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In der Nacht ist es am Alexanderplatz gefährlich. Es kommt immer wieder zu Auseinandersetzungen.

© Paul Zinken/dpa

Brennpunkt Alexanderplatz: Mittags Straßenmusik, nachts Massenschlägerei

Der Alexanderplatz ist der "kriminalitätsbelastete Ort" Berlins. Am Mittag, zwischen den Verkäufern, merkt man wenig davon. Doch nachts sieht es anders aus.

Ullas Rucksack liegt auf ihren Oberschenkeln, im Ohr hat die Dänin den Klang von plätscherndem Wasser. Sie sitzt auf einer Umrandung der „Wasserspiele“ am Alexanderplatz, isst einen Apfel und sagt gelassen: „Ich weiß, dass hier viel passiert, aber ich habe keine Angst.“ Ulla, die 74-Jährige aus der Nähe von Kopenhagen, die ihren Nachnamen verschweigt, presst ihren Rucksack zusammen. „Auf den passe ich gut auf.“ Außerdem ist jetzt Sonntag, 12 Uhr. Da ist alles friedlich.

Zum gefährlichen Ort wird der Alexanderplatz vor allem spätabends und in der Nacht. Oder, wie ein Verkäufer an einem Imbissstand 20 Meter weiter sagt: „Abends hängen hier nur Idioten herum.“

Das Protokoll der jüngsten Gewalt.

30 Personen prügeln sich aus nichtigem Grund

Nacht zum Sonntag: 30 Personen liefern sich an den „Wasserspielen“ eine Schlägerei. Zwei Verletzte, acht Afghanen und ein Syrer, zwischen 15 und 25 Jahre alt, vorläufig festgenommen. „Auslöser des Streits war wohl ein profaner Grund“, sagt eine Sprecherin der Polizei.

Nacht zum Sonnabend: Schlägerei mit 30 Personen, wieder sind Afghanen und Syrer beteiligt, acht Tatverdächtige vorläufig festgenommen, vier Verletzte.

Dienstag, 5. September, abends: Streit zwischen zwei Gruppen, Reizgas wird gesprüht, ein Arm wird durch ein Messer verletzt, ein 27-Jähriger wird wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung vorläufig festgenommen.

31. Juli: An den „Wasserspielen“ prügeln sich 16 Personen, Alter: zwischen 13 bis 20 Jahre, Pfefferspray, Schläge, Fußtritte, der Anlass ist unklar.

Der Alex gilt als "kriminalitätsbelasteter Ort"

Auf der Polizeiliste der „kriminalitätsbelasteten Orte“ rangiert der Alexanderplatz ganz oben. Aber die Leute, die hier Bratwurst, Nackensteaks oder Bier verkaufen, haben diesen Umstand längst als gegeben hingenommen.

Ein Verkäufer, der hinterm Zapfhahn steht, sagt: „Das ist doch schon seit Jahren so. Und nur, weil die Polizei nicht jede Tat veröffentlicht, heißt das doch nicht, dass nichts passiert. Nur tagsüber ist es eigentlich ruhig, da sind sehr viele Touristen da.“ Wer am meisten Ärger macht, welche Szene am schlimmsten ist, kann er nicht sagen. „Hier sind doch alle. Penner, Trinker, Rocker.“ Ob Flüchtlinge auch dazu gehören, kann er nicht sagen. „Ich weiß ja nicht, wer von denen Flüchtling ist.“

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Neue Wache vor Ort

Die Polizei wird vor Jahresende mit einer Wache vor Ort sein, 70 Quadratmeter groß, zwischen Toilettenhäuschen und U-Bahn-Eingang gelegen. Rund um die Uhr werden mindestens drei Polizisten Dienst schieben, mit Direktverbindung zum Präsidium, aber ohne Arrestzelle.

Wird sie helfen, die Wache? Der Mann hinterm Zapfhahn grinst abschätzig. „Was sollen die denn machen? Da wird einer dann mitgenommen, und eine Stunde später steht er wieder da.“ Ein anderer Verkäufer sagt: „Seit die vielen Flüchtlinge gekommen sind, ist es schlimmer geworden. Am besten, man kommt abends gar nicht mehr her.“

Neben der Weltuhr lässt der Straßenkünstler Danelo eine Glaskugel elegant über seine Hände und Arme und an seinem Hals entlang gleiten. Aus einem Kassettenrekorder perlt sphärische Musik. Auf Danelos Sammelbüchse steht: „Love, Live, Dream.“ Der Alexanderplatz, zwölf Uhr mittags.

Blick durch die S- und Fern-Bahnbrücke auf den Alexanderplatz in Berlin Mitte.
Blick durch die S- und Fern-Bahnbrücke auf den Alexanderplatz in Berlin Mitte.

© Doris Spiekermann-Klaas

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