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Berlin: Das Lusthaus des Ministers

Vergessene Pracht: Erinnerungen an das 1958 durch die SED abgerissene Schloss Monbijou

So wie sich im Umgang mit verlorenen Baudenkmälern Trauer und Schmerz einstellen können, geraten andere völlig in Vergessenheit. Wenn in Berlin vom verschwundenen Schloss geredet wird, ist allein das 1950 gesprengte Residenzschloss auf der Spreeinsel gemeint.

Nur wenige hundert Meter nördlich davon stand bis 1958 die Ruine von Schloss Monbijou, wo immerhin zwei preußische Königinnen residiert haben: Sophie Dorothea, Mutter Friedrichs des Großen, von 1711 bis 1757 und Friederike Luise, nicht zu verwechseln mit ihrer Schwiegertochter Luise, zwischen 1789 und 1805. Allein der Name einer Parkanlage zwischen Oranienburger Straße und Spree erinnert heute noch an das barocke Juwel, das aus ähnlicher ideologischer Kurzsichtigkeit abgerissen wurde wie die Hauptresidenz der Hohenzollern.

Die SED konnte aus ideologischen Gründen eigentlich kaum etwas gegen die äußerlich eher unscheinbaren Mauern einwenden: Monbijou war kein Königsschloss wie andere. Ab 1877 beherbergte es das Hohenzollern-Museum, eine heute ebenfalls so gut wie vergessene Institution, die zugleich kulturhistorische Bildungs- und dynastische Weihestätte gewesen ist. Seit 1930 gab es keine seriöse Publikation mehr über Monbijou und seine Sammlungen. Diese Lücke hat nun der Berliner Kunsthistoriker Thomas Kemper glänzend geschlossen.

Bauherr von Monbijou („Mein Juwel“) war Graf Johann Kasimir Kolbe von Wartenberg, seit 1697 leitender Minister, dazu Günstling von Friedrich I., „der sich ihm gegenüber stets dankbar zeigte, da er für den Erwerb der preußischen Königskrone geschickt mit dem Kaiser in Wien verhandelt hatte“, wie Kemper schreibt. Erst 1710 fiel der Graf beim Kronprinzen Friedrich Wilhelm, dem späteren Soldatenkönig, in Ungnade. Beim König persönlich ersuchte er um seine Entlassung, die ihm auch, wenngleich mit Bedauern, gewährt wurde.

Kemper schildert nicht nur die Baugeschichte des ab 1706 von Eosander von Göthe errichteten Lusthauses. Das ist kompliziert genug, denn Monbijou wurde im Laufe von über 200 Jahren zuerst in ein Residenzschloss und später in ein Museum umgewandelt und immer wieder erweitert.

Im zweiten, umfassenderen Teil seines Buches dokumentiert Kemper Nutzung und Bestände des Museums – nicht zuletzt durch hervorragende Abbildungen: Zwischen 1916 und 1940 sind die Schlossräume mit ihren reichen Kollektionen, den Kronjuwelen, Möbeln, Totenmasken und Kostümen systematisch fotografiert worden. Einige der abgebildeten Kunstwerke kehrten 1958 aus der Sowjetunion zurück. Das meiste blieb verschollen. Thomas Kemper hat es wenigstens für unser historisches Gedächtnis bewahrt. Zum Thema Tagesspiegel Online: Literatur Spezial Service Online bestellen: "Schloss Monbijou"

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