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Die stellvertretende Polizeipräsidentin Margarete Koppers.

© Paul Zinken/dpa

Update

Justiz in Berlin: Koppers darf Generalstaatsanwältin werden

Vize-Polizeipräsidentin Margarete Koppers kann Generalstaatsanwältin werden. Die Polizeigewerkschaft schickt ihr ein vergiftetes Lob hinterher.

Berlins Vize-Polizeipräsidentin Margarete Koppers kann nun doch Generalstaatsanwältin des Landes Berlin werden. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) hat eine Beschwerde der im Auswahlverfahren unterlegenen Konkurrentin Susanne Hoffmann in zweiter Instanz abgewiesen. Das Auswahlverfahren sei rechtsfehlerfrei gelaufen, sagte eine OVG-Sprecherin.

Damit kann Koppers nun die Nachfolge des bisherigen Chefs der größten Staatsanwaltschaft der Bundesrepublik antreten. Ralf Rother geht nach mehrfacher Verlängerungen seiner Dienstzeit infolge des Hickhacks um seine Nachfolge Ende Februar in Pension.

Nur eine Verfassungsbeschwerde ist jetzt noch möglich

Hoffmann kann jedoch weiter gegen die offizielle Ernennung von Koppers vorgehen. Wie eine OVG-Sprecherin sagte, steht Hoffmann noch der Weg einer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof in Berlin oder dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe offen. Eine Entscheidung hat Hoffmann noch nicht getroffen - ihr bleibt dafür ein Monat Zeit.

Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) zeigte sich am Dienstagvormittag erleichtert. Koppers sei nicht nur die erste, sondern auch die beste Frau für dieses Amt. „Berlin bekommt mit ihr eine unerschrockene und tatkräftige Generalstaatsanwältin“, das habe Koppers in unterschiedlichen Positionen bereits unter Beweis gestellt und vielfältige Erfahrungen gesammelt.

Das Auswahlverfahren lief seit November 2015

Die Entscheidung des Senats vom Juli für Koppers war in der Fachwelt auf Unverständnis gestoßen. Denn traditionell werden solche Posten mit erfahrenen Staatsanwälten besetzt.

Koppers hatte als Richterin Karriere gemacht, war ab 2006 Vizepräsidentin des Berliner Landgericht, bevor sie 2010 Polizeivizepräsidentin wurde. Hoffmann stieg als Staatsanwältin in der Berliner Justiz auf, führte eine Abteilung in der Justizsenatsverwaltung und war in Brandenburg stellvertretende Generalstaatsanwältin. Seit mehreren Jahren ist Abteilungsleiterin im brandenburgischen Justizministerium in Potsdam.

Die Stelle des Berliner Chefermittlers war bereits im November 2015 ausgeschrieben worden - vom damaligen Justizsenator Thomas Heilmann (CDU). Allerdings war in der Ausschreibung nicht explizit erwähnt, dass ein erfahrener Staatsanwalt gesucht wurde. Als Favoritinnen gingen Koppers und Hoffmann aus dem Bewerbungsverfahren hervor.

Danach zog sich das Verfahren über mehr mehrere Monate hin. Die von Heilmann eingesetzte Auswahlkommission konnte keine Entscheidung treffen: Denn Koppers war zu mehreren Auswahlgesprächen nicht erschienen, sie war dauerkrank. Nach dem Machtwechsel im Senat tauschte Behrendt dann die Auswahlkommission komplett aus. Anfang 2017 entschied sich die Kommission für Koppers.

Nach weiteren Verzögerungen ließ sich Behrendt die Entscheidung vom Senat im Sommer absegnen. Hoffmann klagte dann zunächst per Eilklage vor dem Verwaltungsgericht, das lehnte ab. Nun wies das OVG auch die Beschwerde dagegen zurück. In der 21 Seiten dicken Beschlussbegründung arbeiten sich die Richter an der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ab. Doch der Befangenheitsantrag aus erster Instanz soll keine Rolle gespielt haben. Auch hatten die Richter offenbar kein Problem damit, dass die Auswahlentscheidung final erst im Sommer 2017 dokumentiert wurde, obwohl die Bewerberinnen bereits kurz nach dem Auswahlgespräch Ende Januar 2017 mündlich über den Ausgang informiert wurden.

Koppers wird von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigte geführt

Die Personalie Koppers ist höchst umstritten, die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus witterte zunächst „grünen Filz“. Zudem wird gegen Koppers wegen Körperverletzung im Amt durch Unterlassen in mehreren Fällen ermittelt. Hintergrund ist die sogenannte Schießstandaffäre bei der Berliner Polizei. In den Anlagen waren Beamte über Jahre giftigen Gasen ausgesetzt. Trotz Kenntnis der Umstände schritt die Polizeiführung nicht ein.

Der Innenexperte der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, sagte, es sei wichtig, dass nun alle Zweifel am Auswahlverfahren ausgeräumt worden sind. Es sei allerdings eine Hypothek für Koppers Amtsantritt, dass gegen sie ermittelt werde. "Es wäre hier wünschenswert, wenn dieser Verdacht ausgeräumt werden könnte", sagte Dregger dem Tagesspiegel.

Bei Beamten gibt es bei Ermittlungen einen Beförderungsstopp

Zwar gebe es einen Ermessenspielraum bei der Entscheidung, ob ein Dienstherr einen Beamten trotz Ermittlungen auf einen höher dotierten Posten befördert - so hatte auch das OVG entschieden. Dregger erinnerte jedoch darin, dass jeder normale Polizei- oder Justizbeamte sofort mit einem Beförderungsstopp belegt werde, wenn ein gegen ihn Ermittlungen oder auch ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden. "Es ist erklärungsbedürftig, warum das hier anderen Regeln unterworfen war", sagte Dregger.

Tatsächlich steigt Koppers mit dem Wechsel zur Generalstaatsanwaltschaft auch bei der Besoldung um eine Stufe auf. Das macht rund 500 Euro pro Monat mehr aus - statt wie bisher mit rund 8500 Euro wird Koppers auf dem neuen Posten mit knapp 9000 Euro besoldet.

FDP-Rechtsexperte Holger Krestel sprach nach der Entscheidung des OVG von einem schwarzen Tag für die Rechtskultur: „Niemand konnte sich bisher vorstellen, dass jemals eine Person zur Generalstaatsanwältin ernannt wird, gegen die die ihr dann unterstehende Behörde gerade ermittelt.“ Behrendt müsse die Ernennung von Koppers aussetzen, "bis die Ermittlungen gegen sie mit transparent gemachten Ergebnissen abgeschlossen sind", forderte Krestel.

Die Gewerkschaft wünscht sich einen Vizepräsident, "der weiß, wovon er spricht"

Bei der Berliner Polizei hatten intern vielen Seiten darauf gehofft worden, dass Koppers die Behörde verlässt. Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) schickte Koppers am Dienstag ein vergiftetes Lob hinterher. Mit ihr gehe eine "führungsstarke Persönlichkeit, die in den letzten Jahren ihre Spuren in der Berliner Polizei hinterlassen hat".

Man hoffe, dass Koppers' "fundierte Fachexpertise in der neuen Aufgabe als Generalstaatsanwältin zur kompletten Entfaltung kommt". Es werde jetzt darauf angekommen, Polizeipräsident Klaus Kandt "jemanden zur Seite zu stellen, der weiß, wovon er oder sie spricht".

Wer nun Vize-Präsident bei der Polizei wird, ist unklar. Intern ist die Rede davon, dass zunächst einer der sechs Direktionsleiter im Gespräche gewesen sei. Die hätten jedoch abgelehnt. Auch von einer externen Lösung war die Rede.

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