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Saubere Sache. Mit Neuköllner Grundschülern demonstrierte Franziska Giffey am Freitag gegen Hundekacke.

© DAVIDS/Sven Darmer

Illegaler Müll in Berlin: Neukölln räumt auf

Blumen statt Müll: Neuköllns Bürgermeisterin Franziska Giffey demonstrierte am Freitag mit Schülern gegen Dreck im Kiez in Neukölln und kündigte drastische Strafen an.

Der Bezirksbürgermeisterin „geht das Herz auf“. Franziska Giffey (SPD), Rathauschefin in Neukölln, bordeauxroter Mantel, weißer Schal, streicht sich eine blonde Strähne aus dem Gesicht, die im Wind weht, und skandiert mit sieben Mädchen und Jungen an der Demospitze: „Blumen statt Müll“ und: „Nach dem chillen, Abfall killen!“ Für Giffey ist das die richtige Botschaft. „Wenn die Kinder umweltbewusst sind“, sagt sie, „dann wird sich in Berlin endlich etwas verändern.“

Der massive Ärger, den sie anspricht, dreht sich um Hundekot sowie um Müllsäcke und Sperrmüll, die einfach auf die Straße geworfen werden. Deshalb nimmt Giffey am Freitagmittag an dem Umzug von rund 300 Kindern der Peter-Petersen- Grundschule für Sauberkeit in ihrem Kiez an der Jonasstraße am Körnerpark teil. Und enthüllt etwas später ein großes Schild am Mittelbuschweg. Das ist ein „Hotspot“ illegaler Müllablagerung Nähe S-Bahnhof Neukölln. Volle Müllsäcke, ein zerborstener Fernseher, etliche Matratzen sind dort wild verstreut. Punkt 13.42 Uhr zieht die Bürgermeisterin das Tuch vor der Aufschrift des Schildes weg. „Müllablagerung verboten. Verstöße werden mit Geldstrafen bis zu 50 000 Euro geahndet“, steht darauf zu lesen. Giffey räumt auf. Ein Wink. BSR-Laster rollen heran.

Doch zurück zur Peter-Petersen-Schule. Die Demo ist sogar ein Jubiläum. Seit 2007, also zum 20. Mal, ziehen die Kinder zum Frühjahrsbeginn mit Protestsongs und Plakaten gegen Umweltsünder durch ihren Kiez. Vor einigen Jahren brachten vor allem die vielen Tretminen den Nachwuchs auf, doch inzwischen hat sich die Situation geändert. Wie? Das bringt Schulsprecher Zoran Jarec (11) so auf den Punkt: „Es gibt inzwischen weniger Hundekot, aber wesentlich mehr weggeworfenen Müll.“ Das sei ein berlinweiter Trend, bestätigt die Bürgermeisterin – und läuft dann gleich vorneweg.

19.000 Badewannen voll illegal abgelagertem Müll

Meryen (8) und Hakan (10) von der Trommel-AG schlagen den Rhythmus, Arda schwingt das Tamburin, Meriema die Samba-Rassel. Der Chor singt „I like the Flowers“, ein kunterbunter, lärmender Zug erobert die Straßen, Eltern winken vom Balkon, an „Ilses Eck“ stürzen die Männer vom Tresen nach draußen, die Polizisten vor und hinter der Demo freuen sich: „Det ist mal’n entspannter Einsatz.“

Wenn Rathauschefin Giffey allerdings Zahlen nennt und die Problemlage schildert, klingt das weniger locker. „2016 wurden rund 19.000 Badewannen voll illegal abgelagertem Müll in Neukölln von der BSR weggeschafft“, erzählt sie den Kindern. Tendenz steigend. Wie aber lassen sich die Zustände bessern? Neukölln setzt auf eine Doppelstrategie. Einerseits durch verstärkten Druck, beispielsweise durch mehr Schwerpunkt-Kontrollen des Ordnungsamtes. Sowie durch drastische Bußgeldandrohungen, wie etwa mit dem neuen Schild am Mittelbuschweg.

Doch all das wirkt aus Giffeys Sicht nur begrenzt. „Wie sollen unsere 40 Außenmitarbeiter jemals den riesigen Bezirk komplett überwachen?“ fragt sie. Zumal die Kontrolleure vom Amt nur bis 22 Uhr unterwegs seien, aber in den Nachtstunden, wenn die meisten Müllsünder anrücken, ausschließlich die Polizei. Und hinzu komme, „dass man die Sünder auf frischer Tat erwischen muss, um das Vergehen gerichtsfest nachzuweisen“. Von 500 Bußgeldverfahren führten folglich in Neukölln 2016 nur sieben zum Bescheid.

Giffey hofft deshalb vor allem auf die Kinder. „Nur durch Eigenverantwortung“, sagt sie, „ wird Neukölln nachhaltig sauber.“

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