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Die Hallennot in Steglitz-Zehlendorf hat weniger mit der Flüchtlingsunterbringung zu tun, als mit dem jahrelangen Sanierungsstau.

©  Thilo Rückeis

Berliner Sanierungsstau: Sportvereine richten Wutbrief ans Bezirksamt

Böse Post: Sechs Vereine beklagen schleppende Sanierung bei Sporthallen und befürchten die Abwanderung von Mitgliedern. Zwei Hallen sind seit zehn Jahren gesperrt.

Wegen fehlender Trainingsmöglichkeiten haben sich sechs Sportvereine aus Steglitz-Zehlendorf mit harscher Kritik an ihr Bezirksamt gewandt. „Offensichtlich betrachten die Verantwortlichen im Bezirksamt und in der Politik das Wohlergehen und die Fortentwicklung der Sportvereine im Bezirk Steglitz-Zehlendorf mit interessenloser Gleichgültigkeit“, heißt es in dem als „Weckruf“ betitelten Forderungskatalog, der dem Tagesspiegel vorliegt. Die Sportvereine klagen, dass ihnen „permanent ein immenser Schaden“ zugefügt werde.

Der zuständige Sportstadtrat Frank Mückisch (CDU) äußerte dazu auf Anfrage, „sicherlich“ belasteten die erheblichen notwendigen Sanierungsarbeiten immer wieder den Trainings- und Spielbetrieb; allerdings lasse sich der Betrieb „in guter Kooperation mit dem Bezirkssportbund immer zufriedenstellend lösen“. Das bestreiten die Kritiker.

Luxussanierungen kosten wertvolle Zeit

Die Vereine – der BFC Preussen, DJK Westen Berlin, 1. FC Wacker Lankwitz, HC Steglitz, SFC Stern 1900 und SSC Südwest – rechnen vor, dass von 95 Sporthallen derzeit 13 gesperrt seien. Als Beispiele nennen sie die Hallen der Karpfenteich- und Ludwig-Bechstein-Grundschule, die seit zehn Jahren gesperrt seien. Und zwei Jahre dauere die Hallensperrung der Grundschule am Stadtpark nun schon. „In einem Umkreis von 1,5 km rund um den Steglitzer Damm sind derzeit fünf Sporthallen gesperrt“, resümieren die Vereine. Mükisch widersprach nicht. Sein Schulamt war zuletzt in die Kritik geraten, weil die Turnhalle der Grundschule am Insulaner seit Jahren verrottete und schließlich wegen Schimmelbefalls geschlossen werden musste.

Die Jungen-Umkleidekabine der Insulaner-Grundschule im April 2017. Seit Februar ist die Halle gesperrt.
Die Jungen-Umkleidekabine der Insulaner-Grundschule im April 2017. Seit Februar ist die Halle gesperrt.

© privat

Die Vereine warnen in ihrem Brief, dass die Einschränkungen „über kurz oder lang zur Abwanderung von Mitgliedern“ führen werden. Die Arbeit mit Kindern, die eine wohnortnahe Trainingsstätte benötigten, sei durch die Nutzung von Ersatzzeiten in anderen Hallen über einen längeren Zeitraum nicht aufrechtzuerhalten. Um gegenzusteuern, fordern sie bezüglich der bis vor Kurzem von Flüchtlingen genutzten Hallen die „zügige und vollständige Sanierung spätestens bis Ende September 2017“. Der Bezirk solle auf „Luxussanierungen“ verzichten und externe Planungs- und Architekturbüros beauftragen, wenn die bezirkseigene Kapazität nicht ausreiche. Dazu heißt es im „Weckruf“, dass ein Bezirk wie Pankow vier freigeräumte Hallen innerhalb von fünf Wochen saniert und dem Sport wieder zur Verfügung gestellt habe.

Doppelstockhallen in Fertigbauweise

Um die Lage schnell zu verbessern, fordern die Vereine, künftig nur noch Sporthallen gleichen Bautyps, vorzugsweise Doppelstockhallen, die mindestens zweifach teilbar seien, in Fertigbauweise zu errichten, wie es in den siebziger Jahren erfolgt sei. Es sei nicht hinnehmbar, „dass jede Halle einzeln ausgeschrieben wird, so dass von der Planung bis zur Fertigstellung mehrere Jahre vergehen“.

Zudem schlagen die Initiatoren des Briefes vor, dass den Vereinen und Schulen kleine „Sport-Container“ zur Verfügung gestellt werden, die etwa von Gymnastik-, Tanz- und Yoga-Gruppen genutzt werden könnten.

Ein Vereinsvertreter klagte am Freitag, dass Stadtrat Mückisch den Brief bislang nicht beantwortet habe und somit auch nicht auf die Vorschläge und Forderungen eingegangen sei.

In seiner Antwort an den Tagesspiegel teilt der CDU-Politiker mit, dass bis zum Jahresende sechs der acht ehemaligen „Flüchtlingshallen“ saniert werden und zum größten Teil auch während der Sanierung nutzbar seien. Alle sechs Hallen könnten seit dem Auszug der Flüchtlinge bereits genutzt werden. Mückisch betont, dass alle „vertret- und verfügbaren“ Haushaltsmittel im Sanierungs- und Investitionsbereich in den vergangenen Jahrzehnten in den Sport geflossen seien. „Viele andere Bezirke beneiden den Aufwand, der hier für den Sport geleistet wird,“ betont er. Vereinsvertreter wunderten sich über diese Darstellung.

Den "Weckruf" der Sportvereine finden Sie hier:

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