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Update

Luftbilder 1928 - 2015: Opa, wie kamt ihr Spandauer damals zu Ikea?

Die Spree floss anders, die Siemensbahn war im Bau und der Südpark viel größer. Noch mehr kleine Entdeckungen auf Spandaus Vorher-Nachher-Bildern.

Vielen Dank für die Mails und Hinweise, liebe Leserinnen und Leser. Wir haben diesen Text aus unserem Spandau-Portal www.tagesspiegel.de/spandau noch mal aktualisiert. Bestimmt haben auch Sie das Projekt gesehen: Mit der interaktiven Tagesspiegel-Karte können Sie aus dem Berlin des Jahres 1928 in das heutige gleiten und zurück. Lust auf eine Zeitreise? Gern. Das Projekt finden Sie unter der Adresse 1928.tagesspiegel.de . Auf der Grundlage von Luftbildern Berlins, aufgenommen 1928 und 2015 und vom Geoportal Berlin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zu zwei großen Luftbild-Karten zusammengesetzt, hat das Tagesspiegel-Datateam eine technische Lösung ersonnen, zwischen den Jahren, also den beiden Abbildern der Stadt, bequem hin und her zu reisen.

Das Projekt unter https://1928.tagesspiegel.de/

Wir sind auch gleich mal kreuz und quer durch den Bezirk Spandau gereist und haben ziemlich oft gestaunt. Hier sind unsere Spandauer Beobachtungen, inklusive Nachschlag.

Top 1: Wo ist Spandaus wichtigste Brücke?

Opa, wie seid ihr eigentlich damals zu Ikea gekommen? Gut, das war ein Witz, aber gleich mehrere Tagesspiegel-Leser haben uns darauf hingewiesen, dass Spandaus wichtigste Brücke über die Havel auf den alten Aufnahmen noch nicht zu sehen ist: "1928 fehlte noch die Dischingerbrücke". Stimmt!

Der Ost-West-Verkehr floss 1928 noch durch die Altstadt (am Bahnhof Stresow vorbei) und über die Heerstraße. Der städtebauliche Eingriff war radikal: Die Kleingartenkolonien wurden planiert, eine breite Schneise bis zur Klosterstraße geschlagen. Ein Blick ins Tagesspiegel-Altarchiv: Die Brücke wurde am 21. Dezember 1956 fertiggestellt ("Punkt 12 Uhr ist Freigabe"). Kosten: 3,0 Millionen D-Mark für Brücke und Straßenbau. Wer Herr Dischinger war? Ein Spannbeton-Pionier. Und Berlins erstes Ikea wurde erst im Dezember 1977 eröffnet.

Top 2: Unser großer Südpark

Noch so eine Aha-Effekt, wenn wir auf die Karte von 1928 blicken. Der Südparkteich war viel, viel größer. Entstanden ist er übrigens vor 100 Jahren im Sumpfgebiet der Börnicker Lake; Fertigstellung war 1924 - deshalb sind die Bäume noch so klein.

Top 3: Endstation Alt-Kladow

Tief aus dem dörflichen Süden kommen diese Hinweise: Inges "Kladower Hof" gab's damals schon ... das stimmt. 1928 aber verlief der Kladower Damm am Dorfplatz woanders. Wer heute vor dem "Cladow Center" steht, muss mal auf alten Bäumen achten - sie zeigen eine Art Allee. Der Verkehr rollte damals durch die kleine Straße hinter dem Dorfplatz, durch die sich heute der 135er der BVG quält. Den "Dorfplatz" gab es so noch nicht; der Verkehr rollte um die Linde vor der Kirche, die älter ist als 500 Jahre.

Top 4: Die tote Eisenbahn nach Norden

Im Norden von Spandau befindet sich der Güterbahnhof Johannesstift. Die Gleise enden aber nicht an der Straße - sie führen weiter in den Wald. Nun schauen wir mal auf die Karte von 1928: Da verlaufen die Schienen durch den Spandauer Forst gen Norden, nach Nieder Neuendorf - und weiter nach Bötzow. So heißt eine Gemeinde in Oberkrämer. Der Personenverkehr rollte dort bis 1950. Vielleicht rollt auf einem Teil der Bötzowbahn einmal die S-Bahn, nämlich von Spandau ins Falkenhagener Feld.

Top 5: Wo ist die Trabrennbahn?

Wo sich heute Spandaus Industrie drängt, rannten früher Pferde entlang. In der Straße "Freiheit", die als Abkürzungsstrecke dient zu Ikea oder Mülllastern als Arbeitsweg zur BSR-Verbrennungsanlage, gab es früher die "Trabrennbahn Ruhleben", die aber auf heutigem Spandauer Gebiet liegt. In den 50ern ging sie pleite, es entstand die BSR-Anlage. Auf dem Luftbild von 1928 ist die Größe der Trabrennbahn noch zu sehen. Aber bleiben wir kurz hier im Viertel ....

Top 6: Wer hat die Spree verschwenkt?

Faszinierend ist das Vorher-Nachher-Spielchen auch mit den Berliner Flüssen. Und durch Spandau fließt ja nicht nur die dicke, träge Havel, sondern auch die Spree. Bleiben wir also kurz im Industriegebiet nördlich der BSR-Anlage (und damit der einstigen Trabrennbahn) und schauen auf die Spree - und wie der Verlauf der Spree verändert worden ist. Die "neue" Spree fließt nun einige Meter weiter nördlich in ihrem neuen Bett; der Alt-Arm der Spree ist aus der Luft aber deutlich zu erkennen. Bleiben wir noch kurz weiter hier ...

Top 7: Aus dem Horn wird ein Hörnchen?

Wenn man die Aufnahme von 1928 betrachtet, fällt an der Altstadt die Landzunge "Spandauer Horn" auf: Die Spree mündet hier in die Havel. Früher ragte die Landzunge noch ganz schön weit nach Süden; wer aus Norden kam, hatte es nicht leicht, in die Spree zu gelangen. 2015 ist das Horn ein Hörnchen - und bald ganz weg, weil die Ecke weiter umgebaut/abgebaggert wird ("Verkehrsprojekt Deutsche Einheit").

Top 8: Der Falkenseer Platz

Hier steht gefühlt nichts mehr. Null. 1928 rollte der Verkehr noch vom heutigen "Brauhaus" am Kolk vorbei durch die Altstadt bis zum Rathaus. Den Falkenseer Platz (und damit die breite Trasse für Autos) gibt es erst seit November 1960. Ein oller Stummel der einstigen Wege dient heute vor allem als Parkplatz vor dem Brauhaus. Zur Orientierung dient der Graben rund um die Altstadt; heute gut aus der Luft an den Bäumen zu erkennen.

Top 9: Wo heute die Freybrücke liegt

Im Südhafen liegt bekanntlich das Roh-Element der neuen Freybrücke, im Sommer 2016 soll hier eine Heimat für Flüchtlinge entstehen. 1928 war hier noch ein großes Hafenbecken (vermutlich die Reste eines Havel-Altarms) ...

Top 10: Kein Flughafen - nur Wiese

Scrollen wir mal weiter gen Süden, an den Glienicker See. Hier ist noch der alte Gutspark zu sehen, der der Mauer zum Opfer fiel. Und vor allem sehen wir auf den Luftbildern von 1928 - noch nicht mal den Flugplatz Gatow. Der entstand erst in den 30ern auf dem Ritterfeld. Auf den Fotos von 2015 ist der Flughafen schon wieder zu großen Teilen Geschichte. Und Kladow bei weitem nicht mehr so ländlich wie 1928.

Top 11: Zwei Potsdamer Chausseen gen Süden

Hundebesitzer und Läufer parken ihr Auto gern auf einem der zwei Parkplätze, die sich parallel zur heutigen Potsdamer Chaussee befinden. Aber: Auf den Parkplätze befinden sich noch alte Markierungen. Sie waren nämlich Teil der alten Potsdamer Chaussee, die etwas näher an der Berliner Mauer lag und dann einige Meter gen Westen verschwenkt wurde - prima zu sehen auf den Bildern von 1928. Übrig blieben nur die zwei Parkplätze (und die alten Alleebäume, die heute im Wald zu erkennen sind).

Top 12: Eine S-Bahnstrecke entsteht

Interessant ist auch die Entdeckung einer S-Bahnlinie: Die Siemensbahn ist nämlich auf den Bildern von 1928 noch Großbaustelle; überall sind Sandhügel zu erkennen. Die Spreebrücke ist aber schon fertig. Eröffnet wird die Strecke von Jungfernheide über die S-Bahnhöfe Wernerwerk und Siemensstadt bis Gartenfeld erst im Dezember 1929. Seit 1980 rollt hier aber kein Zug mehr; aus der Luft ist die Strecke vor allem anhand der Bäume zu erkennen (und am Bahnhofsdach am Wernerwerk).

Top 13: Es war mal eine Festung

Stöbern wir einmal im Westen: Staaken. Auf den Luftbildern von 1928 sieht das Fort Hahneberg wirklich noch aus wie eine Festung. Der Seeburger Weg führte noch von Staaken bis Seeburg, ehe die DDR die Mauer baute und der Rest unter dem neuen Hahneberg verschwand. Dessen Aufschüttung war 1977 abgeschlossen. Seitdem ist er ein Idyll im Sommer und eine muntere Rodelpiste im Winter.

Top 14: Ausflugsziel Scharfe Lanke

Mag ja sein, dass 1928 noch viel weniger Menschen in Spandau lebten (das ja auch erst kurz zuvor nach Berlin eingemeindet worden ist). Aber beliebt war es damals offenbar schon, wenn man sich die Fülle an Booten in der Havelbucht anschaut ....

Top 15: Da fehlt doch eine Insel!

Neben der Insel Eiswerder ist das Naturidyll Pionierinsel zu sehen mit hohen Bäumen ... doch wo ist die Insel auf dem Luftbild 1928?

Und welche Entdeckungen haben Sie gemacht? Nutzen Sie dafür die Kommentarfunktion unter diesem Text.

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Ähm, und nordwestlich ist von Eiswerder eine Insel entstanden. Oder nicht zu sehen. Oder aufgeschüttet.
Ähm, und nordwestlich ist von Eiswerder eine Insel entstanden. Oder nicht zu sehen. Oder aufgeschüttet.

© Tsp

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