zum Hauptinhalt
Eine kleine Alternative zum BER. Vielleicht nicht für Ferienflieger, aber für Menschen, die unbedingt in der Nacht landen oder starten müssen.

© Imago

Brandenburg: Nachtflugverbot? Hertha landet beim BER-Nachbarn

Bis Ende Oktober herrscht Nachtflugverbot in Schönefeld - wie auch später am BER. Alternative: Schönhagen - aber nur maximal zwei Mal in der Nacht.

Sechs Wochen ist noch Ruhe am SXF. Bis Ende Oktober wird der Flugverkehr in Schönefeld wegen Bauarbeiten an der Nordbahn über die neue BER-Südbahn abgewickelt. Und so lange herrscht auch hier das Nachtflugverbot – das später auch für den BER gilt. Heißt: Keine regulären Starts und Landungen von Mitternacht bis 5 Uhr, und ab 22 Uhr nur noch eingeschränkter Flugverkehr.

Bei Flugverspätungen drohen Urlaubern Umleitungen

Und so drohen nicht nur Urlaubern bei Flugverspätungen Umleitungen nach Rostock oder Hannover. Auch Künstler nach Konzerten und auch Sportler können die Stadt nachts nicht mehr auf dem Luftweg erreichen oder verlassen, es sei denn, sie nutzen den Flugplatz Schönhagen.

Und das macht jetzt Hertha BSC, aber dazu gleich mehr.

Außerhalb von Pilotenkreisen ist er weitgehend unbekannt

Schönhagen? Der Flugplatz liegt kurz hinter der Stadtgrenze, von der Avus in Wannsee sind es mit dem Auto knapp 30 Minuten - vom BER sind es nur 30 Kilometer Luftlinie.

Schönhagen ist ein „Verkehrslandeplatz“ – so heißt die Flugplatzkategorie unterhalb von Verkehrsflughäfen. Außerhalb von Pilotenkreisen ist er weitgehend unbekannt. Dabei existiert er schon seit 79 Jahren und verzeichnet pro Jahr 46 000 Flugbewegungen.

Das ist knapp die Hälfte des Aufkommens in Schönefeld-Alt. Schönhagen ist das Zentrum der General Aviation, der Privat- und zunehmend der Geschäftsflieger aus der Hauptstadtregion, für die es in Tegel und Schönefeld keinen Platz mehr gibt.

Nach Mauerfall und Wiedervereinigung übernahm der Landkreis den Flugplatz

Der im Landkreis Teltow-Fläming gelegene Flugplatz ist 1938 durch das NS-Fliegerkorps gegründet worden, wurde nach dem Kriegsende 1954 die größte Fliegerschule der vormilitärischen Gesellschaft für Sport und Technik (GST) der DDR. Nach Mauerfall und Wiedervereinigung übernahm der Landkreis den Flugplatz und gründete eine Betreibergesellschaft. 2006 wurde das Planfeststellungsverfahren abgeschlossen. Eine inzwischen 1510 Meter lange, asphaltierte Start- und Landebahn wurde gebaut, es entstanden befestigte Vorfeldflächen, ein Verwaltungsgebäude mit Kontrollturm und Flugzeughallen. Und: Die Landebahn ist beleuchtet.

Wenn woanders nichts mehr geht, kann in Schönhagen geflogen werden

Wenn in Tegel und – wie jetzt – in Schönefeld nichts mehr geht, kann in Schönhagen geflogen werden, wenn das Wetter mitspielt. Offiziell ist der Flugplatz zwar nur von 8 bis 20.30 Uhr in Betrieb, doch sind auch maximal zwei Starts oder Landungen pro Nacht zugelassen, maximal 20 im Monat. Sie müssen im Voraus angemeldet werden und kosten erhöhte Abfertigungsgebühren. Genutzt wird die Möglichkeit bisher kaum, wie Geschäftsführer Klaus-Jürgen Schwahn betont. Derzeit kommt man auf zwei bis drei nächtliche Flugbewegungen im Monat.

Für verspätete große Ferienflieger ist das keine Alternative

Für verspätete große Ferienflieger ist man natürlich keine Alternative. Als Verkehrslandeplatz ist Schönhagen nur für kleine Flugzeuge mit einem Startgewicht bis zu zwölf Tonnen zugelassen, bis zu 14 Tonnen sind mit einer individuellen Genehmigung der Luftfahrtbehörde zulässig. Zum Vergleich: Ein Airbus A319 bringt es auf 75 Tonnen.

Der Kader von Hertha BSC wird nach ihrem Europa-League-Spiel hier landen

Aber ganz klein sind die Maschinen auch nicht – sonst könnte der Kader von Hertha BSC hier tief in der Nacht nicht runterkommen. So ist die Dornier Do328 mit ihren 32 Plätzen eines der größten Verkehrsflugzeuge, die in Schönhagen starten und landen können. Mit einer solchen zweimotorigen Turbopropmaschine werden die Herthaner am 28. September am Tage ab Schönefeld zu ihrem Europa-League-Spiel in Östersund (Zentralschweden) reisen.

Der Tagesspiegel ist hier auch mal abgehoben (das Bild aus dem August 1993 finden wir gerade im Archiv).
Der Tagesspiegel ist hier auch mal abgehoben (das Bild aus dem August 1993 finden wir gerade im Archiv).

© Tsp

Anpfiff ist um 19 Uhr. Gegen 22.30 Uhr will die Mannschaft mit ihren Betreuern zum Rückflug starten und nach rund zweieinhalbstündigem Flug wieder in Berlin sein. Da sind Tegel und derzeit auch Schönefeld längst geschlossen, also wird man erstmals in Schönhagen landen.

Eine Premiere für den Verkehrslandeplatz, der ansonsten aber schon viele Sportler und Künstler gesehen hat, sagt Schwahn. Und es könnten nach der BER-Nachtruhe mehr werden, wenn  beispielsweise Musiker auf Europatournee nach dem Konzert im Olympiastadion noch in der Nacht in die nächste Stadt fliegen wollen und nicht erst eine eh viel zu kurze Nacht im Hotel verbringen möchten.

Zunehmend kommen Firmen aus der Region mit Geschäftsflugzeugen nach Schönhagen

Mit der zunehmenden Enge in Schönefeld und Tegel hat sich das Verkehrsaufkommen verändert, berichtet der Geschäftsführer. Dominierten einst die Pilotenschüler der Flugschulen, die hier ihre Platzrunden drehten, haben diese ihren Trainingsbetrieb inzwischen zu weiter entfernten, kleineren Plätzen wie Oehna oder Reinsdorf verlagert.

Und mit so einer Dornier Do328 will hier Hertha BSC nach dem Europapokalspiel landen.
Und mit so einer Dornier Do328 will hier Hertha BSC nach dem Europapokalspiel landen.

© Imago

Beide liegen nahe der Landesgrenze zu Sachsen und Sachsen-Anhalt. Dafür sind zunehmend Firmen aus der Region mit ihren Geschäftsflugzeugen nach Schönhagen gekommen, meist zweimotorige Propellermaschinen, aber auch schon acht kleinere Businessjets. „Schönhagen wird den größten Teil der von den Berliner Flughäfen verdrängten Verkehre im Segment bis zu einem maximalen Startgewicht von 12 000 kg aufnehmen können“, hieß es 2008 in der Fortschreibung des Luftfahrtkonzeptes des Landes Brandenburg. Insgesamt 180 Flugzeuge sind hier stationiert, auch nach dem Bau einer weiteren Halle wird es schon wieder eng.

Das Berliner Stadtzentrum rückt noch dichter an Schönhagen heran

40 Firmen sind am Flugplatz ansässig, zwei bauen selbst Flugzeuge. Aquila hat hier mehr als 200 Exemplare eines bewährten einmotorigen Sport- und Schulflugzeugs fertiggestellt. Langsam werden auch die Flächen für Neubauten knapp. Einen weiteren Sprung nach vorne wird der Flugplatz im nächsten Frühjahr mit der Einführung eines satellitengestützten Instrumentenflugverfahrens machen.

Seit 2016 ist die Genehmigung nach vierjährigem Rechtsstreit mit dem Nabu, der mit einem Vergleich endete, rechtskräftig. Entsprechend ausgestatteten Flugzeugen sind zukünftig auch Anflüge bei schlechtem Wetter möglich. Und der vierspurige Ausbau der Bundesstraße 101 bis Trebbin läuft derzeit auf Hochtouren. Damit rückt das Berliner Stadtzentrum noch dichter an Schönhagen heran.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false