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Karl-Heinz Bannasch (links) und Mitautor Peter Petersen präsentieren das neue Buch.

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Update

Schlagabtausch statt Lösungssuche: Heimatlose Heimatkundler

Das neue Buch zur Spandauer Militärgeschichte könnte das letzte sein. Die Heimatkundliche Vereinigung steht vor einer ungewissen Zukunft.

„Das wird auf absehbare Zeit unsere letzte Publikation sein“. Das sagte der Vorsitzende der Heimatkundlichen Vereinigung, Karl-Heinz Bannasch, am Dienstag bei Vorstellung des vierten Bandes der „Spandauer Forschungen“, einer von drei Buchreihen des Vereins. Nachdem vom Kulturamt der Mietvertrag für dessen Räume auf der Zitadelle nicht verlängert wurde, ist der Heimatverein heimatlos, musste sein Hab und Gut provisorisch im Land Brandenburg einlagern.

Zitadellenführungen sollen "professioneller" werden

Wie berichtet, sah der Mietvertrag laut Kulturstadtrat Gerhard Hanke (CDU) keine Verlängerung vor. Außerdem werden die Räume als Ersatzquartier für die Zitadellenverwaltung benötigt, deren bisher genutztes Gebäude wegen Einsturzgefahr saniert werden muss. Gleichzeitig waren auch die bisher von der Vereinigung durchgeführten Zitadellenführungen neu an die landeseigene Kulturprojekte GmbH vergeben worden. Sie müssen aus Sicht von Hanke angesichts der immer größeren Besucherzahlen und der zunehmenden touristischen Vermarktung der Festung künftig professioneller organisiert werden.

Wenig Klarheit über Ersatzräume

Der Bezirk hatte dem Verein Ersatzräume angeboten. Noch ist allerdings nicht sicher, ob das ehemalige VHS-Gebäude in der Kirchgasse beim Bezirk verbleibt. Und die ehemalige Hausmeisterwohnung der Lily-Braun-Oberschule hätte nur für ein Jahr zur Verfügung gestanden. In beiden Fällen seien außerdem die Mietforderungen zu hoch gewesen, sagt Bannasch.

Streit um Aufgaben des Vereins

Laut Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank (SPD) war man allerdings bereit, die Miete im Gymnasium auf das Zitadellenniveau zu senken. Dort hatten die Heimatkundler eine reduzierte Miete gezahlt, sich im Gegenzug aber verpflichtet, dem Heimatmuseum jährlich Exponate im Wert von mindestens 2500 Euro zu spenden. Das ist laut Gerhard Hanke in den letzten Jahren nicht geschehen, auch wenn laut Bannasch in den vergangenen acht Jahren rund 100 000 Euro für Exponate, Buchprojekte, Ausstellungen und andere Veranstaltungen aufgebracht wurden. Doch viele der Aktivitäten hätten nicht dem Kulturamt als eigentlichem Auftraggeber gedient, so der Stadtrat.

Napoleon-Handschrift ausgeschlagen?

Bannasch wirft dem Kulturamt Missachtung ehrenamtlicher Tätigkeit sowie mangelndes Bewusstsein für die historische Identität des Bezirks vor. So habe dieses bereits in den 1990-ger Jahren vom damaligen Besitzer den handschriftlichen Befehl Napoleons zum Angriff auf die Zitadelle im Jahre 1806 angeboten bekommen, aber kein Interesse gezeigt. 2015 sei die Urkunde dann zum nahezu doppelten Preis vom Verein ersteigert worden. Sie habe maßgeblichen Anteil daran, dass die Spandauer Geschichte teilweise neu bewertet werden müsse, so der Heimatkundler. Denn ohne die damalige Kapitulation wären Zitadelle und Spandauer Altstadt von der französischen Übermacht zerstört worden. Darum geht es in einem der sieben Kapitel des neuen Buches zur Spandauer Militärgeschichte. Darin behandeln sechs Autoren unter anderem auch den Kampf der Kommunalverwaltung gegen die Rayonbeschränkungen der Militärs im 19. Jahrhundert, die Entwicklung der Spandauer Garnison und die bis heute erhaltenen Industriebauten des Feuerwerkslaboratoriums auf der Insel Eiswerder. Das Buch ist für 24,90 Euro im Gotischen Haus (Breite Straße 32) und der Dorotheenstädtischen Buchhandlung (Carl-Schurz-Str. 53) erhältlich.

Wie es mit der 1954 gegründeten Vereinigung weitergeht, ist offen. „Wenn sich im nächsten halben Jahr keine Möglichkeit zu einer geordneten Vereinsarbeit ergibt, sehe ich große Schwierigkeiten“, sagte Bannasch. „Ich wünsche mir, dass die Heimatkundliche Vereinigung ein Domizil findet, wo sie weiterhin ihre hervorragende Arbeit machen kann“, erklärte Stadtrat Hanke. „Ich werde den Verein auch weiterhin unterstützen“. So habe man der Vereinigung auch vorgeschlagen, alternativ Altstadtführungen zu veranstalten, aber keine Resonanz erhalten. Führungen in der Altstadt biete man schon lange, erklärte Bannasch. Dafür benötige der Verein keine bezirkliche Genehmigung.

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