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Ende September organisierte das Aktionsbündnis "Schön dass ihr da seid" wein Welcome-Picknick für Flüchtlinge auf dem Tempelhofer Feld.

© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Update

Flüchtlinge in Berlin: Neuer Streit um Bebauung von Tempelhofer Feld

Das Tempelhofer Feld wird zumindest vorübergehend bebaut - mit Traglufthallen für Flüchtlinge. Dafür soll das Gesetz geändert werden. Die Initiative "100 Prozent Tempelhof" befürchtet, dass damit alte Baupläne salonfähig gemacht werden sollen.

Das Tempelhofer Feld wird bebaut. Temporär, versichert Senatssprecher Bernhard Schodrowski. Eine Notmaßnahme zur Bewältigung der Flüchtlingskrise . Die bisher verbreitete Zahl von 50 000 Flüchtlingen bis Jahresende werde wohl deutlich überschritten. Traglufthallen sollen errichtet werden am Rand des Feldes am Tempelhofer Damm. Dort waren 1500 Wohnungen, ein Bildungscampus und die Zentral- und Landesbibliothek geplant, bis der Volksentscheid von 2014 diesen Plänen ein Ende bereitete. Bislang sind in den Hangars des Flughafengebäudes mehrere tausend Flüchtlinge untergekommen.

"...sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge"

Wie viele Traglufthallen kommen sollen, ist unklar. Der Senat plant offenbar, den Paragraf 5 des Tempelhof-Gesetzes zu ergänzen, laut Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ wird folgender Text eingefügt: „Für Aufnahmeeinrichtungen, Gemeinschaftsunterkünfte und sonstige Unterkünfte für Flüchtlinge und Asylbegehrende dürfen bauliche Anlagen einschließlich Einfriedungen innerhalb eines 200 Meter tiefen Geländestreifens am Tempelhofer Damm errichtet und betrieben werden.“ Eine Bestätigung durch den Senat gab es nicht.

Nach dem bestehenden Gesetz sind temporäre Bauten am Rand des Feldes zulässig, allerdings reicht das dem Senat nicht als Rechtsgrundlage. Man wolle eine „rechtliche Klarheit“ schaffen, sagte Schodrowski. Grundsätzlich kann das Parlament Änderungen am Gesetz jederzeit beschließen, dennoch gilt es in den Fraktionen als heikel, ein vom Volk direkt beschlossenes Gesetz zu ändern.

Die Initiative „Mehr Demokratie“ erklärte, die Bürger müssten erneut gefragt werden, was sie von den aktuellen Plänen halten. In der Sache sei die Idee des Senats zwar nachvollziehbar, aber die Politiker könnten das Gesetz nicht einfach „nach Gutdünken umschreiben“. Die Initiative „100 Prozent Tempelhofer Feld“ lehnt den Senatsvorstoß entschieden ab. Mit der Gesetzesänderung werde die Möglichkeit geschaffen, „im Masterplan vorgesehene Gebäude“ unter dem Deckmantel einer Zwischennutzung als Flüchtlingsunterkunft zu errichten. Die Not der Flüchtlinge sei nur ein Vehikel, um die alten Baupläne wieder salonfähig zu machen, sagt auch der ehemalige Sprecher der Initiative, Felix Herzog. Alternativ könnte das betonierte Vorfeld des Flughafens genutzt werden.

Grüne: Gesetz braucht nicht geändert werden

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Antje Kapek forderte den Senat auf, seine Pläne offenzulegen. „Eine winterfeste Unterbringung von Flüchtlingen beispielsweise in Traglufthallen am Tempelhofer Damm ist durchaus denkbar. Warum der Senat allerdings das Tempelhof-Gesetz ändern will, ist nicht nachvollziehbar.“

Zwei Traglufthallen existieren am Poststadion in Moabit.
Zwei Traglufthallen existieren am Poststadion in Moabit.

© Britta Pedersen/dpa

Der Senat sieht die Unterbringung von Flüchtlingen auf dem Feld nur als Teil eines geplanten „Gesetzes zur Vermeidung von Obdachlosigkeit“, erklärte Schodrowski. Damit sollen Verfahren und Abläufe der Verwaltung bei der Bereitstellung von Unterkünften beschleunigt werden. Details sind noch nicht bekannt. Handlungsbedarf gibt es besonders bei den Themen Brandschutz und Bauaufsicht.Im Flughafengebäude sind bereits mehrere tausend Flüchtlinge untergebracht. Drei Hangars sind belegt, ein weiterer ist in Vorbereitung. Damit sind die Kapazitäten erschöpft

Das größte Flüchtlingslager der Stadt

Damit wird das Gelände des 2008 geschlossenen Flughafens zum größten Flüchtlingslager der Stadt. Die Idee für die Traglufthallen kam vom Chef der Senatskanzlei, Björn Böhning (SPD), einem engen Vertrauen von Michael Müller. Es gibt weder einen formalen Senatsbeschluss noch ein Konzept mit Angaben zu Flüchtlingszahlen und der Versorgung mit Wasser und Strom. Anders als auf dem Vorfeld gibt es auf dem Feld keine entsprechende Infrastruktur. Traglufthallen können im Gegensatz zu Zelten beheizt werden

Für das Feld wird derzeit ein Entwicklungsplan diskutiert. Flüchtlinge waren bislang kein Thema in den Workshops, eher Konflikte zwischen den Nutzergruppen auf dem Feld – historische Forschungen, Naturschutz und Gastronomie.

Im Hangar 7, der noch für Veranstaltungen zur Verfügung steht, findet zur Zeit der „Global Social Business Summit“ statt. Dabei geht es auch um die Situation von Flüchtlingen in Europa und wie sie durch soziale Unternehmen verbessert werden kann. Workshop-Leiter ist Nasa-Astronaut Ron J. Garan. Am Samstag sollen die Ergebnisse öffentlich vorgestellt werden.

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