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Bislang gibt es in Berlin nur wenige Betreuungseinrichtungen für den Nachwuchs, die auch abends geöffnet haben. Das stellt viele Eltern, die zu später Stunde arbeiten müssen, vor große Probleme.

© Kitty Kleist-Heinrich

Kinderbetreuung in Berlin: 24-Stunden-Kita: Späti für die Kleinen

Politiker fordern längere Öffnungszeiten für Kitas – sogar bis zu 24 Stunden. Doch Versuche zeigen: Die Hemmschwelle ist oft hoch.

Eltern von kleinen Kindern haben es nicht immer leicht. Bei der Arbeit machen sie sich unbeliebt, weil sie keine Spätschichten übernehmen, sondern schon nachmittags gehen, und wenn sie abgehetzt an der Kita ankommen, schaut die Erzieherin genervt, weil eigentlich schon seit fünf Minuten geschlossen ist.

Die meisten Kitas schließen um 17 oder 18 Uhr, kleine Einrichtungen oft noch früher. Mit den Arbeitszeiten vieler Mütter und Väter ist das kaum zu vereinbaren – nicht mit normalen Bürozeiten und schon gar nicht mit Berufen, in denen abends oder nachts gearbeitet wird: im Verkauf und in der Gastronomie, im Gesundheitswesen, bei Polizei und Feuerwehr und in vielen anderen Branchen.

SPD und CDU machen Vorschläge zu 24-Stunden-Betreuung

Die SPD-Jugendpolitikerin Alev Deniz aus Mitte fordert daher flexiblere und längere Kita-Öffnungszeiten. Auch Einrichtungen, die rund um die Uhr geöffnet sind, zieht sie in Erwägung. „In jedem Bezirk sollte es mehrere Kitas mit erweitertem Angebot geben“, sagt Deniz. Sie will, dass die Jugendämter mit den Kitaträgern neue Arbeitszeitmodelle für die Erzieher entwickeln, sodass länger geöffnet werden kann. Einen Antrag dazu, den Deniz mit der SPD-Fraktion eingebracht hat, hat die Bezirksverordnetenversammlung Mitte angenommen. „Der Bedarf ist da, das bestätigen mir Eltern und Kitaleitungen. Aber für die Kitas ist es organisatorisch schwer umzusetzen. Sie brauchen Unterstützung“, sagt Deniz. Meist ist die Personaldecke ohnehin dünn, und den Kitaleitungen fehlen Zeit und Erzieher, um eine erweiterte Dienstplanstruktur zu erarbeiten und zu besetzen.

In der CDU gibt es ähnliche Überlegungen. Kai Wegener, Bundestagsabgeordneter und Generalsekretär der CDU Berlin, hat mit dem Kreisverband Spandau einen Antrag für den Landesparteitag eingebracht. Darin wird gefordert, dass es in jedem Bezirk eine 24-Stunden-Kita geben soll.

Bisher sind nur wenige Kitas nach 18 Uhr geöffnet. In Mitte etwa betreuen zehn Einrichtungen bis 19 oder 20 Uhr. Tempelhof-Schöneberg meldet drei Kitas, die nach 18 Uhr geöffnet haben. In Marzahn-Hellersdorf sind sechs Kitas bis 21 Uhr offen, in Neukölln eine, in Charlottenburg-Wilmersdorf haben drei bis 19 Uhr geöffnet. In Pankow gibt es zwei, ab Juli drei. Die anderen Bezirke ließen die Tagesspiegel-Anfrage unbeantwortet.

Jugendsenatorin Scheeres lässt gerade Bedarf analysieren

Dass noch mehr zu tun ist für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, ist auch dem Senat bewusst. Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) lässt aktuell bei Jugendämtern, Unternehmen, Eltern und Kitaträgern den Bedarf analysieren. Die Unternehmensbefragung startet im Juli. Ausgehend von dem Befund soll ein Konzept zur flexibleren Betreuung entwickelt werden. Ob dann eine 24-Stunden-Kita kommt, darf bezweifelt werden. Denn solche Versuche gab es schon in Berlin, doch sie sind wieder eingestellt worden – aufgrund mangelnder Nachfrage, wie die Senatsjugendverwaltung mitteilt. Auch in Teltow, wo es seit einiger Zeit eine solche Einrichtung gibt, wird das Angebot kaum genutzt, wie kürzlich bekannt wurde.

„Es hat sich nicht gerechnet“, sagt Regine Schallenberg-Diekmann, pädagogische Geschäftsführerin beim Träger Ina-Kindergärten, der von 2008 bis 2011 eine Rund-um-die-Uhr-Kita an der Charité betrieb. Zunächst sei die Kita als Modellprojekt von der Robert-Bosch-Stiftung unterstützt worden, doch nachdem diese Gelder ausliefen, habe man nur noch ein Jahr durchhalten können. „Da gibt es noch große Berührungsängste. Das Kind in der Kita übernachten zu lassen, war für die meisten nur eine Notlösung.“ Der soziale Druck auf Eltern, ihre Kinder nicht so lange in der Kita zu lassen, sei hoch, „da denken viele: Ein Kind muss zu Hause schlafen“.

Das findet Schallenberg-Diekmann schade, denn diejenigen, die das Angebot öfter genutzt hätten – vor allem Krankenschwestern und Hebammen –, seien begeistert gewesen; für diese Frauen sei es jetzt viel schwieriger, Kinderbetreuung und Schichtarbeit unter einen Hut zu bringen. Auch den Kindern habe es gefallen. Die Kita sei schließlich der Ort, den sie nach dem eigenen Zuhause am besten kennen, und weil abends und nachts viel weniger los sei, hätten die Erzieher viel Zeit und Ruhe, sich ausgiebig mit einem Kind zu beschäftigen.

Landeseltern zweifel an der Umsetzbarkeit

Landeselternsprecher Norman Heise zweifelt ebenfalls an der Umsetzbarkeit einer 24-Stunden-Kita. „Es gibt keine Zugriffsmöglichkeit durch die Politik auf die Träger. Die legen die Öffnungszeiten ja selbst fest“, gibt er zu bedenken. Ihm ist es wichtiger, dass mehr Eltern von dem Zusatzangebot erfahren, das es schon jetzt gibt: der ergänzenden Tagespflege.

Ergänzende Tagespflege, das sind Tagesmütter und -väter oder auch andere Personen, die Kinder außerhalb der Kitazeiten betreuen, wenn die Eltern den Bedarf nachweisen. Die Eltern können sich selbst eine geeignete Person suchen, manchmal helfen die Jugendämter bei der Vermittlung. Allerdings ist die Bezahlung schlecht: Das Jugendamt zahlt nur rund fünf Euro pro Stunde. Zwar soll der Satz bis 2017 auf 8,50 Euro erhöht werden, teilte die Jugendverwaltung mit. Aber vielleicht liegt es auch daran, dass bisher nur die Eltern von 505 Kindern in Berlin das Angebot wahrnehmen.

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