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Grünes Großstadtidyll. Das Parkmanagement am Tempelhofer Feld richtet sich nach den Bedürfnissen des Bodenbrüters

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Kleiner Vogel als "Leitart": Ohne die Feldlerche würde das Tempelhofer Feld zum Tempelhofer Wald

Die kleine Feldlerche garantiert die Weite auf dem Tempelhofer Feld. Der Vogelschutz hat Folgen: für das Wiesenmeer, den Airport Tegel und sogar Brandenburg.

Es gibt Vögel, die ein wenig herumflattern, Würmchen verspeisen und allenfalls frühmorgens die Menschen aus dem Schlaf singen. Und es gibt solche, die einen Ausgabenposten in der städtischen Bauplanung haben, die das Management ganzer Parkanlagen beeinflussen und deren Bedürfnissen sich die anderen Vogelarten unterordnen müssen. Zu ihnen gehört die Feldlerche.

Zwar stellen die Männchen ihre Federhaube auf, wenn sie erregt sind. Aber sonst sieht der etwa 19 Zentimeter große Bodenbrüter mit braunem Gefieder mit den schwarzen Strichlein gar nicht so herrisch aus. Trotzdem nennen ihn Ornithologen „die mit Abstand dominierende Vogelart“ - auf dem Tempelhofer Feld. Rund 25 Prozent aller Berliner Feldlerchen leben auf dem ehemaligen Flughafengelände.

"Leitart": Die Monarchin auf dem Tempelhofer Feld

Wegen der großen Population, die schon gedieh, als noch Flugzeuge über Tempelhof röhrten, krönten Senatsverwaltung und Vertreter von Naturschutzverbänden die Feldlerche noch vor der Öffnung des Feldes zur „Leitart“ und damit zur Monarchin auf dem Feld. „Das bedeutet, dass das gesamte Management des Biotops, zu dem beispielsweise der Mäh-Rhythmus gehört, sich nach den Bedürfnissen dieser Vogelart richtet“, erklärt Herbert Lohner vom BUND Berlin. Da die Feldlerche keine Bäume oder Büsche mag, sondern lieber Spinnen und Insekten auf Feldfluren sucht, bedeutet das: „Den Status quo erhalten“, wie Parkmanager Michael Krebs sagt.

Das Männchen der Feldlerche stellt bei Erregung seine Federhaube auf.
Das Männchen der Feldlerche stellt bei Erregung seine Federhaube auf.

© dpa

Da aus einer mitteleuropäischen Wiese ohne menschliches Zutun irgendwann immer ein Wald wird, muss Krebs’ Grün Berlin GmbH mit dem Mäher ran. Ein Mal pro Jahr werden die eingegrenzten Brutflächen nach Ende der Brutzeit abrasiert – inklusive Büsche.

Blieben diese oder auch kleine Bäume vereinzelt stehen, sähe der Vorsitzende des Naturschutzbundes Berlin, Rainer Altenkamp, zwar kein Problem. „Wenn man die Feldlerche aber schonen will, muss man in die Vegetation eingreifen“, sagt er. „Die Feldlerche gibt den rechtlichen Rahmen vor und ist damit ein Hauptgrund, warum das Wiesenmeer erhalten bleiben wird“, erzählt Altenkamp, der für das Land Berlin die Feldlerchen auf dem Tempelhofer Feld beobachtet.

Masterplan-Gelder für die Freiheit der Feldlerche

Das Wiesenmeer wogt vor allem zwischen den beiden Start- und Landebahnen hin und her, die von einem rot-weißen Flatterband eingehegt sind. Von April bis August darf man dort nicht hinein, denn zu dieser Zeit brüten die Feldlerchen zwischen den Grashalmen. Der Lerche Freiheit ist die Grenze der anderer.

Das bekommt auch der Senat bei baulichen Planungen zu spüren. „Wenn Flächen, auf denen diese Vogelart lebt, bebaut werden, müssen sie eins zu eins ersetzt werden“, erklärt Altenkamp. Das schreibt das Naturschutzgesetz vor. Auch die Verantwortlichen für den Masterplan in Tempelhof hatten dies in Rechnung gestellt.

Der Senat hatte einige solcher Ausgleichsflächen, die im Fachjargon „Feldlerchenfenster“ heißen, seit vergangenem Jahr versuchsweise auf landwirtschaftlichen Flächen aussparen lassen. „Dort wird von den Bauern nicht gesät. Man hofft, dass die aus dem Süden gen Norden fliegenden Feldlerchen sich dort niederlassen“, erklärt Altenkamp. Diese Flächen wurden aus Platzmangel aber nicht in Berlin, sondern in Brandenburg ausgespart. Aus der Berliner Verwaltung wird dies bestätigt. Über die Kosten für diese Versuchsfenster gab es keine Angaben.

Die Nutzung vom Airport Tegel hängt von der Feldlerche ab

Die Feldlerche gibt nicht nur auf dem ehemaligen Tempelhofer Flughafen den Ton an. Sie gehört zu den Vogelarten, die auf der Vorwarnliste zur Roten Liste in Deutschland steht – hier und in Polen leben etwa 40 Prozent des Europabestandes. Häufig auf Flughäfen - trotz Verkehr und Lärm.

Da die kleine Feldlerche keine Gefahr für Flugzeuge darstellt, muss sie auch nicht – so wie andere Arten – von den Mitarbeitern des Deutschen Ausschusses zur Verhütung von Vogelschlägen im Luftverkehr (DAVVL) verscheucht werden.

Sollte der Flughafen Tegel künftig bebaut werden, müssen sich die Planer erneut der Macht der Feldlerche beugen. „Es ist gut vorstellbar, dass die Feldlerche auch in Tegel Leitart sein wird“, heißt es aus dem Büro des Berliner Landesbeauftragten für Naturschutz und Landschaftspflege.

Dann würden die Lerchenfenster in Brandenburg wohl vom Versuchsfeld zum neuen Reich der Feldlerche.

Vinzenz Greiner

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