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In Hannover soll ein Beamter der Bundespolizei Flüchtlinge misshandelt und davon Fotos gemacht haben.

© dpa

Update

Ermittlungen in Hannover: Bundespolizist soll Flüchtlinge gequält und misshandelt haben

Die Staatsanwaltschaft Hannover hat Ermittlungen gegen einen Beamten der Bundespolizei eingeleitet. Der Mann soll einen Flüchtling aus Afghanistan gewürgt haben. Ein Flüchtling aus Marokko habe verdorbenes Schweinemett essen müssen. Im Internet habe sich der Beamte mit den Taten gebrüstet.

Die Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt gegen einen Beamten der Bundespolizei wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt und des Verstoßes gegen das Waffengesetz. Das bestätigte Oberstaatsanwalt Thomas Klinge am Sonntag in Hannover.
Über den Fall hatte zuvor der Sender NDR berichtet. Nach dessen Recherchen soll es im vergangenen Jahr zu Übergriffen auf Flüchtlinge in den Gewahrsamszellen der Bundespolizeiinspektion in Hannover gekommen sein.

Gewürgt und erniedrigt

Der erste mutmaßliche Übergriff erfolgte am 9. März 2014 und betraf einen 19 Jahre alten Flüchtling aus Afghanistan. Er war den Beamten wegen geringfügiger Verstöße aufgefallen. Unter anderem war er in einem Schnellimbiss im Hauptbahnhof ohne gültigen Pass angetroffen worden. In der Zelle wurde der Flüchtling gewürgt und mit angelegten Fußfesseln durch die Wache geschleift. Dafür spricht laut NDR unter anderem eine Nachricht, die ein Beamter per Handy an einen Kollegen verschickt hat: "Hab den weggeschlagen. Nen Afghanen. Mit Einreiseverbot. Hab dem meine Finger in die Nase gesteckt. Und gewürgt. War witzig. Und an den Fußfesseln durch die Wache geschliffen. Das war so schön. Gequikt wie ein Schwein. Das war ein Geschenk von Allah", ist dort zu lesen gewesen.

In einem anderen Fall bestehe der Verdacht, dass ein Marokkaner in der Zelle erniedrigt wurde, etwa indem ihm verdorbenes Schweinemett zu essen gegeben wurde. Der Beamte soll sich dieser Handlungen im Internet gerühmt und Handy-Fotos verbreitet haben, berichtete der NDR. In einer Handy-Kurzmitteilung, die der beschuldigte Beamte verschickte, heißt es NDR zufolge dazu: "Das ist ein Marokkaner. Den habe ich weiß bekommen. XY (der unmittelbare Vorgesetzte, Anm. d. Red.) hat gesagt, dass er ihn oben gehört hat, dass er geqikt hat, wie ein Schwein. Dann hat der Bastard erst mal den Rest gammeliges Schweinefleisch aus dem Kühlschrank gefressen. vom Boden".

Gegenüber dem NDR schildert ein weiterer Insider seine Sicht der Dinge: "Es gab öfter lautes Geschrei in den Gewahrsamszellen. Und wenn das zu nervig war, dann wurde nicht nachgeschaut. Es wurde einfach die Tür geschlossen, damit nichts nach außen drang. Das habe ich selbst einmal gesehen. Geschlossen wurde die Tür auch vom Dienstgruppenleiter."

Oberstaatsanwalt Klinge sagte der dpa, dem Beamten sei von zwei Zeugen vorgeworfen worden, dass er an Demütigungen auf einer Polizeiwache beteiligt gewesen sei. „Was genau passiert ist, wissen wir nicht“, sagte Klinge. Klinge nennt den Vorwurf besonders schwerwiegend. Sollten sich die Anschuldigungen als wahr erweisen, "wäre das ein Vorwurf, der sicherlich doch sehr bedenklich und einmalig wäre". Auch die Identität und Zahl der möglichen Opfer seien bislang nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft will nun mögliche weitere Zeugen befragen und die namentlich bekannten Opfer ausfindig machen, sagte Klinge. Bei einer Hausdurchsuchung bei dem Beamten sei eine illegale Waffe sichergestellt worden.

Mehr als 50 Beschuldigte im Fall von Misshandlungen von Flüchtlingen

Ebenfalls wegen Misshandlungen gegen Flüchtlingen ermittelt derzeit die Staatsanwaltschaft Siegen gegen mehr als 50 Beschuldigte. Neben Wachleuten einer Notunterkunft im nordrhein-westfälischen Burbach gerieten auch Behördenmitarbeiter in den Fokus: Sozialbetreuer, die Heimleitung, Polizisten und Mitarbeiter der Bezirksregierung in Arnsberg sollen von den Übergriffen gewusst haben, ohne dagegen einzuschreiten, wie die Anklagebehörde am Montag mitteilte. Ende September 2014 war bekanntgeworden, dass Wachleute Flüchtlinge in Burbach misshandelt und gedemütigt hatten. Einer der Übergriffe in einem „Problemzimmer“ der Unterkunft war von den Tätern gefilmt worden. Auf Fotos posierten die Wachleute mit den Opfern. Inzwischen sei eine Vielzahl möglicher Straftaten ans Licht gekommen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Siegen. „Wir ermitteln wegen Freiheitsberaubung, Körperverletzung und Nötigung." (dpa)

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