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Die Brombeere darf sie haben - aber den Kuchen will niemand mit ihr teilen. Was tun, wenn eine Wespe nervt? NABU-Beraterinnen wissen Rat.

© Jochen Lübke/dpa

Insekten in Berlin: Die Wespen-Lobbyistin

Unsere Leserin Melanie von Orlow engagiert sich beim NABU als ehrenamtliche Wespenberaterin. In dieser Woche wird sie wieder mehrere Nester in Berlin verlegen, um Mensch und Insekten zu schützen. Ihre Arbeit ist auch ein Kampf gegen Schauermärchen.

Ich bin Lobbyistin für eine Gruppe in der Gesellschaft, die anderweitig keine Lobby hat und leider auch kein Geld. Ich trete für alles ein, was fliegt und sticht: für Hornissen, Wespen, Bienen und Hummeln. Die stehen bei vielen ja nicht so hoch im Kurs. „Sieben Hornissenstiche töten ein Pferd, drei einen Menschen“, solche Schauermärchen stecken immer noch in den Köpfen der Leute.

Wenn dann jemand ein Wespen- oder Hornissennest in seinem Garten entdeckt, setzt oft eine Kurzschlussreaktion ein: Das Nest muss weg. Ich möchte den Leuten in Berlin dabei helfen, ihre Ängste zu überwinden und vernünftig mit den Tieren umzugehen. Deswegen engagiere ich mich beim NABU als ehrenamtliche Wespenberaterin.

Oft hilft Aufklärung schon weiter. Beispielsweise befürchten viele, dass sie bis in alle Ewigkeiten Hornissen haben, wenn sie ein Nest nicht gleich ausräuchern lassen. Dabei sterben Hornissen jeden Herbst ab, und das Problem erledigt sich von ganz alleine.

Weil Wespen und Hornissen unter Artenschutz stehen, darf man ein Nest auch nicht einfach entfernen. Dafür muss ein „vernünftiger Grund“ vorliegen. Was als „vernünftiger Grund“ gilt, ist allerdings nicht definiert. Deswegen fahren wir Wespenberater raus zu den Leuten, schätzen die Lage vor Ort ein und erstellen ein Gutachten. Darin steht, ob wir die Beibehaltung eines Nestes für zumutbar halten.

Viele Probleme lassen sich nämlich durch ganz einfache Maßnahmen in den Griff kriegen. Beispielsweise indem man den Sommer über Insektenschutzgitter an den Fenstern anbringt oder den Eingang zu einem Nest verlegen lässt.

Nur zwei von 600 Wespenarten stürzen sich aufs Kuchenbuffet

Nervig werden sowieso nur zwei Wespenarten. Das sind die, die sich auf unsere Kuchenbuffets stürzen und Gartenpartys sprengen. Insgesamt gibt es aber über 600 Wespenarten, und die meisten machen überhaupt keine Probleme. Mir liegen vor allem die seltenen und damit besonders schutzwürdigen Arten am Herzen. Leider kennen viele Leute diese Wespenarten gar nicht. Wenn sie das Wort „Wespe“ hören, denken sie ausschließlich an die „Kuchenwespen“.

Melanie von Orlow verlegt Nester von Insekten - um Mensch und Tier zu schützen.
Melanie von Orlow verlegt Nester von Insekten - um Mensch und Tier zu schützen.

© Rainer W. During

Natürlich gibt es auch Fälle, in denen die Verlegung eines Nestes sinnvoll ist. Ein Nest in einem Kindergarten oder auf einem Balkon kann Probleme verursachen. Wenn eine andere Lösung unzumutbar ist, wird auch die Abtötung eines Volkes genehmigt. Niemand müsste etwa die komplette Verkleidung seines Daches abreißen, nur damit ein Wespennest verlegt werden kann. Letztlich entscheidet die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt auf Grundlage unseres Gutachtens, was mit einem Nest passiert.

Dass ich bei meiner Arbeit immer mal wieder einen Stich abbekomme, liegt in der Natur der Sache. In dieser Woche verlege ich mehrere Nester, da kann es gut sein, dass es mich noch mal erwischt. In Berlin könnten wir gut mehr Wespenberater gebrauchen. Interessierte können sich beim Länderinstitut für Bienenkunde Hohen-Neuendorf für die Schulung anmelden.

Jeder kann sich kostenlos vom NABU helfen lassen

Die Dienste der Wespenberater kann jeder Berliner kostenlos in Anspruch nehmen. Wer Hilfe braucht, ruft einfach beim Umweltamt, beim NABU-Landesverband Berlin oder beim Ökowerk Berlin an. Es muss also niemand in Eigenregie zum Insektenspray greifen.

In unserer Rubrik „Von Woche zu Woche“ erzählen Leserinnen und Leser des Tagesspiegels, was sie in der neuen Woche vorhaben und in ihrem Leben bewegt. Wollen Sie auch mitmachen? Einfach Mail an berlin@tagesspiegel.de. Der Text wurde aufgezeichnet von Susanne Grautmann.

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