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Idyllisch, der Viktoriapark in Berlin. Wer diesen oder einen anderen Park als perfekten Platz für ein Schäferstündchen auswählt, muss womöglich tief in die Tasche greifen. Laut Kriminalstatistik wurden 2012 45 derartige Fälle angezeigt.

© dpa

Freizügige Hauptstadt?: Sex in Berliner Parks - Mythos und Wahrheit

Londons Bürgermeister findet Berlin einfach klasse. Staunend betrachtet Boris Johnson die Freikörperkultur der Hauptstädter. Doch beim Thema Sex im Park stützt er sich auf falsche Angaben.

Londons Bürgermeister Boris Johnson ist Berlin-Fan und offenbar BZ-Leser. Das Boulevardblatt hatte vor einigen Wochen verkündet: „234 Berliner beim Sex im Freien erwischt“. „Pro Akt“ werde ein Bußgeld von 150 Euro verhängt, Arbeitslose bekämen Sozialrabatt und zahlten nur rund 35 Euro. Das findet Johnson „mitfühlend“, dafür bewundert er die deutsche Hauptstadt.

Nur leider hatte die BZ etwas, nun ja, unsauber recherchiert. Die genannten Zahlen beziehen sich auf Verstöße gegen § 118 Ordnungswidrigkeitengesetz: „Belästigung der Allgemeinheit“. Damit ist vor allem Urinieren in der Öffentlichkeit und auch das Herumlaufen ohne Bekleidung gemeint. Das kostet laut Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (Labo) 150 Euro plus 20 Euro Gebühren. Arbeitslose zahlen 50 Euro plus Gebühren. Unter den 234 Fällen sind wohl auch einige, in denen es um Sex in der Öffentlichkeit geht – aber nur sehr wenige.

Einschlägiger ist der Paragraph 183a Strafgesetzbuch: „Erregung öffentlichen Ärgernisses“. Damit sind konkret sexuelle Handlungen gemeint. Laut Kriminalstatistik wurden 2012 45 Fälle angezeigt, etwa die Hälfte konnte aufgeklärt werden. Die Höhe der Geldstrafen legen die Gerichte fest. Sex in Parkanlagen ist laut Labo grundsätzlich erlaubt. Auch mit Prostituierten. Nur sollte sich kein unbeteiligter Dritter belästigt fühlen. Wenn doch, droht eine Anzeige.

Dass in größeren Parkanlagen schummrige Ecken bei Pärchen beliebt sind, ist ein offenes Geheimnis. Die Ordnungsämter der Bezirke kümmern sich in der Regel nicht weiter darum. "Das ist nicht unser Hauptaugenmerk", sagt Joachim Wenz, Leiter des Ordnungsamtes Friedrichshain-Kreuzberg. Er wisse aber aus Gesprächen mit Kleingärtnern am Gleisdreieck, dass es "Erfahrungen mit Prostitution" gebe, wahrscheinlich wegen der Nähe der Kurfürstenstraße, die für ihren Straßenstrich bekannt ist. In Pankow "wurden in den letzten Jahren keine entsprechenden Anzeigen aufgenommen", sagt Stadtrat Torsten Kühne (CDU). Ganz so freizügig, wie Boris Johnson glaubt, ist Berlin eben doch nicht.

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