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Bald sitzen katholische und evangelische Schüler gemeinsam im Religionsunterricht.

© Doris Spiekermann-Klaas

Katholische und Evangelische Kirche: Gemeinsamer Religionsunterricht an Berliner Schulen

Ab Herbst soll in Berlin konfessionsübergreifender Religionsunterricht angeboten werden. Die Deutschlandweit einmalige Kooperation soll das Angebot in allen Berliner Schulen sicherstellen.

Angesichts insgesamt sinkender Mitgliederzahlen gehen die Kirchen in Berlin neue Wege. Ab dem kommenden Schuljahr soll es „konfessionell-kooperativen“ Religionsunterricht geben. Einen entsprechenden Vertrag wollen das Erzbistum Berlin und die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische-Oberlausitz (Ekbo) unterzeichnen, wie die „Herder Korrespondenz“ in Berlin erfahren hat.

An allen Grund- und Oberschulen, an denen es nicht mehr genügend Schüler gibt, um parallel evangelischen und katholischen Unterricht zu erteilen, sollen künftig evangelische und katholische Schüler gemeinsam von einem evangelischen oder katholischen Lehrer unterrichtet werden.

Die Möglichkeit, dass evangelische und katholische Lehrer im Grundschulbereich kooperieren, gibt es auch in einigen anderen Bundesländern, etwa in Baden-Württemberg. Ein flächendeckendes Angebot für alle Schultypen, wie es das Berliner Erzbistum und die Ekbo einführen wollen, gibt es aber nirgendwo.

Religion ist in Berlin nur Wahlfach

Der Anlass für den konfessionell-kooperativen Unterricht ist die wachsende organisatorische Schwierigkeit, das Wahlfach Religion so in die Stundenpläne zu integrieren, dass es für eine angemessen große Zahl von Schülern attraktiv ist. Denn anders als in den meisten anderen Bundesländern ist der Religionsunterricht in Berlin kein ordentliches Schulfach, sondern wird als zusätzliches Angebot in Verantwortung der Religionsgemeinschaften erteilt.

Das Land Berlin finanziert 90 Prozent der Personalkosten. Grundlage für die Refinanzierung ist allerdings eine Lerngruppengröße von mindestens 15 Schülern in der Grundschule und mindestens zwölf Schülern in allen anderen Schulformen. Von den rund 346 000 Berliner Schülern haben im zu Ende gegangenen Schuljahr 85 000 Schüler am evangelischen Religionsunterricht teilgenommen (davon 48 888 Grundschüler) und 24 500 am katholischen Unterricht (davon 15 030 Grundschüler). Die Zahlen sind in den vergangenen Jahren konstant geblieben.

Wechselweise katholische und evangelische Lehrer

Der gemischt-konfessionelle Unterricht soll wechselweise von einem evangelischen oder katholischen Lehrer erteilt werden. Die Verantwortung soll jeweils bei der Kirche liegen, der die Lehrkraft angehört. Die Verantwortung der Konfessionen wechselt phasenweise, zum Beispiel von Jahrgangsstufe zu Jahrgangsstufe. Das Erzbistum und die Ekbo wollen zu Beginn jedes Schuljahres bekanntgeben, welche diese „Kooperations-Schulen“ sein werden.

An Schulen, in denen schon bisher nur entweder evangelischer oder katholischer Religionsunterricht stattfand, sollen künftig die Schüler der übrigen Konfession miteinbezogen und die Sicht ihrer Konfession auf die behandelten Inhalte mit der jeweils anderen Kirche abgestimmt werden.

Für das neue Modell wollen die beiden Kirchen gemeinsam neue Curricula erarbeiten und sicherstellen, dass die spezifisch katholische oder evangelische Perspektive auf die vermittelten Inhalte angemessen berücksichtigt wird. Es soll dezidiert kein „Religionsunterricht light“ sein, in dem die Perspektiven verwässert werden, betonen die Kirchen.

Die Religionslehrer, die den neuen Unterricht erteilen, sollen fortgebildet werden. Bei der Refinanzierung durch das Land wollen die Kirchen Regelungen finden, die der Zusammensetzung der gemischten Lerngruppen gerecht werden und eine Benachteiligung einer Kirche ausschließt.

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Deutsche Bischofskonferenz haben die Einführung von konfessionell-kooperativem Religionsunterricht in den vergangenen Jahren theologisch vorbereitet und mit ihren Gremien abgestimmt. Bereits 2014 veröffentlichte die EKD eine entsprechende Denkschrift, 2016 folgte die Bischofskonferenz mit der Erklärung „Die Zukunft des konfessionellen Religionsunterrichts“. Der gemeinsame Unterricht wird in beiden Schriften theologisch begründet mit der „im Glauben gegebenen Einheit des Christentums“.

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