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Berlin-Charlottenburg: Shampoo und Skulpturen im Ku'damm-Karree

Stefan Westphal ist einer der letzten Galeristen am Kurfürstendamm. Seine Kunsthandlung überlebt wegen der günstigen Miete in der maroden Passage – und auch dank einer Drogerie.

Berlins Kunstszene habe sich „nie gescheut, an schwierige Orte zu gehen“, sagt Stefan Westphal, für Galeristen wie ihn seien vor allem „bezahlbare Mieten wichtig“. Dafür ist der Kurfürstendamm eigentlich nicht bekannt: Internationale Ketten haben viele Kinos und Cafés verdrängt, mit Spitzenmieten von 300 Euro pro Quadratmeter gehört der Boulevard zu den teuersten Pflastern der Stadt. Doch Westphal hat eine preisgünstige Nische gefunden: Seit Mai betreibt er seine Galerie im Ku’damm-Karree, das bald verkauft und abgerissen werden soll.

Stammkunden ist der Standort egal

Die Lage „ist nicht einfach“, gibt der 44-Jährige zu, doch für den Verkauf von Malereien, Grafiken und Skulpturen spiele das kaum eine Rolle. Sammler und Stammkunden seien ihm schon an verschiedene Stellen in Berlin gefolgt. Mobilität ist für den Kunsthändler normal, er zeigt Ausstellungen auch in Geschäftsräumen von Banken und Verbänden.

Seine Räume in einem früheren Modegeschäft zwischen der Ausstellung „The Story of Berlin“ und dem Karree-Ausgang an der Uhlandstraße bezeichnet er gar nicht als Galerie. „Westphal Berlin – Kunst & Projekte“ heißt die Verkaufsausstellung.

Es gibt noch Laufkundschaft

Wie aber kann er sich als einer der letzten Mieter in der maroden Passage aus den 1970er Jahren halten, die auf Besucher oft fast menschenleer wirkt? Der Eindruck täusche, sagt Westphal, es sei gar nicht so wenig los. So gebe es viele Büros und Kanzleien im Hochhaus des Karrees, die großen Schaufenster seines Ausstellungsraums zögen immer wieder einige der Mitarbeiter und Besucher an.

Publikumsmagnete sind das Theater und die Komödie am Kurfürstendamm, nur nutzt das Westphal wenig. Die Eingänge der Boulevardbühnen liegen draußen am Ku’damm, und die Vorstellungen beginnen abends nach seinem Geschäftsschluss. Auch die „Story of Berlin“ belebt den Kunsthandel kaum, denn in die Schau zur Stadtgeschichte strömen vor allem Schulklassen.

Als überraschender Erfolgsfaktor hat sich aber der Drogeriemarkt im Karree erwiesen. „Drogerieartikel braucht jeder“, sagt Westphal. Zahlreiche Kunden hätten die nahe Galerie nach dem Kauf von Shampoo oder Rasierklingen entdeckt, darunter der Chef eines großen Unternehmens.

Kultur statt Maschinenbau

„Ich habe hier so viel Spaß wie lange nicht mehr“, schwärmt der im früheren Ost-Berlin aufgewachsene Galerist, der von sich sagt, er sei „durch Zufall“ in den Beruf geraten. Kurz nach dem Mauerfall wollte er Maschinenbau studieren. Dann aber bekam er einen Job bei einer Kunstspedition, der den Weg ebnete zu einer Assistenz in der Galerie Brusberg am Ku’damm 213, Ecke Uhlandstraße.

Später machte sich Westphal in einer Seitenstraße der Schönhauser Allee in Prenzlauer Berg selbstständig. Schließlich zog es ihn wieder an den Ku’damm. Als Dieter Brusberg seine Galerie aus Altersgründen aufgab, übernahm Westphal vorübergehend mit einem Geschäftspartner die dazugehörige „Hofgalerie“ im Gartenhaus.

Newcomer und berühmte Künstler

Nun präsentiert er hauptsächlich junge Kunstschaffende – aber nicht nur. Manchmal mischt er wenig bekannte und berühmte Namen. Bis zum 8. November läuft etwa die Gruppenausstellung „Brot und Wein“, das Spektrum reicht von Nachwuchskünstlern bis zu Picasso.

Wie lange der Galerist im Karree bleiben kann, ist offen, sein Vertrag ist kurzfristig kündbar. Aber Westphal ist Optimist: „Provisorien halten am längsten.“

Informationen zur Galerie unter www.westphal-berlin.de

- Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.

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