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So etwas soll sich nicht wiederholen. In der Kolonie Oeynhausen mussten viele Kleingärten einem Wohnungsbauprojekt weichen.

© Cay Dobberke

Update

BVV Charlottenburg-Wilmersdorf: Jetzt wollen alle das Grün in der City West retten

Für das Bürgerbegehren zur Rettung von Grünflächen in Charlottenburg-Wilmersdorf wurden mehr als 18.000 Unterschriften gesammelt. Die Abstimmung fällt trotzdem aus – weil die BVV die Forderungen übernimmt.

In Charlottenburg-Wilmersdorf fällt der Bürgerentscheid zur Rettung von Grünflächen aus – weil die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) die Forderungen am Donnerstagabend wörtlich in einem eigenen Beschluss übernommen hat.

Beinahe hätten die Bewohner der City West im Rahmen der Berliner Wahlen am 18. September auch darüber abstimmen können, ob das Bezirksamt Grünflächen und Kleingärten „dauerhaft sichern und bestehende andere Planungen unverzüglich aufheben“ soll. Für dieses Bürgerbegehren hatten Kiezinitiativen und Kleingärtner 18.300 Unterschriften gesammelt – eigentlich brauchten sie nur 7250.

Die BVV darf sich Forderungen aus einem Bürgerbegehren zu eigen machen. Nur wenn dies nicht geschieht, kommt es zum Bürgerentscheid. Der Antrag, dem Begehren „uneingeschränkt“ zuzustimmen, stammte von der CDU und wurde von fast allen Fraktionen unterstützt.

Die SPD schließt Bebauungen wie Kitas und Schulen nicht aus

Nur die SPD enthielt sich der Stimme und stellte einen eigenen Antrag. Demnach sollte das Bezirksamt aufgefordert werden, „Kleingärten, Parks und gewidmete Grünflächen im Bezirk zu sichern und diese damit für kommende Generationen zu bewahren“. Das klingt soweit ähnlich wie das Bürgerbegehren. Aber die SPD wollte auch etwas hinzufügen: „Wichtige öffentliche Infrastrukturen wie Kitas, Schulen und Sportanlagen sowie die Schaffung bezahlbaren Wohnraums müssen möglich sein.“

Parks, Kleingärten und „gewidmete Grünananlagen“ sollten „natürlich bewahrt bleiben“, teilten SPD-Kreischef Christian Gaebler und die Fraktionssprecherin für Stadtentwicklung, Heike Schmitt-Schmelz, dazu mit. Es gehe nur um die eventuelle Nutzung „anderer Frei- und Brachflächen“ für die genannten Zwecke. Dagegen lasse der Text des Bürgerbegehrens „keinen Spielraum für Ausnahmen“.

Das sieht die CDU-Fraktion anders. Deren baupolitischer Sprecher Arne Herz kam nach Gesprächen mit Initiatoren des Bürgerbegehrens zur Ansicht, dass öffentliche Infrastrukturmaßnahmen nicht vom Bebauungsverbot betroffen seien.

Für die Grünen forderte Fraktionschef Christoph Wapler, bis zum Jahresende einen Infrastrukturplan zu erstellen, auch um den Bedarf an Grünflächen zu klären.

BVV-Beschlüsse und Bürgerentscheide sind meistens nicht bindend

Der BVV-Beschluss benennt ein klares politisches Ziel. Aber wird das Grün im Stadtteil damit wirklich geschützt? Sowohl BVV-Entscheidungen als auch Bürgerentscheide gelten in den meisten Fällen nur als „Empfehlungen“ an das Bezirksamt und haben keine Gesetzeskraft. Außerdem bleibt den Bezirksverordneten die Möglichkeit, später Ausnahmen zu beschließen.

Unklar scheint, ob sich die BVV das Bürgerbegehren aus Überzeugung zu eigen machte. Vielleicht wollte man auch nur wegen der baldigen Wahlen den Kritikern der bezirklichen Umweltpolitik etwas Wind aus den Segeln nehmen.

Der Kolonie Oeynhausen nutzten die vielen Wählerstimmen nichts

Das Bezirksamt kann ohnehin eigenständig entscheiden. Das zeigte schon der erfolgreiche, aber folgenlose Bürgerentscheid für die Rettung der Kleingartenkolonie Oeynhausen in Schmargendorf. Rund 85.000 Bürger beziehungsweise 77 Prozent der Teilnehmer hatten im Mai 2014 dafür gestimmt. Trotzdem genehmigte Baustadtrat Marc Schulte (SPD) die Teilbebauung mit Wohnungen – aus baurechtlichen Gründen und wegen der Sorge vor Schadensersatzforderungen des privaten Grundstückseigentümers Lorac, der die betroffenen Parzellen an die Groth-Gruppe verkaufte.

Notfalls ein Volksentscheid

Die Initiatoren des Bürgerbegehrens behalten sich vor, notfalls ein stadtweites Volksbegehren zu starten. Dazu habe es schon Gespräche mit Kleingärtnervertretern in mehreren Bezirken gegeben, sagt Ursula Sydow vom Charlottenburger Kleingärtnerverband. Anders als Abstimmungen auf Bezirksebene hätte ein erfolgreicher Volksentscheid Gesetzeskraft – so wie der Entscheid gegen Bebauungen des Tempelhofer Felds.

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