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Christian Friedrich hat mit seiner Kampagne Aufsehen erregt.

© Cally Stronk

Kandidat aus Pankow: Interview zur Abgeordnetenhaus-Wahl: "Spaß und Spiel haben eine politische Dimension"

Christian Friedrich kandidiert im Wahlkreis Alt-Pankow als unabhängiger Kandidat für das Abgeordnetenhaus. Er wirbt für eine Politik der kleinen Schritte – und für Pokémon Go.

Herr Friedrich, warum machen Sie das?

Ich bin schon 2005 in Hildesheim als unabhängiger Bürgermeisterkandidat angetreten. Damals war ich noch Student. Ich fand die Kommunalpolitik dort sehr verkrustet und wollte ein Zeichen setzen. Das hat auch sehr gut funktioniert. 1435 Bürger haben mich gewählt, das entsprach 2,4 Prozent der Stimmen. Darauf bin ich heute noch stolz. Danach haben sich außerdem deutlich mehr junge Leute für den Stadtrat aufstellen lassen.

Auf Ihren Plakaten werben Sie für sich mit dem Slogan Pankowmon Go, eine Anspielung auf Pokémon. Das wirkt stark nach Spaßwahlkampf. Wie ernst ist es Ihnen überhaupt?

Spaß gehört dazu, klar. Man kann die Leute schließlich nicht nur mit Statistiken langweilen. Für mich haben Spaß und Spiel aber auch eine politische Dimension. Politiker sollten sich neue Internetangebote wie Snapchat oder eben auch Pokémon Go durchaus mal anschauen. Meine Freundin und ich haben durch Pokémon Go in den vergangenen Wochen viele Leute kennengelernt. Das ist vergleichbar mit einem Sportverein, man spielt zusammen und kommt ins Gespräch. Und genau darum geht es für mich auch in der Politik: Wir müssen wieder miteinander ins Gespräch kommen.

Das müssen Sie erklären.

Ich mache mir Sorgen um die politische Streitkultur in Berlin. Vor allem im Internet. Dort werfen sich die Akteure permanent gegenseitig Sätze an den Kopf, ohne sich wirklich auszutauschen. Und bei Facebook bewegen sich die meisten in einer Blase, in der ohnehin alle das gleiche denken. Ich denke, man muss auch mal aufeinander zugehen, miteinander sprechen. Auch mit den Leuten auf der Straße. Wir haben in Deutschland das große Problem, dass Politik nicht mehr alle Teile der Gesellschaft erreicht. Und das liegt vielleicht auch an dieser Streitkultur. Auch im Abgeordnetenhaus werden oft sehr unsachliche Debatten geführt. Den Bürgern werden die Probleme nicht mehr richtig kommuniziert. Selbst die Piraten, die ich früher interessant fand, sind an ihrer Vielstimmigkeit gescheitert.

Also geht es Ihnen eher um einen anderen Politikstil als um Themen?

Das ist mir tatsächlich wichtig. Ich will aber auch Themen aufgreifen und plädiere dafür, die großen Probleme der Stadt in kleinen Schritten zu lösen. Nehmen wir den Anstieg der Mieten. Die Berliner Politik kann zwar nichts an der Null-Zins-Politik der Zentralbank ändern, die den Immobilienboom erst möglich macht. Dennoch kann man mit kleinen Schritten durchaus etwas erreichen. Mieter können beispielsweise eine GmbH gründen und ihr eigenes Haus kaufen. Und die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften müssen bei Sanierungen mit Augenmaß vorgehen, damit die Mieten für junge Familien oder Studierende erschwinglich bleiben.

Ihre Kampagne ist sehr erfolgreich, sogar Spiegel online und die FAZ haben schon über sie berichtet. Wie viel Geld haben Sie in den Wahlkampf investiert?

Ich hatte zunächst nur 20 Plakate drucken lassen. Jetzt habe ich aber nochmal 50 nachbestellt. Das Ganze hat mich bisher vielleicht zwischen 1000 und 2000 Euro gekostet.

Ist ihre Kandidatur vielleicht doch nur ein Werbegag für Ihre PR-Agentur?

Wenn ich durch mein politisches Engagement mehr Aufträge bekomme, habe ich nichts dagegen. Aber das ist wirklich nicht der Grund für meine Kandidatur.

Warum haben Sie sich nicht einer Partei angeschlossen?

Darüber habe ich natürlich nachgedacht, aber ich vermisse bei denen das Vermittelnde. Und auch mit meinem Ansatz der kleinen Schritte finde ich mich da nicht wieder.

Dafür sind Ihre Chancen, tatsächlich ins Abgeordnetenhaus einzuziehen, nun sehr gering.

Ich weiß natürlich, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass ich gewählt werde. Angesichts des politischen Klimas, wo alle nur noch versuchen Krach zu schlagen, habe ich mir aber gesagt: Ok, dann mache ich das jetzt eben mal selbst. Das schlimmste Beispiel ist die AfD. Die wollen einfach nur provozieren, indem sie unhaltbare Thesen raushauen. An konstruktiver Politik sind sie nicht interessiert. Die Parteien sollten allgemein auf diese Kampf-Rhetorik verzichten. Das bringt im Wahlkampf vielleicht ein paar Prozent mehr, aber langfristig schadet es der politischen Kultur.

Christian Friedrich (38) hat ein Diplom in Kulturwissenschaften und betreibt mit Freunden die Kommunikations- und Ideenagentur Friedrich&Freunde. Er lebt am Bürgerpark im Pankower Altbezirk.

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