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Die Neue am Zoo. Damals gab es kein Photoshop und keine Digitalkameras, und die Probleme waren auch ganz andere. Besucher kamen schon am ersten Tag zahlreich in die wiedergeborene Galerie C/O Berlin, um sich die Schauen mit Bildern von Will McBride aus dem Berlin der Fünfziger und mit Werken berühmter Magnum-Fotografen anzusehen.

© DAVIDS

Andrang in der City West: C/O Berlin lockt viele Besucher ins Amerika-Haus

Erfolgreicher Start am neuen Standort: Am ersten Wochenende im Amerika-Haus strömen Tausende zur Galerie C/O Berlin. Es kommen alte Fans – und zahlreiche neue.

Von Fatina Keilani

Der Start ist schon mal ein Erfolg. Mehr als 1500 Besucher kamen gleich am ersten Tag in die neuen Räume von C/O Berlin im Amerika-Haus. Das war am Freitag, und auch am Sonnabend ist es schon mittags voll. Im Café ist jeder Platz besetzt, draußen genießen viele das herrliche Wetter. „Es ist angemessen überlaufen“, sagt ein Münchner Tourist schmunzelnd. Der Neustart sei gelungen.

Der Besuch ist ein Erlebnis. Da ist erstmal das Gebäude von 1957, denkmalgeschützt, mit dem charakteristischen Mosaik über den Eingang. Innen lag die Hauptarbeit darin, den Originalzustand wieder herzustellen. Nun ist es licht und schön. Der helle Naturstein im Foyer ist wieder sichtbar, die früher abgehängten Decken liegen wieder offen – zugleich der einzige Anklang an das rauhe Mitte der Nachwendejahre. Die frühere Heimat von C/O Berlin, das alte Postfuhramt an der Oranienburger Straße mit seinem damals morbiden Charme und dem Charakter von Provisorium und Verfall, ist ganz weit weg.

Verfall gibt es hier eher vor der Haustür. Während auf der anderen Seite des Bahnhofs die neue Eleganz des Westens in Gestalt von Waldorf-Astoria und Bikini Berlin lockt, ist hier, ums Amerika-Haus herum, keine Eleganz zu finden, und außer Fast-Food-Ketten auch keine ansprechende Gastronomie.

Das Café brummt, die Fenster erlauben einen weiten Blick

„Das Gebäude ist toll“, schwärmt die Berlinerin Andrea B., die sich die Ausstellung mit Ehemann und Besuch aus München anschaut. Und nicht nur die Ausstellung: „Dieser Ausblick auf die alte Stahlkonstruktion des Bahnhofs Zoo ist auch grandios.“ Unten im Café brummt der Betrieb. Auch Geschäftsführer Stefan Schneck schätzt die Aussicht ganz besonders. „Erst war ich unglücklich, dass das Café zur Nordseite liegt“, sagt er. „Doch hier hat sich das sogar als Vorteil erwiesen.“ Die riesige Glasfront entlang der Hardenbergstraße ermöglicht einen Panoramablick mit der Sonne im Rücken – die Welt wird angestrahlt.

Dabei wollte Schneck das Café gar nicht haben. Der 51-jährige Schweizer, Wahl-Berliner seit 20 Jahren, betreibt unter anderem das Nola’s und die Bar Reingold; er hatte sich vorgenommen, nie wieder ein Museumscafé zu übernehmen. Doch die Betreiber der Galerie baten ihn, wenigstens als Berater zu fungieren, und im Verlauf dieser Beratung kam Schneck doch noch auf den Geschmack. Nun ist er froh darüber.

Die Besucher sind zugleich ein neues Publikum, älter, bürgerlich-intellektuell. Es sind nicht nur Fans des früheren C/O Berlin – viele kannten die alte Galerie nicht, als sie noch im Osten lag. Die letzten zwei Jahre war sie nicht mehr öffentlich sichtbar – es wurde am Neustart gearbeitet. Die Fans zeigten Geduld. Als Geld fehlte, kamen binnen 45 Tagen 122 655 Euro aus 430 Einzelspenden zusammen, sogar mehr als die 100 000 Euro, die Ziel der Crowdfunding-Kampagne gewesen waren. Laut Veranstaltern war dies das erfolgreichste derartige Projekt einer deutschen Kulturinstitution.

Im ganzen Gebäude drängen sich am Sonnabend Besucher, machen Selfies im eigens aufgestellten Fotoautomaten, blättern in der Auswahl von Fotobüchern im Shop. Erstaunlich viele haben Profi-Kameras dabei. Astrid D. ist eigens aus Hannover angereist, nicht nur wegen der Galerie, sondern weil derzeit in Berlin der europäische Monat der Fotografie stattfindet, mit Ausstellungen an 125 Orten.

Besonders viele Menschen stehen vor den Kontaktabzügen berühmter Magnum-Fotografen. Kontaktabzüge – Relikte einer Welt vor Digtalkameras und Photoshop. 42 Schüsse von Margaret Thatcher, aber nur ein Bild, das zur Ikone wurde. Hier schließt sich der Kreis. Denn mit Magnum-Fotos hatte es vor 14 Jahren angefangen, damals, im Postfuhramt. Manchmal muss man sich eben verändern, wenn man sich treu bleiben will.

Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.

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