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Das Leben der U-Bahn-Schnorrer: Entschuldigen Sie bitte die Störung

Ein paar Zeilen, tausendfach vorgetragen, mehr weiß man nicht von ihnen. Den Menschen, die jeden Tag in der Bahn um Geld, Essen, Aufmerksamkeit bitten. Die in kleinen Gedichten erzählen von verlorenen Kämpfen, verpassten Chancen und Angst. Hinter jedem Spruch steckt ein ganzes Leben. Man muss nur zuhören – länger als bis zur nächsten Haltestelle.

Peter Schramm, 67: Ich gehe seit 16 Jahren schnorren, jeden Tag ein paar Stunden, in der U8. Nur in neuen Zügen, weil ich da mit dem Rollstuhl durchkann. Wenn ich 20 bis 30 Euro habe, höre ich auf. Dann kaufe ich mir etwas zu essen oder Klamotten. Ich möchte nicht aussehen wie der letzte Penner – und auch mit der Mode gehen. Ich bin immer anständig angezogen, keiner von denen, die in der U-Bahn rumstinken. Es ist mir sehr wichtig, dass ich gepflegt bin.

Manchmal kaufe ich auch Musik. Ich habe über 90 CDs, nur richtig gute Rockmucke aus den 70ern: Amon Düül, King Crimson, The Moody Blues, Led Zeppelin, Zappa und Cream. Leider ist vor ein paar Tagen mein CD-Player kaputtgegangen.

Seit zwei Jahren bin ich in Rente, bekomme aber nur Grundsicherung. Ich habe nicht viel gearbeitet in meinem Leben, weil ich lange gespritzt habe. Nur die Volksschule gemacht, meine Ausbildung abgebrochen. Mein Vater wollte, dass ich Klempner werde, Gas, Wasser, Scheiße – da hatte ich keinen Bock drauf. Ich wollte Koch werden.

Auf dem Schiff bin ich zum Junkie geworden

Also habe ich die Unterschrift meiner Eltern gefälscht und bin abgehauen, nach Hamburg. Zwei Jahre war ich Seemann. 1972 wurde ich als Smutje angelernt. Ich kann ganz gut Englisch und Griechisch auch.

Auf dem Schiff bin ich zum Junkie geworden. Ich habe mir aus Casablanca Drogen mitgenommen, 80-prozentiges Heroin, nur für mich selbst. Ich hatte keine Probleme, ich bin einfach drauf abgefahren. Gearbeitet habe ich trotzdem lange. Mehrmals habe ich mich selbstständig gemacht. Zuerst mit einer Firma für Dachrinnenreinigung. „Tipp-Topp: Kleinstreparaturen im Haus und am Garten“, hieß die. Ich habe Bäume geschnitten, Pflaster gesäubert, solche Sachen eben.

Danach hatte ich eine Firma für Bühnen- und Dekorationsbau. Mit der habe ich vor allem Festzelte aufgebaut. Das war geil, ich habe viel Geld verdient. Zu der Zeit habe ich angefangen, Kokain zu nehmen, weil ich jeden Tag mehr als zwölf Stunden gearbeitet habe. In die Rente eingezahlt habe ich nichts, ich hatte nur eine Krankenversicherung.

1984 habe ich mich mit HIV infiziert, danach ging alles schief.

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