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Berlin: Höchste Sicherheitsstufe bei Prozess um erschossenen Polizisten

Yassin Ali-K. steht wegen Totschlags vor Gericht. Er brachte einen SEK-Mann um

Den Vorgesetzten des erschossenen SEK-Beamten war schon einen Tag später klar, wie sich Yassin Ali-K. „herausreden“ wird. Nämlich, dass er und seine Familie Angst hatten vor einer rivalisierenden Bande. Und dass sie deshalb mit geladenen Waffen in ihrer Wohnung in der Kienitzer Straße in Neukölln saßen, und dass es kein Mord, sondern reine Notwehr gewesen sei. Doch nicht die angeblich gefürchtete libanesische-kurdische Großfamilie rammte kurz nach Ostern 2003 die Tür ein, sondern das Spezialeinsatzkommando – um den mit Haftbefehl gesuchten Yassin Ali-K. festzunehmen. Wie üblich, sei laut und deutlich „Polizei! Polizei!“ gerufen worden, hatte nach dem Todesschuss der Leiter des SEK, Martin Textor, dem Tagesspiegel gesagt. Die Großfamilie hätte die Polizisten nicht mit einem Angriff der verfeindeten Familie verwechseln können, betonte der SEK-Chef damals.

Doch genau das behauptete der 34-Jährige in der Vernehmung. Am morgigen Freitag beginnt der Prozess gegen den vielfach vorbestraften Libanesen, und zwar wegen Totschlags, nicht wegen Mordes. Die Sicherheitsvorkehrungen sind immens: Zuschauer dürfen erst nach Leibesvisitation in den Saal, der Angeklagte wird mit Hand- und Fußfesseln aus der Untersuchungshaft vorgeführt.

Die Familie Ali-K. gehört zum kriminellen libanesisch-kurdischen Milieu, das vor allem in der so genannten Türsteherszene aktiv ist. Denn Türsteher sind die Schlüsselposten für lukrative Geschäfte in Diskotheken: Prostitution, Frauenhandel und Drogenverkauf. Am Karfreitag soll Yassin mit seinem Bruder Rabih in einer Neuköllner Diskothek einen Angehörigen der rivalisierenden Bande Al-Z. mit einem Messer lebensgefährlich verletzt haben. Dieser Haftbefehl sollte eine Woche später vollstreckt werden – in der Wohnung der Familie. Der Polizei war klar, dass die Familie Ali-K. bewaffnet ist, deshalb rückte auch die Spezialeinheit SEK an. Seit 1990 registrierte die Kripo über 20 Schießereien innerhalb des libanesisch-kurdischen Milieus.

Doch Yassin Ali-K. schoss sofort. Der 37 Jahre alte SEK-Mann Roland Krüger wurde in den Kopf getroffen. Krüger verstarb wenige Tage später an den Folgen der Schussverletzungen, ohne das Bewusstsein wieder erlangt zu haben. Mit seiner Freundin hatte er eine ein Jahr alte Tochter – aber keine Lebensversicherung. Denn für die ist die Prämie wegen der Gefahr zu hoch. Es war der erste SEK-Mann, der in Berlin getötet wurde. Zwei weitere Schüsse trafen einen zweiten Beamten ins Bein. Der Haftbefehl gegen Yassin wurde trotzdem vollstreckt – ohne eine Schussabgabe der Polizei. Festgenommen in der Wohnung wurde auch Omar Ali-K. Der 27 Jahre alte Bruder hatte den ersten Ausgang seiner fünfjährigen Haft – und war mit einer Sozialarbeiterin bei seiner Familie.

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