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Da guckst Du in die Röhre. Das Tunnelsystem beim Bankraub in Berlin-Steglitz.

© picture alliance / dpa

Goldmünze im Bodemuseum gestohlen: Ein bisschen auch mit diebischer Freude

Diebe als Sympathieträger: Der Zuschauer fiebert mit, lacht über den Erfolg – und weiß doch genau, dass eine Straftat begangen wird, die er ablehnt. Eine Glosse.

Eine Glosse von Malte Lehming

Das steht fest: Auch spektakuläre Verbrechen sind Verbrechen. Die Schuld der Täter wird weder durch ihre Raffinesse noch durch die Trotteligkeit ihrer Opfer relativiert. Nur unter dieser Voraussetzung lässt sich halbwegs unbefangen das Phänomen der „diebischen Freude“ analysieren. Verzogen nicht viele Berliner ihr Gesichter zu einem leichten Schmunzeln, als am Montag bekannt wurde, wie eine hundert Kilogramm schwere Goldmünze aus dem Bodemuseum geraubt worden war? Mit Ortskenntnis, einem Seil, einer Leiter – der berühmten „Räuberleiter“ – und einer Sackkarre. Ein stärkerer Kontrast zwischen Trivialität von Tathergang und Tatmittel einerseits und andererseits dem majestätisch blickenden Konterfei von Queen Elizabeth II. ist kaum denkbar.

Es gibt ein eigenes Filmgenre, das auf dem Effekt der diebischen Freude beruht. Es zeigt Verbrecher, die mit diabolischer Phantasie modernste Alarmanlagentechnik knacken, meterdicke Panzerwände durchbrechen, Lichtschranken austricksen, Tunnelsysteme graben. Es sind die Heist-Movies. Heist ist ein amerikanisches Slang-Wort für Raub.

Ein Klassiker etwa ist „Thomas Crown ist nicht zu fassen“ (1968) mit Steve McQueen und Faye Dunaway (Neuverfilmung 1999 mit Pierce Brosnan und Rene Russo), jüngeren Datums ist „Ocean’s Eleven“ (2001) mit George Clooney, Matt Damon und Brad Pitt. Die britischen Posträuber, Anfang der sechziger Jahre, waren Kultstars zu ihrer Zeit. Diebe als Sympathieträger: Der Zuschauer fiebert mit, hofft auf den Erfolg – und weiß genau, dass eine Straftat begangen wird, die er als solche ablehnt. Robin Hood tat's wenigstens noch für einen guten Zweck.

Doch ob als Heiliger oder Verbrecher – der Mensch ist nun mal ein Gemischtwarenladen, weder nur und immer gut noch nur und immer böse. Arno Funke, alias „Dagobert“, der Kaufhauserpresser, war in mancherlei Hinsicht genial. Unvergessen sind seine Finten mit der Zeitschaltuhr, der Streusandkiste, dem selbst gebauten Miniatur-Schienenfahrzeug. Beeindruckend auch die Banküberfälle in Zehlendorf (1995) und Steglitz (2013). Beide Male konnten die Täter durch Tunnel entkommen, die monatelang gebaut worden waren. Selbst in einigen Äußerungen der Polizei schwang damals Respekt mit.

Körperlich darf niemand zu Schaden kommen, sonst funktioniert das mit der diebischen Freude nicht. Das ist eine notwendige Bedingung. Und nun, auf, auf, werte Ermittlungsbeamte, schnappt endlich die skrupellose Bodemuseums-Bande! Hoffentlich ist die Goldmünze unversehrt geblieben.

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