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Durchbruch. Für Filmarbeiten stellt die Stadt gern ihre Straßen und Plätze zur Verfügung. Das war auch 2011 so, als der Thriller „Unknown Identity“ mit Liam Neeson gedreht wurde.

© Jay Maidment/promo

Fashion Week, Berlinale und Filmdrehs: So viel Geld spülen Straßensperrungen in die Landeskasse

Im vergangenen Jahr gab es 41.500 Anträge auf Sondernutzung öffentlicher Flächen in Berlin – für Filmdrehs, Partys oder Bauarbeiten. Von der Hardenbergstraße für 156 Euro bis zur Straße des 17. Juni für 61.367 Euro.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Es ist ein Wunder, dass auf Berlins Straßen noch der Verkehr rollt. Denn Veranstaltungen unter freiem Himmel, Dreharbeiten, Märkte, Gastronomie oder Baustellen, die als Sondernutzung des öffentlichen Straßenlands gelten, sind keine Ausnahme, sondern die Regel. Im vergangenen Jahr haben die Verkehrsbehörden der Bezirke und des Landes Berlin rund 41.500 Anträge „mit Sonderbenutzungsbezug“ bearbeitet. Für 2013 geht die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung von schätzungsweise 39.800 Verfahren aus.

Allein für die Straße des 17. Juni wurden im vorigen Jahr 35 Anträge auf Sondernutzung gestellt. Im Jahr davor waren es 31. Diese wichtige Magistrale im innerstädtischen Ost-West-Verkehr ist ein Drittel des Jahres für den Autoverkehr nicht zu gebrauchen. Zuletzt präsentierten Designer aus aller Welt die neueste Mode am Brandenburger Tor. Für die Mercedes-Benz Fashion Week wurde die Straße des 17. Juni vom 7. bis 28. Januar 2015 teilweise gesperrt, einschließlich des Auf- und Abbaus der Zelte und der Veranstaltungstechnik.

Über den Schaden für Autofahrer wird gar nicht erst geredet

Die Erlaubnis wurde von der Verkehrslenkung Berlin erteilt. Als zentrale Straßenverkehrsbehörde berechnete sie den privaten Veranstaltern Gebühren für die Sondernutzung der Straße in Höhe von 61.367 Euro. Die Kosten, die der öffentlichen Hand durch die Sperrung des 17.Juni entstanden, sind dem Senat nicht bekannt und spielen bei der Erhebung der Gebühr auch keine Rolle. Über den Schaden für Autofahrer, die Umwege oder Staus in Kauf nehmen müssen, wird gar nicht erst geredet.

Für die Berechnung der Gebühren ist eine Verordnung maßgebend, die seit 2006 unverändert blieb. Je nach Stadtregion, Umfang, Dauer und Art der Sondernutzung gelten unterschiedliche Gebührensätze. So kostet der Stand auf einem Trödelmarkt oder ein Karussell in guter Citylage je Quadratmeter und Tag 35 Cent. Bei einem Bierzelt sind es 65 Cent, bei Handels- oder Werbeständen 3,25 Euro. Für Ruhetage und die Zeit des Auf- und Abbaus fällt nur die halbe Gebühr an. In weniger zentralen Kiezen ist die Sondernutzung öffentlicher Straßen noch preisgünstiger.

Die Nutzung der Hardenbergstraße kostet nur 156 Euro

Die Veranstalter der Berlinale beispielsweise mussten für die fast vierwöchige Sperrung des Marlene-Dietrich-Platzes etwa 9000 Euro zahlen, die Nutzung der Hardenbergstraße für Stars und Sternchen war mit 156 Euro fast geschenkt. Auch andere Bezirke, in denen die Berlinale zu Gast war, werden noch Rechnungen verschicken. Aber im Verhältnis zum gesamten Umsatz, den so ein internationales Filmfestival macht, sind das vernachlässigbare Summen.

Apropos Film: Auch die Dreharbeiten auf Berlins Straßen bringen regelmäßig Geld in die Landeskasse. Im Jahresdurchschnitt werden 350 bis 400 Anträge auf Sondernutzung bewilligt. Seit 2010 bringt das jährlich 65.000 bis 80.000 Euro Gebühren ein, soweit die Bezirke solche Einnahmen überhaupt statistisch erfassen.

Für jeden angefangenen Drehtag werden 65 Euro berechnet, plus der einmaligen Bearbeitungsgebühr von 35,58 Euro. Selbst der aufwendige Dreh des Regisseurs Steven Spielberg auf der Glienicker Brücke kostete, wie berichtet, nur etwa 10.500 Euro Gebühren. Die Filmstadt Berlin begnügt sich mit symbolischen Beträgen und das entspricht auch der Philosophie des Berliner Straßengesetzes, dessen Regeln zur Sondernutzung öffentlicher Straßen vom Abgeordnetenhaus vor zehn Jahren reformiert wurden.

Damals setzte die rot-rote Parlamentsmehrheit den „Abbau bürokratischer Hemmnisse“ durch. Die Erlaubnis der Sondernutzung solle die Regel, „eine Versagung nur noch in bestimmten Einzelfällen möglich sein“. Veranstaltern, Gastwirten, Baufirmen und anderen privatwirtschaftlichen Akteuren, die öffentliche Straßen für ihre Zwecke nutzen, nehmen dies gern in Anspruch. Die Gebühren, die in den zwölf Bezirken anfielen, summierten sich 2014 auf 26,5 Millionen Euro. Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf und Pankow profitierten besonders.

Zäune, um die beliebteste Partymeile der Republik sicherheitstechnisch zu optimieren

Schicke Events auf der Straße tragen allerdings nur zu einem Bruchteil zu diesen Einnahmen bei. Die meisten Gebühren werden für „technische Sondernutzungen“ wie Bauarbeiten und Leitungsverlegung erhoben. Trotzdem ist die Belastung des Verkehrs durch Freiluftveranstaltungen beträchtlich, wenn sie sich – wie bei der Straße des 17. Juni – auf besonders attraktive Stadtregionen konzentrieren.

Vor einem Jahr wurde sogar erwogen, den angrenzenden Großen Tiergarten dauerhaft einzuzäunen, um die beliebteste Partymeile der Republik sicherheitstechnisch zu optimieren. Bis heute ist es nicht gelungen, den auf das Brandenburger Tor und dessen Umfeld fixierten Veranstaltern andere Standorte schmackhaft zu machen. Man kann es natürlich auch anders herum sehen, wie die Grünen, die 2011 – wenn auch erfolglos – die dauerhafte Sperrung des 17. Juni forderten.

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