zum Hauptinhalt
Die Bahnhof Schöneweide wird nur noch notdürftig instandgesetzt. Der Fußgängertunnel davor ist wegen eines Brandes gesperrt.

© Thomas Loy

Dauerbaustelle der Bahn: Schöneweide? Besser nicht aussteigen

Der Bahnhof Schöneweide wird acht Jahre lang saniert. Jetzt ist Halbzeit, doch Anwohner und Umsteiger verlieren langsam die Geduld.

Eigentlich ist der Südosten der Stadt mit seinem Flughafendesaster am BER schon ausreichend geschlagen. Doch es gibt auch noch Schöneweide und sein Bahnhofsdesaster. Seit vier Jahren wird der Bahnhof umgebaut, vier weitere Jahre stehen noch bevor. So lange laufen 43 000 Nutzer von S- und Regionalbahn jeden Tag über ein notdürftig instand gehaltenes Provisorium, das zugleich ein wichtiger Knotenpunkt im öffentlichen Nahverkehr der Stadt ist.
Ab 1. Juli wird es auch für Autofahrer wieder eng. Eine Woche lang wird die Unterführung am Sterndamm komplett gesperrt, damit alte Bahnbrücken abgerissen werden können. Danach geht es bis April 2018 nur noch in eine Richtung hindurch, was die üblichen Staus im Berufsverkehr weiter verschärft. Mit dem Abriss und Neubau der Gleisbrücken wollte die Bahn eigentlich schon 2015 fertig sein, jetzt wird Oktober 2018 angestrebt.

Die Treppenstufen sind abgenutzt und rutschig. Die Decken werden provisorisch abgestützt.
Die Treppenstufen sind abgenutzt und rutschig. Die Decken werden provisorisch abgestützt.

© Thomas Loy

Bei den Fahrgästen kommt das gar nicht gut an. Bahnhofsgebäude und Bahnsteige zerbröseln vor ihren Augen. Kaputte Verglasungen werden durch Spanplatten ersetzt, bei Regen schießt Wasser aus den geborstenen Dachrinnen, die Treppenstufen sind gefährlich abgenutzt, Taubendreck und Uringeruch komplettieren den desaströsen Eindruck. Zudem sammelt sich besonders am Hintereingang der Müll. „Der Frust sitzt tief“, sagt Bastian Ignaszewski vom Bezirksamt Treptow-Köpenick. Er kümmert sich um die an den Bahnhof grenzenden Ortsteile und muss sich den Ärger der Leute anhören. Denn einen Ansprechpartner bei der Bahn gebe es nicht. Bis jetzt gab es nur eine offizielle Veranstaltung zur Bürgerinformation, sagt Ignaszewski. Das war 2014.

Der hintere Eingang wird immer wieder vermüllt. Das Foto entstand nach einer Putzaktion der Bahn.
Der hintere Eingang wird immer wieder vermüllt. Das Foto entstand nach einer Putzaktion der Bahn.

© Thomas Loy

Um Aufklärung bemüht ist die Bahn tatsächlich kaum. In einer Antwort auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Carsten Schatz (Linke) heißt es zu den Bauverzögerungen: „Gestörter Bauablauf sowie Errichtung zusätzlicher nicht geplanter Bauzustände – 12 Monate.“ So was verstehen nur Insider. Die Bahn streitet sich offenbar mit der ausführenden Baufirma, wer für die Verzögerungen verantwortlich ist. Inzwischen gab es auch einen „Auftragnehmerwechsel“, erklärt Bahnsprecher Gisbert Gahler. Zu den Hintergründen macht er keine Angaben. Auch der SPD-Abgeordnete Lars Düsterhöft versucht, zwischen der Bahn und ihren genervten Kunden zu vermitteln. Zwei Infoveranstaltungen am 27. September und 5. Oktober konnte er dem Konzern entlocken. Zu den Klagen über Schmutz, Müll und fehlende Ansprechpartner verliert Gisbert Gahler nur zwei Sätze: „Die Station Schöneweide einschließlich der Zuwegungen wird regelmäßig gereinigt. Grundsätzlich muss die Verhältnismäßigkeit in dieser wie auch in der Frage der baubegleitenden Maßnahmen berücksichtigt werden.“

Auch Fahrgäste vermüllen das Bahnhofsumfeld

Auf Facebook melden sich auch Nutzer, die die Bahn in Schutz nehmen. Weniger der Bahnhof selbst als das Umfeld sei vermüllt und versifft, sagt Andreas D. aus Oberschöneweide. „Wenn ich Gäste empfange, die mit den Öffentlichen kommen, entschuldige ich mich bereits im Voraus für den ersten Eindruck, den sie von meinem Stadtteil haben werden oder empfehle ihnen über Karlshorst zu kommen. Ich selber bin einfach nur angeekelt, wenn ich dort umsteigen muss, was aber wirklich viel mit dem Nutzerverhalten zu tun hat.“ Es sind eben auch Fahrgäste, die ihre Kippen und Kaffeebecher in die Böschung des Bahndamms entsorgen. Hinzu kommt der übliche Graffiti- und Aufkleber-Wildwuchs.
Die Bahnhofssanierung bei laufendem Betrieb bringt weitere Probleme mit sich: Wenn das Bahnhofsgebäude saniert wird, ab Oktober 2018, werden beide Eingänge geschlossen. Die Bahnsteige sind dann nur noch über Treppen vom Sterndamm aus erreichbar. 14 Monate lang. Wer schlecht zu Fuß ist, muss sich einen anderen Bahnhof suchen. „Eine Katastrophe“, sagt Dominik Peter vom Berliner Behindertenverband. Gahler zufolge sieht die Bahn einfach keine Möglichkeit, Barrierefreiheit herzustellen. Der temporäre Einbau von Aufzügen an den Treppen sei aus Sicherheitsgründen nicht möglich.

Sanierung kostet 45 Millionen Euro

Die Bahn sieht das alles aus der nüchternen Distanz eines Konzernriesen. Die Sanierung des Bahnhofs Schöneweide ist nur eine Etappe im Gesamtvorhaben „Ausbau Görlitzer Bahn“ vom Treptower Park bis nach Königs Wusterhausen. 350 Millionen Euro soll das kosten, 45 Millionen sind davon für Schöneweide vorgesehen. Die Bahnhöfe Baumschulenweg und Adlershof sind schon fertig. Offen ist noch, wie aufwendig der „Betriebsbahnhof Schöneweide“, 1927 eingerichtet für die Arbeiter der S-Bahn-Hauptwerkstatt, in einen regulären Personenbahnhof umgebaut wird, wenn das benachbarte Bauland entwickelt ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false