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Er lacht sich einen Ast. Mit seinen Baumgesichtern bringt Harald Kortmann seine Mitmenschen zum Schmunzeln.

© K. Menge

Protest gegen Abholzung in Berlin-Steglitz: Schöpfer der Baumgesichter ist gefunden

Das Rätsel um den Erschaffer der Baumkobolde im Berliner Südwesten ist gelöst: Ein 46 Jahre alter Steglitzer gibt Baumstümpfen Augen und Nase, um damit gegen die Abholzung von Straßenbäumen zu protestieren.

Seit Wochen wird im Berliner Südwesten über die lustigen Baumgesichter gerätselt: Wer hat Reste abgesägter Straßenbäume mit Kulleraugen und Nasen versehen? Jetzt ist der Schöpfer gefunden: Harald Kortmann hat die Baumkobolde – oder „little ends“, wie er sie selbst nennt – geschaffen. „Mich haben die traurigen Reste der abgeholzten Straßenbäume gestört“, sagt der 46-jährige Ur-Steglitzer.

Der Prototyp entstand direkt vor seiner Haustür in der Kniephofstraße: Zwei kleine Baumscheiben als Augen, ein kleiner knorriger Ast die Nase – und schon sah es viel freundlicher aus und erfreute die Passanten. Die positive Resonanz ließ ihn nach weiteren Baumstümpfen suchen.

Allein in seinem Kiez zwischen Feuerbach-, Bismarck- und Bergstraße war er schnell fündig geworden. „In der letzten Zeit sind hier fast 40 Bäume abgeholzt, aber lediglich 16 neue nachgepflanzt worden“, sagt Kortmann und ärgert sich über diese „Misswirtschaft“. Die Stümpfe würden stehen gelassen, um vorerst keine neuen Bäume pflanzen zu müssen. Er hat den Eindruck, dass in Steglitz-Zehlendorf besonders viele Bäume gefällt werden. Tatsächlich fielen nach Angaben des Grünflächenamtes in diesem Jahr 480 Straßenbäume. Im gesamten letzten Jahr waren es knapp 430.

Es gibt also genug zu tun für Kortmann. Seit Mai packt er Nacht für Nacht seine Tasche mit Werkzeug, Schrauben, Baumscheiben und Ästen, steigt auf sein Fahrrad und begibt sich auf  „Mission Baumgesichter“. An die 500 Baumkobolde sind inzwischen entstanden. Die Abend- und Nachtstunden sucht Kortmann aus, weil er dann in Ruhe arbeiten kann. „Am Tag sprechen mich viele Leute an und suchen das Gespräch. Das ist sehr schön, aber auch sehr uneffektiv.“

Es gab anfangs noch einen anderen Grund für die nächtlichen Einsätze: „Ich war mir nicht sicher, ob ich mich nicht doch am Rande der Legalität bewege.“ Doch darum muss er sich keine Sorgen machen. „Die Aktion schadet doch keinem“, meint Herbert Lohner vom Bund für Umwelt und Naturschutz. Im Gegenteil. Das sei eine pfiffige Art, die Stadt mitzugestalten. Im öffentlichen Raum mit einer fantasievollen Aktion den Bürgern ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern, sei in einer gehetzten Stadt wie Berlin eine gute Sache.

Allerdings geht die Aktion auch ins Geld. 3000 Euro habe er investiert. „Normalerweise hätte ich nach 150 Stämmen aufhören müssen.“ Aber Kortmann bekam Unterstützung von einem Kaminholzhändler, bei dem er sogar einen festen Job fand. Als Künstler sieht sich der 46-Jährige übrigens nicht. So habe er auch nichts dagegen, wenn seine Schöpfungen weiter gestaltet würden. Anwohner oder Graffiti-Künstler könnten die Stümpfe doch schmücken. Hauptsache es fällt auf, dass hier abgeholzt wurde. Am liebsten wäre es ihm aber, wenn seine Gesichter Platz machen würden – für neue Bäume. Mge

Der Text erscheint auf dem Tagesspiegel-Zehlendorf, dem digitalen Stadtteil- und Debattenportal aus dem Berliner Südwesten.

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