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Die Mieten steigen im Zentrum und am Stadtrand. Neu gebaute Wohnungen sind noch einmal teurer.

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Berliner Immobilienmarkt: Die Wohnungsnot ist hausgemacht

Bausenatorin Katrin Lompscher hat einen Bericht zum Berliner Mietmarkt in Auftrag gegeben. Der fällt wenig schmeichelhaft aus für die Linke-Politikerin.

Der neue Senat hat erstmals Zahlen vorgelegt, mit denen die Wohnungsnot in Berlin dokumentiert wird. Und spätestens mit dieser Veröffentlichung gerät Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) unter Druck. Denn statt den Neubau zu beschleunigen, bremst deren Verwaltung bisher das Wachstum Berlins aus: Verhindert Großprojekte wie den Siedlungsbau in Elisabeth-Aue, stoppt Hochhäuser etwa in Mitte, verhindert durch die Verschärfung von Vorschriften zum Schutz von Stadtbäumen neue Wohnungen auf Dachgeschossen und Häuser in Baulücken – und verschärft so den Wohnungsmangel.

Wolfgang Branoner bringt den Verdruss der Branche auf den Punkt

„Berlin hat kein Erkenntnisproblem, wir haben nur und ausschließlich einen Umsetzungsnotstand“, sagt Wolfgang Branoner. Der Christdemokrat war in den 2000er Jahren Wirtschaftssenator und vorher Staatssekretär für Stadtentwicklung. Heute berät er Projektentwickler und bringt den Verdruss der Branche auf den Punkt: „Kein kohärentes Handeln des Senats, kein flexibles Handeln in den Verwaltungen, so werden die Probleme der wachsenden Stadt nicht gelöst.“

Bauland gibt es in Berlin kaum noch

Denn während der Senat noch auf öffentlichen Veranstaltungen nach den geeigneten Formaten für die Beteiligung der Bürger sucht, laufen den Menschen in der Stadt die Kosten davon. Bauland gibt es in Berlin kaum noch. Deshalb brechen die Preise Rekorde, allein im ersten Halbjahr dieses Jahres stiegen sie um 13 Prozent.

Ähnliches gilt für die Preise für Baustoffe und Handwerker. Weil alles mehr kostet, müssen die Bauherren noch höhere Mieten fordern: Zwölf Euro je Quadratmeter und Monat gilt nun als wenig für eine neu gebaute Wohnung. Allerdings kommen ohnehin nur wenig neue Mietwohnungen auf den Markt – weil sich Eigentumswohnungen besser rechnen für Projektentwickler. Und weil Spekulanten außerdem Altbauten zu Hunderten teuer sanieren und neu vermieten, ist der Markt für günstigen (Miet-)Wohnraum so gut wie leer gefegt.

Es bräuchte eine Art Gesellschaftsvertrag

Um der Notlage Herr zu werden, bräuchte es eine Art Gesellschaftsvertrag für die wachsende Stadt: Vorfahrt für Bauherren und Verdichtung der Stadt „bis zur Grenze des gesetzlich Zulässigen“, sagt etwa Branoner. Stattdessen findet ein Straßenkampf statt zwischen den 40 000, die jedes Jahr zusätzlich in die Stadt ziehen, und Altmietern sowie Hütern begrünter Baulücken.

Die Linke verschärft in der Bauverwaltung vor allem Verbote und Regulierungen

Statt die Massen zu mobilisieren, verschärft aber die Linke seit der Machtübernahme in der Bauverwaltung vor allem Verbote und Regulierungen. Die Quittung dafür hat sie nun. Die Analyse zum korrigierten „Stadtentwicklungsplan Wohnen“: 194.000 zusätzliche Wohnungen braucht die Stadt bis zum Jahr 2030, 20.000 jedes Jahr.

Dem stehen nicht mal 14.000 neu gebaute Wohnungen im vergangenen Jahr gegenüber. Ein großer Teil der Neubauten sind Eigentumsobjekte, die sich so gut wie keiner der vielen Zuzügler leisten kann. Denn das sind weit überwiegend Flüchtlinge und Ausländer mit geringen Haushaltseinkommen.

Es gibt nicht genügend Grundstücke, um den Wohnungsbedarf zu decken

Besonders dramatisch in dem schonungslosen Bericht, der übrigens unter Beteiligung der Lompscher-Verwaltung entstand: Selbst wenn die politischen Weichen von heute auf morgen auf Neubau umgestellt würden – es gibt gar nicht genügend Grundstücke, um den Wohnungsbedarf zu decken.

Und die Flächen, die es gibt, können nicht kurzfristig bebaut werden. Das betrifft sogar die Gebiete, die der Koalitionsvertrag als Erweiterungsflächen benennt. Bitter, denn die Forscher sehen hier und jetzt, also kurzfristig, dringenden Bedarf an zusätzlichen Wohnungen.

Die Bilanz des Berichts ist verheerend

Zur den politischen Versäumnissen kommt der Mangel an Planern in den Bezirken und im Senat hinzu. In den Verwaltungen stapeln sich die unerledigten Bauanträge. Und: Großprojekte wie die Bebauung von Tempelhofer Feld oder Elisabeth-Aue kommen erst gar nicht – und trotzdem verschleppt der Senat die Bereitstellung alternativer Siedlungsflächen.

Aber selbst wenn wie durch Zauberhand diese ganzen Probleme über Nacht beseitigt wären, wenn es neue Wohnungen in jeder Baulücke und auf jedem Dach gäbe und die neuen Siedlungen fertig wären, dann würden immer noch Flächen fehlen, damit jeder Berliner eine Wohnung hat: Das „Defizit an Wohnungspotenzialen bis 2030 in Berlin beträgt rund 15.000 Wohnungen“, so die verheerende Bilanz des Berichtes.

„Wachstum über die Stadtgrenzen hinaus“

Der eher für gemäßigte Kritik bekannte größte Wohnungsverband Berlins BBU findet angesichts der dramatischen Lage klare Worte: Von einem „echten Flächenproblem beim Bauland“ spricht Vorstandsmitglied Maren Kern und nennt das „beunruhigend“. Und auch sie fordert die „Vereinfachung von Dachgeschossausbauten, klare Zuständigkeiten und Vereinfachungen in den Verwaltungsverfahren“. Und außerdem: „Wachstum über die Stadtgrenzen hinaus“. Berlin ist nicht genug – wenn die Stadt weiter so wächst wie bisher.

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