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So wird das Projekt auf der Webseite der Planer angekündigt und so soll der Neubau im Hinterhof aussehen. Doch das Projekt ist umstritten.

© Illustration: Ziegert Immobilien / Tsp

Verdichtung in Berlin: Wie ein Neubau im Hinterhof die Nachbarn aufschreckt

Ein Neubauprojekt stößt im Kiez auf Widerstand. Im Bayerischen Viertel entsteht ein Wohnhaus in einem Hinterhof. Auch der Bund Deutscher Architekten hat Bedenken.

Es geht um den Neubau eines sechsgeschossigen Gebäudes mit 15 Wohnungen in einem Innenhof an der Meraner Straße. Anwohner des hofbildenden Altbaus, der ebenfalls saniert werden soll, protestieren dagegen. Deren Vorwurf: Die vom Bezirk erteilte Baugenehmigung verstoße gegen Berlins Bauordnung . Deshalb fordern sie den Chef der Senatsverwaltung für Inneres seine Dienstaufsicht auszuüben und die Sondergenehmigung des Bezirks „unverzüglich aufheben zu lassen“.

Dass Innensenator Frank Henkel persönlich bei einem eher überschaubaren Bauvorhaben eingeschaltet wird, zeigt, wie verhärtet die Fronten sind. Zu den Gegnern des Projektes zählen die Mieter des Wohnhauses aus den 50er Jahren, die wegen der Sanierung drastische Mieterhöhungen zu erwarten haben. Dem Projekt den Kampf angesagt haben außerdem Anwohner, die die Veränderung des Stadtbildes verhindern wollen, weil dadurch auch ein benachbartes Baudenkmal Schaden nehme.

Der Streit ist in vielerlei Hinsicht typisch für die Zerreißprobe auf dem Berliner Wohnungsmarkt. Möglichst schnell soll jede Lücke in der Stadt bebaut werden, um Wohnraum für die vielen Neuberliner zu schaffen, wobei Innenhöfe dabei zunehmend in Mode kommen. Allein im Bayerischen Viertel gibt es drei Projekte: in der Regensburger Straße 13, in der Aschaffenburger 23, in der Motzstraße 16. Aber durch die steigenden Immobilienpreise befürchten langjährige Anwohner, aus ihren Quartieren verdrängt zu werden. Die neuen Wohnungen in der Meraner Straße kosten teils mehr als 5000 Euro je Quadratmeter und dürften eher wohlhabende Käufer finden. Und bei Mieterhöhungen von bis zu 50 Prozent im Bestandsgebäude geraten manche Altmieter an die Grenze ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit.

Der Bezirk verteidigt die Entscheidung

„Der Eigentümer will ein viel zu großes Haus in einen viel zu kleinen Hof setzen“, sagt Michael Schreck von der Mietergemeinschaft. Die geplanten luxuriösen Eigentumswohnungen seien „aus der Zeit gefallen“, es fehle an günstigen Wohnungen, nicht an teuren Immobilien. Außerdem treibe das Objekt den Mietspiegel in die Höhe. Viele Mieter seien in Sorge, dass sie sich die Miete bald nicht mehr leisten könnten. Nikolaus Ziegert, der die neuen Wohnungen zum Kauf anbietet, sagt: „Überwiegend Berliner haben gekauft, und die machen eine Mietwohnung im Umfeld frei“. Zudem werde die mit der Sanierung verbundenen Aufwertung des Ensembles durch den Neubau finanziert. Der Grundeigentümer und Bauherr wollte sich auf Anfrage nicht äußern.

Ein weiterer Screenshot von der Projektseite, der einen Eindruck davon gibt, wie das neue Gebäude sich in den Hinterhof einfügt.
Ein weiterer Screenshot von der Projektseite, der einen Eindruck davon gibt, wie das neue Gebäude sich in den Hinterhof einfügt.

© Ziegert Immobilien / Tsp

Der Bezirk verteidigt die Entscheidung, dem Projekt eine „Befreiung vom Bebauungsplan“ zu erteilen. In der Bezirksverordnetenversammlung begründete die Verwaltung dies damit, dass die Errichtung von 19 Wohneinheiten kein „gigantischer Neubau“ sei. Außerdem komme es nicht zu „unzumutbaren Verschattungen oder sonstigen Beeinträchtigungen“. Bezirksbaustadträtin Sibyll Klotz sagte auf Anfrage: Der Neubau im sehr großen Hof sei vertretbar und beeinträchtige aus Sicht der Bauabteilung die Altmieter nicht, die neuen Wohnungen entstehen an einer Brandwand auf einer zuvor als Stellplatz von Autos betonierten Fläche.

Mieter fürchten um das Erscheinungsbild des Hauses

Außerdem habe sich der Bauherr verpflichtet, den Hof neu anzulegen und zu begrünen. Klotz ist aber verärgert darüber, dass der begrünte Innenhof in Verkaufsanzeigen des Maklers als private Gartenfläche für die Käufer der neuen Eigentumswohnungen im Hof angeboten werden: „Dabei ist mit dem Hauseigentümer vereinbart, dass diese Flächen allen Bewohnern, also auch den Mietern, zur Verfügung gestellt werden“. Hier werde der Bezirk einschreiten, verspricht Klotz.

Auch Petra Vellinga vom Bund Deutscher Architekten in Berlin hat Bedenken angesichts der geplanten Sanierung des Altbaus. Handgeschmiedete Geländer auf den Balkonen sollen den Mietern zufolge entfernt werden. „Außerdem werden bei den üblichen energetischen Sanierungen die Fensteröffnungen kleiner durch die dicken Dämmplatten“, sagt Vellinga. Das beeinträchtige das Erscheinungsbild der Gebäude. Der Vorstand des BDA habe erwogen, einen Antrag zu stellen, das Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen. Man habe davon aber Abstand genommen, weil die Chancen dafür – auch aufgrund des unmittelbar bevorstehenden Beginns der Bauarbeiten – als gering eingeschätzt wurden.

Gleichwohl fühle sich der BDA dem Architekten der Wohnanlage Hans Schaefers sehr verbunden und es sei ihm ein Anliegen dazu aufzurufen, sein Werk mit vielen wichtigen Bauten für Berlin zu bewahren. Gelungene Sanierungen wie die 1974 fertig gestellte Deutschen Rentenversicherung am Hohenzollerndamm zeigten, was möglich sei.

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