch für Helmut Kohl eintragen. Die ersten Besucher sind ihm vor allem für seinen Beitrag zur Einheit dankbar.

Wenn er von Helmut Kohl spricht, kommen ihm die Tränen. Bernhardt Viethe ist am Montagmorgen einer der ersten, die die lange Treppe im Roten Rathaus hinaufkommen. Der Pankower ist 81 Jahre alt, der kürzlich verstorbene Alt-Kanzler hat ihm viel bedeutet. Er erinnere sich gut daran, wie seine Mutter sagte: „Ich werde die Deutsche Einheit nicht mehr erleben, du schon“, erzählt Bernhard Viethe. Und dann kam es doch anders: Seine Mutter lebte bis 1991 und erlebte die Deutsche Einheit noch. Mit feuchten Augen erzählt Bernhardt Viethe, dass er Helmut Kohl „wahnsinnig dankbar“ sei, da er ihm, seiner Mutter und 79 Millionen anderen Deutschen das Undenkbare ermöglicht habe: ein vereintes Deutschland. Kohl sei den Menschen nahe gewesen, sagt Viethe. Er habe dem Politiker jedes Jahr einen Brief zum Geburtstag geschickt und oftmals sogar einen zurückbekommen. Viethe: „Helmut Kohl war halt einer dieser Politiker.“ Er erinnere sich gut an das Kohl-Wort von der „Blühenden Landschaft“. Damals eine träumerische Fantasie – aber zumindest für Bernhardt Viethe auch die Realität.

Zuvor hat Viethe lange an jenem Tisch gesessen, der im Roten Rathaus zum Gedenken aufgestellt wurde: Von einem Schwarz-Weiß-Foto schaut lächelnd Helmut Kohl, neben ihm steht eine Vase mit weißen Blumen, rechts neben dem Buch brennt eine Kerze. Dahinter stehen die deutsche Flagge, die Berliner und die der EU. Als Bernhardt Viethe am Tisch Platz genommen hat, fängt er an zu schreiben, fünf Minuten lang, und lächelt zwischendurch, manchmal freudig, manchmal schmerzhaft. Als er fertig geschrieben hat steht er auf, mit der Hand auf dem Herzen verbeugt er sich vor Kohl, er betet noch einmal und murmelt ein paar Worte in Richtung des Bildes.

Außer Bernhard Viethe finden an diesem Montag nur wenige Menschen den Weg ins Rote Rathaus, um sich vom Altkanzler zu verabschieden. Eine Grundschulklasse ist auch darunter. Die Kinder sind um die zehn Jahre alt und laufen mit offenen Mündern in der gigantischen Halle umher. Den Grund ihrer Exkursion kennen sie allerdings nicht, der Name Helmut Kohl sagt ihnen nichts. Die Lehrerin hingegen läuft zielstrebig die Treppen hinauf zum Buch und schreibt hastig einige Sätze nieder. Sie ist 42, lebt in Hellersdorf und sagt, sie wolle sich von einem Politiker verabschieden, dessen Name für sie nicht nur politische Konnotationen trägt sondern auch persönliche. „Helmut Kohl hat die Geschichte ja mitbestimmt, besonders die Wendezeit“, sagt sie. Der frühere Kanzler steche für sie aus der Gruppe der anderen Politiker hervor, da er den Menschen immer sehr nah gewesen sei. Danach herrscht wieder Totenstille im Roten Rathaus.

Noch bis zum Freitag können sich Berliner in das Kondolenzbuch für Helmut Kohl im Roten Rathaus eintragen, im Bundeskanzleramt liegt bis Freitag ein weiteres öffentliches Kondolenzbuch (9-18 Uhr).

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