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Mieter leiden unter steigenden Preisen. Hier protestieren Anwohner gegen Spekulationen mit Wohnraum.

© picture alliance / dpa

Gutachten zum Immobilienmarkt: Wie Vermieter in Berlin mit Wohnraum spielen

Am Beispiel der "Deutsche Wohnen" zeigt ein neues Gutachten, wie große private Vermieter zu Immobilienjongleuren werden. Deren Lobby habe für entsprechende Gesetzeslücken gesorgt.

Wer heute in den Klassenkampf zieht, muss Bilanzen lesen können. Und weil die Umverteilung des Besitzes von „ganz unten“ zu „denen da oben“ heutzutage auf Kapital- und Immobilien-Markt zugleich stattfindet, bietet es sich an, die Geschäfte von Berlins größtem privaten Vermieter zu untersuchen. Zumal der im Dienst einer „Heuschrecke“ steht, wie ein Sozialdemokrat Finanzinvestoren à la BlackRock einmal nannte.

Die Deutsche Wohnen ist gemeint und gleich zwei Fraktionen der Linken, aus dem Bundestag und dem Abgeordnetenhaus, haben es getan und baten dazu den Professor Heinz-J. Bontrup von der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen, Bocholt, Recklinghausen um eine „gutachterliche Stellungnahme“. Und weil die Veranstalter außerdem noch Andrej Holm dazuriefen, den Gentrifizierungs-Kritiker und wegen des Umgangs mit seiner Stasi-Vergangenheit gestürzten Kurzzeit-Staatssekretär von Bausenatorin Katrin Lompscher, versprach allein schon diese Besetzung Unterhaltung auf höchstem Niveau.

Professor Bontrop überzeugt mit Analyse

Enttäuscht wurden die Teilnehmer nicht: Zwar waren erwartbare Thesen von Linken-Fraktionsexpertin Caren Lay zu hören, wonach die große Koalition „komplett versagt“ habe beim Versuch, den „Griff des Kapitals auf den Wohnungsmarkt“ zu verhindern. Und dass die Wirkungslosigkeit der gesetzlichen Mietpreisbremse kein Zufall, sondern beabsichtigt sei, weil eine starke Immobilien-Lobby für viele Lücken im Gesetz gesorgt hätte. Dafür hatte es aber die Analyse von Bontrop in sich.

Diese zeigte, dass die gewaltige Explosion der Gewinne bei der Deutsche Wohnen vor allem einer Aufwertung der zusammengekauften Wohnungen zu verdanken sei, die in Firmen zur Vermeidung von Grunderwerbsteuer geparkt sind. Und dass die Aufwertung nur einem Trick zu verdanken sei: nämlich der Bilanzierung nach angelsächsischen Regeln statt nach konservativen deutschen.

Dies sei legal und erlaube das Heben von „stillen Reserven“, eben der Differenz zwischen dem früheren niedrigen Wert und dem neuen höheren Wert, damit dieses Geld als Rendite an die Anleger ausgeschüttet werden kann. Bontrop zufolge kann die Deutsche Wohnen ohne Trick allein aus der Bewirtschaftung ihrer Immobilien nicht einmal so viel Wert schöpfen, dass sie davon die Kosten etwa für ihr Personal bezahlen kann – ein „katastrophaler Befund“, so Bontrop.

Kritik an Deutsche Wohnen: keine Beschäftigtenvertretung

Zumal die schlechte Wertschöpfung die Firma zu „Mietsteigerungen“ zwinge, so der Professor weiter, um die „heftigen Preissteigerungen“ im Wohnungsbestand zu rechtfertigen. Hintergrund: Mieten sind der Ertrag und nach deren Höhe bemisst sich der Wert einer Wohnung als Ware.

Bontrop spießte außerdem die extrem hohe Verschuldung der Firma auf, die nicht ohne Risiko im Falle einer Zinswende ist. Diese erwartet der Professor allerdings in den nächsten zehn Jahren nicht, weil die niedrigen Zinsen Voraussetzung für die laufende „Umverteilung“ seien. Scharfe Kritik übte er außerdem daran, dass es trotz der Größe der Firma keine Beschäftigtenvertretung gebe, nicht mal im Aufsichtsrat. Dafür sitze dort ein Ärztelobbyist, was Bontrop damit erklärt, dass Ärzte eben Geld haben und es gerne „in Beton“ anlegen – und ihr Lobbyist eben deren Interessen vertritt.

Holm kritisiert Mieterhöhungen

Und Holm? Der sekundierte in seiner gewohnt nüchternen Art, wies auf massive Mieterhöhungen nach energetischen Sanierungen hin, darauf dass Mieten stärker erhöht wurden als gemäß Mietspiegel zulässig und dass Mieter bei der Meldung von Mängeln in einem Callcenter landeten und lange auf eine Behebung derselben warten müssten.

Das alles bestritt die Deutsche Wohnen wiederholt und betonte stets, Mieterhöhungen nur nach den gesetzlich zulässigen Regeln vorzunehmen.

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