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Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt sind Deutschlands Braunkohle-Länder.

© dpa

Braunkohle-Ausstieg: Brandenburg gegen Auflagen für Kraftwerke

Die vier Kohleländer beschweren sich über die strengen EU-Grenzwerte. Sie fürchten einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden.

Die Ministerpräsidenten von vier Bundesländern, darunter Brandenburg, haben wegen der strengen EU-Umweltauflagen für Braunkohlekraftwerke ein Einschreiten der Bundesregierung gefordert. In einem Brief an Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) mahnt Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) auch im Namen seiner Amtskollegen Dietmar Woidke (SPD) aus Brandenburg, Armin Laschet (CDU) aus Nordrhein-Westfalen und Reiner Haseloff (CDU) aus Sachsen-Anhalt, „alle politischen und rechtlichen Mittel auszuschöpfen“, um ein Inkrafttreten zu verhindern.

Konkret verlangt Tillich als „angemessene Antwort“ an die EU-Kommission, dass Deutschland eine Nichtigkeitsklage gegen die Kommission einreicht. Ziel müsse es sein, einen „verfahrensmäßig evident rechtswidrigen und materiell nichtigen EU-Rechtsetzungsakt“ zu korrigieren und „Schaden von der Energiewirtschaft abzuwenden“. Die EU-Kommission habe ihre Kompetenzen zulasten der Mitgliedsstaaten erheblich überschritten.

Noch sichert Kohle die Stromversorgung

Die vier Braunkohleländer richten sich mit dem Brief gegen die neuen EU-Grenzwerte für Quecksilber und Stickoxid. Die seien für die Großkraftwerke kaum zu erreichen. Darunter ist in Brandenburg das Braunkohlekraftwerk Jänschwalde. Es soll nach den Plänen des Betreibers Leag erst 2033 außer Betrieb gehen. Durch die neuen EU-Grenzwerte befürchten Leag und Landesregierung ein früheres Aus. „Dieses Kraftwerk ist zur Absicherung der Grundlast bei der Stromversorgung derzeit noch unerlässlich“, sagte Brandenburgs Regierungssprecher Florian Engels.

Die Entscheidung der EU-Kommission beruhe allein auf dem Abstimmungsergebnis in einem EU-Fachausschuss, in dem die Bundesregierung „vernünftigerweise gegen die neuen Grenzwerte gestimmt“ habe, sagte Engels. Es habe in dem Ausschuss im Frühjahr aber keine gründliche Abwägung gegeben, der Beschluss über eine Tischvorlage sei „in einem der Komplexität und Bedeutung der Angelegenheit nicht angemessenen Hauruck-Verfahren“ gefallen. Aus Sicht der vier Landesregierungen ist die Entscheidung nicht regelkonform zustande gekommen. Auch inhaltlich halten sie die Grenzwerte für falsch, weil diese nicht dem Stand der Technik entsprächen und „absehbar nicht erreichbar“ seien.

In Tillichs Schreiben, über das der „Spiegel“ berichtete, heißt es: „Angesichts der sozialen und wirtschaftspolitischen Auswirkungen der rechtswidrig zustande gekommenen EU-Vorgaben halten wir es für unverantwortlich, uns auf Spielräume bei der nationalen Umsetzung zu verlassen.“

Der Umweltschutz gehört zur EU

Die Klimapolitik-Expertin der Grünen im Bundestag, Annalena Baerbock, nannte das Schreiben „an klima- und europapolitischer Peinlichkeit kaum zu übertreffen“ und „gesundheitspolitisch absolut verantwortungslos“. Dass Kohleländer gegen eine Reduzierung des Schadstoffausstoßes klagen wollen, sei ein Offenbarungseid – auch europapolitisch, da die neuen Schadstoffgrenzwerte als Verstoß gegen EU-Recht gewertet würden. Dabei seien Umwelt-, Verbraucher- und Gesundheitsschutz „eine primäre Aufgabe der EU“.

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