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Jo Schück ist Erstwähler des Jahres 1998.

© Tsp

Bundestagswahl 1998: "Die Ära Kohl mitbeendet"

Berlinerinnen und Berliner erzählen von ihrer ersten Wahl. Der 36-jährige Jo Schück wollte 1998 wählen, um etwas zu verändern.

Mein Name ist Jo Schück. Ich bin 36 Jahre alt und habe 1998 zum ersten Mal den Deutschen Bundestag mitwählen dürfen. Und zwar in Lorsch an der Bergstraße, das liegt in Hessen.

Weil ich Erstwähler war, war das durchaus eine spannende Geschichte. Ich war gerade volljährig geworden, zwei Wochen später kam es dann zu dieser Wahl und ich kann mit einem gewissen Stolz sagen, dass ich die Ära Kohl mitbeendet habe. Der Kanzler hieß immer Kohl, wir konnten uns alle an nichts anderes erinnern.

Und wenn man ins bewusstseinsfähige Alter kommt mit 16 Jahren und darüber nachdenkt: Wie ist das eigentlich? Was ist ein Bundestag, wie wird der gewählt? Dann merkt man: Das ist veränderbar.

Nicht alles ist anders

Wenn ich mich recht erinnere, war Arbeitslosigkeit ein Thema, was für meinen Kreis keine große Rolle spielte. Es gab noch die Nachwehen aus den Neunzigern. Die Themen Asyl und Ausländer waren ein großes Thema. Wir waren damals Pseudolinke, mit langen Haaren und Palästinensertuch, fühlten uns als politische Menschen, auch wenn wir, ehrlich gesagt, ein bisschen naive Dummbrote waren. Aber zumindest hat es uns irgendwie bewegt.

Mein Wahllokal war in einer Kneipe namens „Zum Taubenschlag“. Die Besitzerin hieß Magda und ich verbrachte sowieso schon viel Zeit dort. Es war völlig absurd. Ich habe das bis heute nicht verstanden, warum und wer entscheidet, was ein Wahllokal wird.

In Schulen kann man das verstehen, aber im Restaurant, wo wir oft Bier trinken, kegeln und Currywurst essen, war das absurd. Man war also im „Taubenschlag“, erfüllte seine staatsbürgerliche Pflicht und dachte sich: Heute Abend sitze ich wieder hier und trinke Bier.

Vor 18 Jahren hatten wir 100 Jahre Kohl hinter uns, jetzt haben wir 100 Jahre Merkel. Die Themen sind auch ähnlich: soziale Gerechtigkeit, die Frage nach Asyl und Ausländern. Unter komplett anderen Voraussetzungen gibt es also Ähnlichkeiten zu meinem ersten Wahltag.

Aufgezeichnet von Helena Wittlich und Hannes Soltau.

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Jo Schück[36 Jahre Erstwähler 1998]

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