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Immer mehr Flüchtlingsfamilien wünschen sich einen Kitaplatz.

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Flüchtlingskinder in Berlin: Bedarf an Kitaplätzen für Flüchtlinge nimmt drastisch zu

Schulen beklagen Probleme beim Übergang aus den Willkommensklassen. Am schwierigsten sei es in Lichtenberg und Spandau, alle Kinder in Regelschulen zu integrieren.

Der Flüchtlingszuzug ist längst abgeebbt, der Lageso-Stau halbwegs überwunden, aber nun treten die Probleme bei der Unterbringung in den Kitas und Schulen in den Vordergrund. Insbesondere der Bedarf an neuen Kitaplätzen sprengt die bisherigen Planungen und stellt nicht nur die Bezirke vor große Probleme.

Allein Lichtenberg geht - allein für die Flüchtlingskinder - mindestens von einer Verdreifachung seiner bisherigen Prognosezahlen aus, wie bei einer Anhörung im Schulausschuss am Donnerstag deutlich wurde. Jugendstadträtin Sandra Obermeyer (parteilos für die Linke) erläuterte, dass sie vor einem Jahr mit 250 zusätzlichen Kitakindern gerechnet habe, inzwischen werde man 500 weitere Plätze brauchen und "noch einmal 400 wenn es so weitergeht".

„Der Ausbau muss in einer hohen Intensität erfolgen“

Lichtenberg ist kein Einzelfall. „Der Ausbau muss in einer hohen Intensität erfolgen“, mahnte Jugendstaatssekretärin Sigrid Klebba (SPD). In einer „veritablen Größenordnung“ sei der Aufwuchs vonnöten. Sie bezifferte den Zusatzbedarf Lichtenbergs bis 2019 auf 1500 Plätze. Die Gesamtberliner Zahlen werden demnächst vorgelegt. Klar ist, dass die letzten Prognosen von 18.500 zusätzlichen Plätzen bei weitem übertroffen werden. Für ganz Deutschland wurde der zusätzliche Bedarf bereits Ende 2015 auf rund 70000 Plätze beziffert.

Stefan Spieker, der Vorstandsvorsitzende des großen Kitaträgers Fröbel e.V., betonte, dass es aktuell unmöglich sei, alle Flüchtlingskinder unterzubringen: „Unsere Einrichtungen sind schon jetzt rappelvoll“, sagte Spieker bei der Anhörung. Anders als zunächst erwartet bestehe das Hauptproblem gar nicht darin, die Eltern von der Bedeutung des Kitabesuchs zu überzeugen, sondern darin, ihnen Plätze bieten zu können.

Zudem wies Spieker darauf hin, dass es trotz der entfallenen Eltern-Kita-Beiträge ein finanzielles Problem für etliche Flüchtlingsfamilien gibt: „Sie können den Essensbeitrag nicht aufbringen“. Daher sei es nötig, schnell zu klären, wie diese Familien rasch den Berlinpass erhalten könnten.

"Brückenkurse und zusätzliche Lehrerstunden werden gebraucht"

Auch die schulischen Probleme werden umfangreicher. Bisher ging es vor allem darum, genügend Willkommensklassen einzurichten. Jetzt heißt es: „Die Probleme beginnen dann, wenn die Kinder die Willkommensklassen verlassen“. So sieht es zumindest die Leiterin des Hermann-Ehlers-Gymnasiums: Man brauche Brückenkurse und zusätzliche Lehrerstunden, um den Flüchtlingen einen Übergang in die Regelklassen zu ermöglichen. Zu unterschiedlich seien die Bedarfe und Defizite, gab sie den Abgeordneten bei der Anhörung mit auf den Weg.

Eine Schule mit zehn Willkommensklassen

Darüber hinaus bleibt aber auch die ausreichende Bereitstellung von Willkommensklassen eine Herausforderung: „Noch immer warten Kinder monatelang auf einen Schulplatz“, berichtete ein Vertreter des Flüchtlingsrates. Am schwierigsten sei es in Lichtenberg und Spandau, alle Kinder in Regelschulen zu integrieren, sagte Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD). Er sprach von „Zweischichtbetrieb“ in der Lichtenberger Ruschestraße und – vorübergehend – von einer reinen Flüchtlingsschule auf dem Gelände an der Schmidt-Knobelsdorf-Straße in Spandau. Zudem gibt es Notbehelfe wie die Unterbringung von zehn Willkommensklassen in einer leerstehenden Schule in Lichtenberg.

Noch 1200 Jugendliche warten auf Berufsschulplätze

Bei der Anhörung wurden aber noch mehr Probleme angesprochen, darunter, dass noch über 1200 Jugendliche auf einen Berufsschulplatz warten, dass passendes Unterrichtsmaterial für die inzwischen 11000 Schüler in Willkommensklassen fehlt, dass es keine Clearingstelle für den Verbleib der Schüler gibt, die die Willkommensklassen verlassen, und dass es an Amtsvormündern mangelt.

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