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Seit 88 Jahren gibt es die Berliner Moschee in Wilmersdorf. Für die Sanierung sind Teile des Baudenkmals nun eingerüstet.

© Maurizio Gambarini/dpa

Berlin-Wilmersdorf: Deutschlands älteste Moschee wird saniert

1928 wurde die Berliner Moschee in Wilmersdorf eröffnet – finanziert durch Spenden. Jetzt soll das älteste erhaltene islamische Gotteshaus in Deutschland instandgesetzt werden.

Nahe beieinander stehen in Wilmersdorf gleich drei für Berlin ungewöhnliche Gotteshäuser: an der Brienner Straße die Berliner Moschee der Lahore-Ahmadiyya-Gemeinde und die dänische Christianskirken sowie am Hohenzollerndamm die Russisch-Orthodoxe Christi-Auferstehungskathedrale. Zum Kiez gehört auch das frühere Rathaus Wilmersdorf. Seit es als Flüchtlingsheim dient, kommen mehr Muslime in die Moschee. Sie war 1928 eröffnet worden und ist damit die älteste erhaltene Moschee in Deutschland. Einst galt sie als Mittelpunkt des islamischen Lebens in Berlin. Doch inzwischen bröckelt das Baudenkmal an vielen Stellen.

Am Freitag wurden deshalb Sanierungspläne präsentiert. Vorbereitende Untersuchungen und Sicherungsarbeiten hatten schon im Sommer begonnen. Denn Zierelemente auf dem Dach unter der Kuppel waren nicht mehr standsicher, außerdem hatten sich Putzteile an der Fassade gelöst. Die eigentliche Instandsetzung soll 2017 beginnen, drei Jahre dauern und ungefähr 1,5 Millionen Euro kosten. 80 Prozent will die weltweite Gemeinde der pakistanischen Lahore-Ahmadiyya-Bewegung durch Spenden finanzieren. Für den Rest stünden Fördergelder aus Denkmalschutzprogrammen zur Verfügung, sagte der neue Imam Amir Aziz.

Ein interreligiöses Begegnungszentrum

Erst im vorigen Frühjahr hat der gebürtige Pakistaner seit Amt angetreten. Die Moschee sei ein „interreligiöses Begegnungszentrum“, betont Aziz. Unter den Besuchern befänden sich Muslime sogar in der Minderheit. Zum Freitagsgebet kämen „manchmal 200 Gläubige, manchmal auch weniger“ in den Gebets- und Versammlungsraum mit 400 Plätzen. In viel größerer Zahl ziehe die Moschee „Menschen anderer Glaubensrichtungen“ an, darunter Schulklassen, Studenten und Kirchengruppen. „Wir haben eine wichtige Rolle in der deutschen Gesellschaft.“ Zu den christlichen Kirchen in der Nachbarschaft pflege man ein freundschaftliches Verhältnis. Es gebe an der Brienner Straße auch keine Konflikte zwischen sunnitischen und schiitischen Muslimen. Die Gemeinde stehe für Toleranz und ein „rationales Verständnis des Islam“.

Mehr als ein Gebetsraum. Der Saal mit 400 Plätzen dient auch als Begegnungs- und Veranstaltungsstätte.
Mehr als ein Gebetsraum. Der Saal mit 400 Plätzen dient auch als Begegnungs- und Veranstaltungsstätte.

© Maurizio Gambarini/dpa

Dafür verkauften Frauen ihren Schmuck

Zur Moschee gehören zwei je 32 Meter hohe Minarette, die 26 Meter hohe Kuppel mit einen Durchmesser von zehn Metern und ein Imamhaus. Der Berliner Architekt Karl Alfred Herrmann hatte die Bauten im „Mogulstil“ entworfen, der sich an orientalischen Vorbildern orientiert und vor allem durch das Taj Mahal in Indien bekannt ist. Aziz nennt sein Gotteshaus scherzhaft „unser Mini-Taj-Mahal“. Die Baukosten waren einst komplett aus Spenden gedeckt worden. Viele Frauen sollen dafür sogar ihren Schmuck verkauft haben. Dazu könne es auch jetzt wieder kommen, glaubt der Imam.

Viele Schäden an der Fassade

Federführend bei der Sanierung ist das Berliner Architektenteam „D4 Büro für Kirche und Kultur“. Firmenchef Marcus Nitschke und die für das Projekt zuständige Architektin Katja Weise nannten zahlreiche Mängel, die nun behoben werden sollen. So führe „die undichte Dachhaut zu massiven Bauschäden im Innenbereich“, das größte Problem sei die Feuchtigkeit in der Dachkonstruktion. Also soll das ganze Dach wieder abgedichtet und auch das Entwässerungssystem modernisiert werden. Unter der Kuppel sind außerdem Stahlträger verrostet. Mehrere kleine Ziertürme wurden vor elf Jahren mit neuem Blech versehen, zwei allerdings noch nicht; die dortige Blechverkleidung hat Risse und Löcher.

Auf dem Baugerüst. Imam Amir Aziz und Architektin Katja Weise planen gemeinsam die etwa 1,5 Millionen Euro teure Sanierung.
Auf dem Baugerüst. Imam Amir Aziz und Architektin Katja Weise planen gemeinsam die etwa 1,5 Millionen Euro teure Sanierung.

© Cay Dobberke

Laut Katja Weise gibt es sogar noch Schäden aus dem Zweiten Weltkrieg, und in den folgenden Jahrzehnten sei es zu „unsachgemäßen Reparaturen“ gekommen. Beispielsweise seien die Fassaden und Ziermauern in den 1970er Jahren mit einem „nicht atmungsaktiven Dispersionsanstrich“ überzogen worden, der inzwischen zahlreiche Risse durch Spannungen aufweise. Die Architektin will den ganzen Putz aus der Nachkriegszeit ersetzen, aber andere Putzteile aus der Ursprungszeit konservieren. Am Traufgesimse müsse wohl ein Großteil der Gipsstuckkonsolen neu gefertigt werden, sagt sie. Reparaturbedürftig seien außerdem die zwiebelförmigen Betonaufsätze der Gartenmauern, aber auch die hölzernen Türen und Fenster der Moschee.

Im übernächsten Jahr sollen Arbeiten im Innenraum folgen, dabei will man auch die originalen Anstriche aus der Bauzeit freilegen. In einem letzten Bauabschnitt ist für 2019 die Instandsetzung des Imamhauses geplant, dessen Putz und Fenster ebenfalls stark beschädigt sind. Darüber hinaus ist die Haustechnik veraltet.

Für Imam Aziz geht es um mehr als bauliche Dinge. Momentan sei zwar „keine ganz einfache Zeit für den interreligiösen Dialog“, dennoch will er die Rolle des Gotteshauses als Begegnungszentrum stärken. Deutsche Studenten sollen künftig Praktika in der Moschee absolvieren können, auch eine Bibliothek ist geplant.

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