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Ein Obdachloser auf einer Bank im Tiergarten.

© Paul Zinken/dpa

Brennpunkt Berliner Tiergarten: Innensenator plant konzertierte Aktion für Obdachlose

Andreas Geisel zieht Hilfsmaßnahmen einem harten Eingreifen im Brennpunkt Tiergarten vor. Am Dienstag will er einen Lösungsvorschlag präsentieren.

Von Sabine Beikler

Die Zahl der Obdachlosen in Berlin ist nach Expertenschätzungen dramatisch angestiegen. Vor acht Jahren habe es in der Stadt etwa 2000 gegeben. „Jetzt dürften sich hier 5000 bis 10.000 Obdachlose aufhalten“, sagt Dieter Puhl, Leiter der Bahnhofsmission am Zoo. Für sie stehen nur 1000 Notübernachtungsplätze zur Verfügung. Puhl fordert mindestens 2000 ganzjährig verfügbare Plätze. Aktuell gibt es in Berlin nach Auskunft der Sozialverwaltung nur 136 solcher Plätze.

Um die Situation von Wohnungslosen, die im Tiergarten übernachten, zu verbessern, müssten die sozialen Probleme gelöst werden, sagt Innensenator Andreas Geisel (SPD). „Mit rein repressiven Maßnahmen wird dies nicht gelingen.“ Die Innenverwaltung plädiert für eine ressortübergreifende Lösung mit den Bezirken, der Sozial- und Gesundheitsverwaltung. Geisel will das in der Senatssitzung am Dienstag besprechen. Obdachlose bräuchten Schlafplätze, alkoholkranke Wohnungslose zudem psychosoziale Betreuung.

2,5 Millionen Euro mehr für Wohnungslosenhilfe

Das Land Berlin stellt jährlich 4,1 Millionen Euro für die Wohnungslosenhilfe zur Verfügung. Im Doppelhaushalt 2017/2018 sollen die Mittel um 2,5 Millionen Euro aufgestockt werden. Damit sollen unter anderem eine Notübernachtung für Frauen und eine gesamtstädtische Steuerung finanziert werden.

Zurzeit nächtigen 50 bis 60 Obdachlose im Tiergarten. Darunter sind Punks sowie alkohol- und drogenabhängige Wohnungslose aus Osteuropa. Das Grünflächenamt ist mit der Situation überfordert. Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) aus Mitte plädierte vergangene Woche für Abschiebungen in besonders schwierigen Fällen.

Der Hilferuf des Grünen-Politikers ist aufgrund der Freizügigkeitsregelung für EU-Bürger nicht umzusetzen und führt nach Meinung der SPD in Mitte und von Dassels Amtskollegin und Parteifreundin Monika Herrmann aus Friedrichshain-Kreuzberg nicht weiter. „Populistische Töne, die eher rassistische Ressentiments am rechten Rand schüren. Das ist kein Beitrag zur Lösung“, sagt SPD-Vizekreischef Julian Zado aus Mitte. Statt „Scheinlösungsvorschläge“ sollte ein gemeinsames Vorgehen aller Behörden abgestimmt werden. „Stephan von Dassel ist übers Ziel hinausgeschossen“, sagt Monika Herrmann, die sich für ein berlinweites Hilfsprogramm ausspricht.

Mindestens 25 Millionen Euro jährlich müssten für diese Hilfen eingestellt werden, sagt Puhl. „Wir brauchen eine bessere medizinische Versorgung, bessere Übernachtungsstandards und mehr sanitäre Anlagen dort, wo Menschen draußen übernachten müssen.“ Die Kältehilfe startet am 1. November. Es werden 1000 Übernachtungsplätze zur Verfügung gestellt – bis Ende März.

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