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Faire Chucks.

© Promo

Crowdfunding-Projekt: Drei Berliner lassen nachhaltige Chucks produzieren

Jeder kennt die berühmten „Chucks“. In Berlin gibt es nun eine faire Version – ohne Plastik.

Shai Hoffmann will den Großkonzernen nicht mehr hinterherlaufen. Er meint das durchaus wörtlich. Seine „Karma Classics“ sollen Sneaker für das gute Gewissen sein: nachhaltig, fair, ohne Plastik. Die Produktion geht mittlerweile in die dritte Runde. Hoffmann hat das Projekt vom Berliner Architekt Van Bo le Mentzel übernommen, der sich die Sache mit den „Karma Chakhs“ 2013 ausgedacht hat. Die Schuhe sind limitiert auf 1000 Paar, finanziert wird das Projekt online über Crowdfunding. Kurz vor der Deadline sieht es für Hoffmann gut aus: Bis Freitag haben Unterstützer noch Zeit sich zu beteiligen, mehr als 32 000 von den benötigten 34 500 Euro sind schon gezahlt. Hoffmann nennt dieses Phänomen „Crowd Love“, die Begeisterung vieler Menschen für ein gutes Projekt. Zahlen und Helfen sei da selbstverständlich. Hoffmann, 34, ist einigen vielleicht noch bekannt aus Vorabendserien wie Verbotene Liebe, Gute Zeiten Schlechte Zeiten oder Verliebt in Berlin. Inzwischen sieht sich der ausgebildete Hotelfachmann allerdings eher als Kämpfer für die Gute Sache.

Nachhaltig produzieren ist gar nicht so einfach

Faire Produktion klingt zunächst gut. Tatsächlich sei das aber ein sehr breiter Begriff, sagt Franziska Kuntze, Inhaberin des nachhaltigen Berliner Schuhgeschäfts Pololo. Das wichtigste sei Transparenz. Bei den „Karma Classics" bemühen sich die Initiatoren um eine möglichst genaue Angabe zur Herkunft jedes einzelnen Elements. In den früheren Versionen der Karma Chakhs war beispielsweise der Ursprung der Textilfarbe nicht bekannt. Für Franziska Kuntze ist die Idee wichtiger: „Es ist nicht schlimm, wenn nicht von Anfang an alles fair ist“, sagt sie. „So eine Aufgabe schafft keiner mal eben von heute auf morgen.“ Kritisch sieht sie allerdings die limitierte Anzahl der Schuhe. „Man muss langfristig schauen, dass die Näherinnen gut beschäftigt sind“, sagt Kuntze. Es hätte schließlich niemand etwas davon, „für die zwei, drei Wochen, die die Produktion braucht, den Lohn um ein paar Euro zu erhöhen."

Neben Shai Hoffmann sind nun auch Amira Jehia und Jakob Listobarth im Team. Den Namen der Sneaker haben sie geändert – der „Chakh“ bleibt gewissermaßen trotzdem. Der Name erinnert nicht zufällig an die berühmten Sneaker von Converse. Optisch sind Original und Adaption kaum voneinander zu unterscheiden. „Wir haben uns für diesen Look entschieden, weil jeder den Schuh kennt“, sagt Hoffmann. „Er ist universell, ein Klassiker, unisex“ Aber ist so viel Ähnlichkeit rechtlich überhaupt erlaubt? „Bei den Karma Classics haben wir darauf geachtet, auf die beim Original geschützten Merkmale zu verzichten, zum Beispiel auf den Stern oder das Sohlenprofil“, erklärt Hoffmann. Rechtlich dürfte er damit auf der sicheren Seite sein. Bislang gab es jedenfalls keine Probleme.

Ein Werbespot im Wert von 180.000 Euro - kostenlos

Eine weitere Parallele zu den großen Unternehmen: professionelle Werbung. Mehr als zweieinhalb Jahre dauerte die Produktion des aktuellen Werbespots. Ein Parkoursportler läuft durch Berlin, überwindet Hindernisse, die sich ihm in den Weg stellen, über den Potsdamer Platz, über Brücken und Beton. Alles, was seine Schuhe berühren, verwandelt sich in eine blühende Landschaft. „Es geht darum, in einer urbanen Umgebung Impulse zu setzen, das Bewusstsein zu schärfen“, sagt Regisseur Christian Fischer. Viele Spezialeffekte, imposante Bilder – der Clip könnte auch von einer großen Sportartikelfirma kommen. So ein Video kostet viel Geld; eine Produktionsfirma schätzt den Wert des einminütigen Spots auf 180 000 Euro. Gezahlt haben Hoffmann und seine Mitstreiter aber keinen Cent. Alle Beteiligten arbeiteten ehrenamtlich – „Crowd Love“ eben.

Der Schuh soll allen zugänglich sein – unabhängig von der finanziellen Lage. Der normale Sneaker kostet 69 Euro, für viele ist das zu teuer. Dafür haben die Initiatoren zwei weitere Preise: Die, die es sich leisten können, zahlen das Doppelte. So kann der Schuh begrenzt auch für sechs Euro angeboten werden. Geprüft wird die Bedürftigkeit nicht; Vertrauen ist Teil des Konzepts. Immerhin 45 Unterstützer waren bereit, den doppelten Preis zu bezahlen. Bei so viel Idealismus ist offenbar kein Platz für Profit. Bislang hätten sie nur Verluste gemacht, sagt Hoffmann, das könne auf Dauer natürlich nicht so bleiben. „Ich will meine Miete zahlen können“, sagt Hoffmann. Deswegen werden die Gewinne jetzt nicht mehr gespendet, sondern direkt in neue, gemeinnützige Projekte von Shai Hoffmann und Amira Jehia investiert.

Susanne Romanowski

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