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Das Armutsrisiko liegt in Berlin bei 14,1 Prozent. Fast jedes dritte Kind lebt von Hartz IV.

© dpa

Koalitionsverhandlungen: Rot-Rot-Grün will Armut bekämpfen

Von Armut bedrohte Kinder sollen frühzeitig in die Kitas gehen. Das künftige Dreierbündnis fordert von den Betrieben zudem mehr Ausbildungsplätze.

Von Sabine Beikler

Nach dem Schwerpunkt Wirtschaft diskutierten am Mittwochabend die künftigen Koalitionäre Rot-Rot-Grün über Arbeit und Soziales. Für die SPD sprach Dilek Kolat. "Das soziale und inklusive Berlin wollen wir voranbringen", sagte die Arbeitssenatorin. Rot-Rot-Grün will aktiv die Armut bekämpfen, die AV Wohnen neu berechnen und den Berlin-Pass auf Menschen ausweiten, die Wohngeld beziehen.

Betriebe, die im Bereich Pflege nicht ausbilden, sollen nach dem Willen von Rot-Rot-Grün künftig eine Ausbildungsabgabe zahlen. "Wir prüfen das", sagte Kolat. 500 Stellen für gemeinwohlorientierte Arbeit will die künftige Koalition über ein Landesprogramm absichern. Und zehn Prozent der Taxis sollen künftig barrierefrei sein. Das will Rot-Rot-Grün offenbar finanziell unterstützen.

Das Armutsrisiko liegt in Berlin bei 14,1 Prozent. "Aber zu viele Kinder wachsen noch in Armut auf", sagte Kolat. Ressortübergreifend will Rot-Rot-Grün eine Strategie zur Armutsbekämpfung entwickeln. Zielgruppen sind Arbeitslose, Familien mit Kindern und Alleinerziehende.

Von Armut bedrohte Kinder sollen frühzeitig in die Kitas gehen. Die Qualität soll in den Einrichtungen weiterhin gesichert werden. Bundespolitische Maßnahmen müssen „auf den Prüfstand gestellt werden“, sagte Kolat und nannte zum Beispiel den Kinderzuschlag. Mit der Kältehilfe wurde vereinbart die 800 Plätze auf 1000 zu erweitern.

Abgabe für Betriebe, die nichts ausbilden

Die künftige Koalition will einen Schwerpunkt in die betriebliche Ausbildung stecken Nur 12,1 Prozent der Berliner Betriebe bilden aus. "Das ist zu wenig", sagte Kolat. Die Verbundausbildung soll erweitert werden, damit kleine Unternehmen auch ausbilden können. Jugendberufsagenturen sollen verstärkt arbeiten, "aber dafür brauchen wir Ausbildungsplätze". Deshalb plant die Koalition Abgabe für Betriebe, die nicht ausbilden. Andererseits will Rot-Rot-Grün Betriebe, die ausbilden, aktiv unterstützen. Wie das konkret aussehen kann, ließ Kolat offen.

Bis 2030 rechnet man in Berlin mit 170.000 Pflegefällen. Deshalb will Berlin Fachkräfte in der Pflege sichern. Betriebe, die in der Pflege nicht ausbilden, sollen eine Abgabe zahlen. Laut Kolat wird das bereits in Thüringen, Nordrhein-Westfalen und Hamburg praktiziert. Die Pflegekräfte sollen künftig besser bezahlt werden, möglichst „mit einem Tarifvertrag“, sagte Kolat. Pflegende Familienangehörige will die Koalition durch ein größeres Tages- und Nachtpflegeangebot entlasten.

Die Berliner Stadtteilzentren sollen weiter ausgebaut und "stärker für Menschen mit Behinderung ausgerichtet werden", sagte Elke Breitenbach (Linke). Auch die Sozialberatung in den Bezirken für Menschen in problematischen Lebenslagen soll durch das Land finanziell abgesichert werden.

Rot-Rot-Grün will den Berlin-Pass auf Menschen, die Wohngeld beziehen, ausweiten. "In Verbindung mit Sozialticket und Strukturveränderung muss das genau geprüft werden", sagte Breitenbach. Stadtteilmütter und Lotsinnen sollen ebenfalls finanziell abgesichert werden wie die Mobilitätshilfsdienste.

Die AV Wohnen für die Kosten der Unterkunft soll überarbeitet werden. Möglichst viele Menschen sollen in den Wohnungen bleiben können. "Das wird ein erheblicher Kostenfaktor sein", sagte Breitenbach. Finanzierungsmodelle sollen geprüft werden.

Rot-Rot-Grün verstehe sich als Koalition "gegen die Spaltung der Stadt", sagte Lisa Paus (Grüne). Die Bundestagsabgeordnete kündigte Bundesratsinitiativen gegen Kinderarmut oder für eine bessere Mietpreisbremse an. Auch ein Teihabegesetz auf Landesebene will Rot-Rot-Grün verabschieden.

Die Eckpunkte wurden laut Kolat, Breitenbach und Paus ohne Dissens verabschiedet. Allerdings stehen alle angekündigten Maßnahmen noch unter einem Finanzierungsvorbehalt. Die Facharbeitsgruppe Finanzen wird letztlich die angekündigten Projekte durchrechnen und festlegen, wie groß der finanzielle Spielraum überhaupt ist.

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