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Erste Wahl 2009: "Merkel ist immer noch da“

Berlinerinnen und Berliner erzählen von ihrer ersten Bundestagswahl. Sophie Pornschlegel erinnert sich an das Jahr 2009 und die Dominanz der Kanzlerin.

Ich bin Sophie Pornschlegel und wurde 1990 geboren. Zum ersten Mal bei der Bundestagswahl mitgewählt habe ich 2009, in Metzhausen bei Freiburg, seit vier Jahren wohne ich in Berlin.

Ich erinnere mich, dass ich vor meiner ersten Wahl sehr aufgeregt war – ich habe zu der Zeit Politikwissenschaften studiert und deswegen war es für mich ein wichtiger Moment. Aber als ich dann tatsächlich gewählt habe, war es relativ unspannend: Ich bin ins Wahllokal rein, es gab eine kleine Schlange, ich habe meinen Stimmzettel ausgefüllt und abgegeben, und dann war es eben vorbei.

Wahlkampf überwindet Grenzen

Komischerweise gab es 2009 gar kein einzelnes Thema, bei dem ich gesagt habe: Dafür muss ich mich jetzt einsetzen, dafür muss ich wählen gehen. Ich habe eine Partei gewählt, die ich insgesamt gut fand. Den Wahlkampf in dem Jahr konnte ich zwar nicht sehr nah mitverfolgen, weil ich damals in Frankreich studiert habe. Und weil es ja leider noch keine richtige „europäische Öffentlichkeit“ in dem Sinne gibt, bekommt man auch nicht so viel von den Wahlkämpfen in anderen europäischen Ländern mit.

Aber ich weiß noch, dass Angela Merkel die wichtigste Person war. Ich bin mit ihr groß geworden. Und der Oppositionskandidat war Frank-Walter Steinmeier. Es war sehr personenbezogen – mit Inhalten wurde der Wahlkampf kaum geführt.

„Leader of the free World“

Ich glaube, heute habe ich eine ganz andere Sicht auf die Politik, weil ich jetzt ein paar Jahre älter bin und auch in einem Bereich arbeite, der politiknah ist, ich beschäftige mich einfach mehr damit.

Und Angela Merkel ist immer noch da – ein Dinosaurier in der politischen Landschaft oder „Leader of the free World“, wie der „Economist“ so schön gesagt hat (wo ich überhaupt nicht zustimme, aber es ist schon traurig, wenn man so was sagen muss).

Martin Schulz ist natürlich auch ein Kopf – mit seinem Schulzzug, der jetzt nicht mehr da ist. Der CDU ist es meiner Meinung nach sehr gut gelungen, sich wirtschaftspolitisch aufzustellen und gleichzeitig konservative Werte zu behalten.

Das Klientelproblem

Genau das ist das Problem der SPD, dass sie es nicht geschafft hat, ihre alte Wählerschaft anzusprechen, denn die existiert praktisch nicht mehr, weil die Arbeiterklasse nicht mehr da ist. Die ist fragmentiert, wir leben in einer individualisierten Gesellschaft. Die Gewerkschaften an ihrer Seite sind auch nicht mehr so stark. Um ihre Wähler wieder anzusprechen, braucht die SPD eine neue Strategie. Und das heißt, sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch neue Ideen zu entwickeln und nicht nur ein „Ach, wir stehen für ein starkes Europa“.

Aufgezeichnet von Muhamad Abdi und Christian Vooren

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Die Videointerviews mit allen befragten Erstwählern sowie Grafiken, Analysen und Wahlplakate zu jeder Wahl finden Sie in unserem Projekt "Erste Wahl: Zeitreise durch die Bundestagswahlen", das in Zusammenarbeit mit Philipp Bock und Lisa Charlotte Rost von Tagesspiegel Data entstanden ist. Dieses Projekt sowie Umfragen, Kieztouren durch Berlin, eine Kandidatenbank und vieles mehr zur Bundestagswahl finden Sie in unserem Wahl-Spezial.

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