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Der Hauptplatz im Stadion Lichterfelde wird vor allem von den Regionalliga-Mannschaften genutzt.

© Georg Moritz

Fußball in Steglitz-Zehlendorf: FC Viktoria 89: ein sehr junger alter Verein

Viktoria 89 war zu Kaisers Zeiten Deutscher Meister und hat die größte Jugendabteilung des Landes. Am Donnerstag spielt der Regionalligist im Finale des Berliner Pokals gegen den BFC Dynamo.

Auf den ersten Blick ist der FC Viktoria 89 in Lichterfelde ein Fußballverein, wie es Hunderte in Berlin gibt. Auf dem Rasen feilt die 1. D-Jugend unter den wachsamen Augen ihres Trainers am Passspiel. Von einem neonfarbenen Hütchen spielen die 12 bis 13 Jahre alten Jungs den Ball zum nächsten – Ballannahme, kurzer Blick nach oben, Pass zum Nebenmann und wieder zurück in die Ausgangsstellung. Die Konzentration ist ebenso hoch wie das Niveau, schließlich ist die Mannschaft Tabellenführer in Berlins höchster Spielklasse.

Eine Besonderheit gibt es im Stadion Lichterfelde am Ostpreußendamm jedoch. Während bei den meisten Vereinen zwei oder vier Mannschaften zeitgleich trainieren, ist nachmittags bei Viktoria die Hölle los. Denn der Verein, der 2013 aus der Fusion des BFC Viktoria 89 und des Lichterfelder FC hervorgegangen ist, hat mit 54 Nachwuchsteams die größte Jugendabteilung Deutschlands. Überall auf dem weitläufigen Gelände laufen Kinder und Jugendliche umher. Auf zwei Kunstrasen- und drei Rasenplätzen wird ununterbrochen trainiert. Ist eine Truppe fertig, beginnt die nächste. E8, D6, B4 – was klingt wie Positionen auf einem Schachbrett, sind die Bezeichnungen der Nachwuchsmannschaften.

Insgesamt sind beim FC Viktoria 1889 Berlin Lichterfelde-Tempelhof, wie der Verein seit dem Zusammenschluss mit vollem Namen heißt, fast 1000 Mädchen und Jungen Mitglied. Dazu kommen die „Grashüpfer“, Kinder im Alter von drei bis fünf, die noch zu klein für den regulären Spielbetrieb sind, sowie die „Wilde Stunde“, die bei einem Preis von zwei Euro pro Einheit auch für Nichtmitglieder offen ist. Da können selbst Profivereine nicht mithalten. „Das Wichtigste ist doch: Jeder, der Spaß am Fußball hat, soll auch die Möglichkeiten haben zu spielen“, sagt Andreas Statkiewicz. Der 50-Jährige ist Trainer der 1. D und war bis März Jugendleiter des Vereins. Der FC Viktoria befindet sich an einer Grenze – nicht örtlich, aber strukturell. Auf halbem Weg zwischen Breitensport und Profifußball.

Die 1. D-Jugend von Viktoria spielt in der Verbandsliga.
Die 1. D-Jugend von Viktoria spielt in der Verbandsliga.

© Georg Moritz

Der DFB-Pokal lockt

Die erste Frauen- sowie die erste Männermannschaft spielen in der Regionalliga. Die Männer treten Himmelfahrt im Berliner Pokalfinale vor mehreren tausend Zuschauern und live im Fernsehen im Jahn-Sportpark gegen den BFC Dynamo an. Mit einem Sieg würde sich das Team für den DFB-Pokal qualifizieren. In den vergangenen Jahren hat sich der Verein mit einer neuen Geschäftsstelle und mehreren hauptamtlichen Mitarbeitern deutlich professioneller aufgestellt. Mittelfristig soll der Aufstieg in die Dritte Liga geschafft werden.

Blickt man auf die einstigen Erfolge des Vereins, erscheint diese Zielsetzung fast schon zu klein. 1889 wurde der BTuFC Viktoria als vierter Berliner Fußballverein gegründet. Neben lokalen Erfolgen gewann Viktoria 1908 und 1911 die deutsche Meisterschaft. Danach ging es abwärts. Die vorletzte Berliner Meisterschaft holte Viktoria 1956, vor elf Jahren dümpelte der Klub noch in der Landesliga herum. Dann gelang der Umschwung: 2011 stieg das Team als Berliner Meister in die Oberliga auf, zwei Jahre später folgte der Sprung in die Regionalliga.

Mittelfristig will der Verein die Nummer drei in Berlin hinter Hertha BSC und dem 1. FC Union werden. Anders als bei denen spielt der Breitensport bei Viktoria aber eine tragende Rolle. Hier kicken nicht nur die Besten eines Jahrgangs, sondern Mädchen, Jungen, Frauen und Männer mit ganz unterschiedlichen Talenten und Bedürfnissen.

Manche Jugendspieler haben schon Berater

„Die Aufgaben und Ambitionen sind in den letzten Jahren enorm gewachsen, es gibt aber auch nicht viele Vereine, die so eine gute administrative Abteilung haben“, sagt Statkiewicz. Die Koexistenz so vieler derart unterschiedlicher Fußballer zu ermöglichen, ist eine der größten Herausforderungen für Viktoria 89. „Natürlich färbt die rasante Entwicklung im Profibereich auch auf die Jugend ab“, sagt Statkiewicz. In 15 Jahren als Jugendleiter hat er viel miterlebt und sieht einige Entwicklungen durchaus kritisch. Etwa wenn 13-Jährige schon mit Beratern zum Probetraining kommen oder Eltern ihren Kindern so viel Druck machen, dass diese die Lust am Fußball verlieren.

Andreas Statkiewicz trainiert die 1. D-Jugend und war 15 Jahre Jugendleiter.
Andreas Statkiewicz trainiert die 1. D-Jugend und war 15 Jahre Jugendleiter.

© Georg Moritz

Statkiewicz wirkt mit seinem grauen Kapuzenpullover, den schwarzen Fußballschuhen und der vom regelmäßigen Training im Freien gebräunten Glatze wie jemand, der anpackt – machen, nicht lange reden. Über seine eigenen Verdienste um die Jugendarbeit will er nicht viel sagen. „Alleine kann man das ja gar nicht machen. Da sind viele Leute dran beteiligt, Co-Trainer, Betreuer, Angestellte in der Geschäftsstelle“, wiegelt Statkiewicz ab. Hört man sich im Verein um, wird aber deutlich, dass er ein ganz wichtiger Faktor in der jüngeren Entwicklung ist. Statkiewicz schaut über den Tellerrand hinaus. Was kann man sich von anderen Vereinen abschauen? Wie entwickelt sich die Gesellschaft und mit ihr der Fußball? Statkiewicz kann dazu interessante Dinge erzählen. „Früher sind die Jungs im Trainingslager sofort raus auf den Platz, heute fragen sie zuerst nach dem W-Lan-Passwort“, sagt er – und dass ihm diese Entwicklung missfällt, ist nicht schwer zu erkennen.

Kinder und Jugendliche brauchen Zeit

Statkiewicz ist aber niemand, der nur das Negative sieht. Vieles bei Viktoria läuft sehr gut. „Wenn du dich als Verein weiterentwickeln willst, musst du dich permanent verändern“, sagt Statkiewicz. Auch die Fusion vor vier Jahren sei nicht einfach gewesen. Auf Knopfdruck wachsen zwei Klubs nicht zu einem zusammen. Das braucht Zeit.

Zeit, die man auch den Kindern geben müsse. „Ich sehe das wie in der Schule. Da gehen manche Kinder aufs Gymnasium und andere auf die Realschule“, sagt Statkiewicz. So könne auch nicht jeder Fußballer Profi werden. „Es wäre aber schön, wenn wir die Jungs und Mädchen langfristig für den Berliner Fußball gewinnen könnten“ – am besten von den Grashüpfern bis in die Ü 60.

Mehr über den FC Viktoria 89
erfahren Sie unter www.viktoria-berlin.de
info@viktoria-berlin.de
Telefon: (030) 754 448 980

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