zum Hauptinhalt
Flüchtlinge aus Syrien, Eritrea, Iran und Irak nehmen an einem Deutschkurs teil.

© dpa/ Hendrik Schmidt

Integration von Flüchtlingen: Berlin gab 1,1 Milliarden Euro für Flüchtlinge aus

Die Unterbringung, Versorgung und Integration wurde 2016 deutlich teurer als geplant. Es suchten insgesamt allerdings nur noch knapp 17.000 Menschen Zuflucht in Berlin.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Für Flüchtlinge hat Berlin im vergangenen Jahr 1,1 Milliarden Euro ausgegeben. Das meiste Geld, nämlich 920 Millionen Euro, wurde für staatliche Hilfen (Asylbewerberleistungen, Betreuung unbegleiteter Jugendlicher, andere Sozialhilfen) benötigt. Weitere 130 Millionen Euro aus dem Landeshaushalt wurden für Integrationsmaßnahmen gezahlt, hinzu kamen 52 Millionen Euro für Sachausgaben.

Das sind die vorläufigen Zahlen der Finanzverwaltung des Senats für 2016, die dem Tagesspiegel auf Anfrage mitgeteilt wurden. Im Haushalt eingeplant waren ursprünglich nur 641 Millionen Euro, doch im Lauf des Jahres wurde klar, dass diese Kalkulation nicht zu halten war. Im Herbst wurden schon 900 Millionen Euro prognostiziert, nun haben die öffentlichen Ausgaben für Flüchtlinge in Berlin die Milliardengrenze deutlich überschritten. Das liegt vor allem an den hohen Sozialausgaben für den Lebensunterhalt von Asylantragstellern. Noch nicht eingerechnet sind die Investitionskosten, vor allem für Wohncontainer und modulare Bauten. Bisher rechnete die Finanzverwaltung mit 158 Millionen Euro für Investitionsausgaben, die allerdings nicht vollständig ausgegeben wurden. Vorhandenes Geld zu verbauen gehört nicht zu den Stärken der Berliner Verwaltung.

Bund übernahm 415 Millionen der insgesamt 1,1 Milliarden Euro

An der hohen Belastung des Landeshaushalts wird sich erst etwas ändern, wenn die geflüchteten Menschen ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können – oder von den „normalen“ Sozialsystemen unterstützt werden, für die der Bund zuständig ist. Auch ein Umzug in ein anderes Bundesland entlastet Berlins Kassen. Immerhin zeichnet sich eine Entspannung der Lage dadurch ab, dass die Zahl der neuen Flüchtlinge seit dem Frühjahr 2016 drastisch gesunken ist.

Kamen 2015 insgesamt 55.001 Menschen nach Berlin (Erstverteilung der Asylbegehrenden), wurden im vergangenen Jahr nach Auskunft des Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten nur noch 16.889 neue Fälle registriert. Seit März sank der monatliche Zulauf auf durchschnittlich 850 Flüchtlinge. Das ist ein Zehntel der Neuankömmlinge, die im Spätherbst und Winter 2015 monatlich gezählt wurden. Eine Prognose für 2017 gibt es nicht.

Die Lasten der Flüchtlingsversorgung und -betreuung musste Berlin aber nicht alleine tragen. Von den Ausgaben in Höhe von 1,1 Milliarden Euro übernahm der Bund nach Auskunft der Finanzverwaltung 415 Millionen Euro. Das sind immerhin 38 Prozent der Gesamtkosten. Gezahlt wurden 200 Millionen Euro nach dem Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz, 86 Millionen Euro aus der Integrationspauschale und 109 Millionen Euro aus der „Spitzabrechnung“. Das bedeutet, dass am Jahresende nur die Ausgaben erstattet wurden, die nachweisbar auch getätigt wurden. Hinzu kamen 20 Millionen Euro für Kosten der Unterkunft.

600 Millionen Euro für 2017 veranschlagt

Und wer sich wundert, warum der Landeshaushalt 2016 einen sensationellen Überschuss von 1,25 Milliarden Euro erzielte, der sollte sich anschauen, auf welchem Weg die Bundeshilfen für Flüchtlinge nach Berlin kamen. Denn 395 Millionen Euro flossen über einen höheren Anteil an der Umsatzsteuer in die Hauptstadt. Das erklärt, warum Berlin bei den Steuereinnahmen im letzten Jahr ein überraschendes Rekordergebnis erzielte, das weit über die amtliche Steuerschätzung hinausging.

Für 2017 sind bisher 600 Millionen Euro veranschlagt, um alle Flüchtlingskosten (ohne Investitionen) zu begleichen. Das wird nicht reichen. Im Nachtragshaushalt für 2017, den der Senat am Dienstag beschließen will, muss wohl ein größerer dreistelliger Millionenbetrag draufgelegt werden. Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) nennt aber noch keine Zahlen. Ohnehin muss der Etat 2017 für den Abbau des Sanierungsstaus und zur Erfüllung des neuen Koalitionsvertrages beträchtlich aufgestockt werden.

Zur Startseite