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Gruß vom Gößweinsteiner Gang. Bei Derbys wird’s voll, der Platz ist eng, nur die direkten Nachbarn schimpfen (aber das machen sie auch sonst fast immer).

© André Görke

Berlin-Spandau: Dorfklub Kladow? Von wegen!

Die Tagesspiegel-Leser haben abgestimmt - Ergebnis: Die Sportfreunde Kladow sind Spandaus beliebtester Verein. Ein Portrait

Es ist Nachmittag, halb fünf in Kladow – Stoßzeit auf dem Gelände der Sportfreunde Kladow. In der Herbstsonne rennen Grundschüler über den Kunstrasen dem Fußball hinterher, zwei Rentner machen sich für die erste Partie des Nachmittags auf dem Tennisplatz warm und im Büro des Vereinsheims sitzen die Vorsitzende Manuela Stein, Geschäftsführerin Cindy Kotlinsky und eine Mitarbeiterin vor 1600 blauen Mitgliedermagazinen, die beklebt und ausgeteilt werden wollen.

2500 Mitglieder hat der Verein. Nicht nur die Quantität stimmt hier bei den Sportfreunden, auch was die Qualität angeht, scheinen sie alles richtig zu machen: In den meisten Sportbereichen ist Aufnahmestopp, so groß ist die Nachfrage. Woran liegt das? Fragt man etwa den stellvertretenden Vorsitzenden Jürgen Plöger, der auf einen Plausch und einen Kaffee hereinkommt, was seinen Verein so besonders macht, ist seine Antwort kurz und simpel: „Tolles Gelände. Und die Leute sind top.“ 

Tagesspiegel-Leserwahl: Platz 1 - Sportfreunde Kladow

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Man versteht sofort, was er meint: Das Vereinsheim hat der Verein selbst gebaut und unterhält es auch. Statt blätternder Farbe, Schweißgeruch und wackeligen Bänken in den Umkleiden strahlen die Wände hier in warmen Farben, alles wirkt neu und freundlich. In der Judohalle sind bunte Bälle an der Decke aufgereiht, anstelle von muffigen Matten toben sich die Judokinder hier auf gepflegtem Mattenboden aus. Ur-Spandauer, Zugezogene und auch geflüchtete Kinder trainieren in dem Verein, der 1949 mit zwei Toren auf einer Wiese am Glienicker See begann.

Anstatt getrennte Gruppen zu gründen, integrierte man die Flüchtlingskinder

Anstatt getrennte Gruppen zu gründen, integrierte man die Flüchtlingskinder in die bestehenden Mannschaften und bemerkte sogar einen Anstieg der Trainingsdisziplin, erzählt Kotlinsky. So mühelos wie die geflüchteten Kinder hat auch Hamza Alosmod sich im Verein eingelebt: Der 18-jährige Syrer wohnt seit einem Jahr in Kladow, direkt neben dem Fußballplatz. Dann kam er auf die Idee, einen Bundesfreiwilligendienst im Verein zu machen und seine Fußballkenntnisse an die Kladower Kinder weiterzugeben. Seit sechs Monaten ist er jetzt als Trainerassistent dabei. „Ich kann merken, wie sich mein Deutsch durch die Arbeit hier verbessert“, sagt er.

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Integrative Wirkung bescheinigt auch Trainer René Eichner dem Verein: „Der hat mich alten Knacker noch mal dazu gekriegt, mit dem Fußball anzufangen, nach dreißig Jahren Pause“, erzählt er. Jetzt sitzt er zusätzlich noch im Vorstand und trainiert die E-Jugend zusammen mit Hamza. „Das hätte ich doch nicht für jeden Verein gemacht. Also nach Gatow wäre ich dafür nicht gegangen“, sagt er augenzwinkernd.

Immer mehr Neu-Kladower

Bei allem Lokalstolz: Ganz ohne Zusammenarbeit mit den Nachbarn geht es auch im dörflichen Kladow nicht. Die großen Entwicklungen gehen selbst an der Enklave an der Havel nicht vorbei. Neben dem Flüchtlingszuzug erlebt der Verein auch das Bevölkerungswachstum in Berlin und seine Auswirkungen. Vor allem junge Familien zieht es hierher ins Grüne, ins Beschauliche. In den vergangenen fünf Jahren ist die Bevölkerung in Gatow und Kladow um 13 Prozent gestiegen, in der Altersgruppe 0 bis 6 Jahre sogar um 32 Prozent. Angebote wie das Mutter-Kind-Turnen sind beliebt, gleichzeitig fehlt aber der Platz, um das Angebot zu erweitern.

Deshalb arbeitet der Verein durch die Stadtteilkonferenz mit dem Nachbarort zusammen und konnte über 20 heimatlose Kurse in Gatower Schulen und Stadtteilzentren unterbringen. „Da ist es von Vorteil, hauptamtlich und vernetzt zu sein.“ So beliebt ist der Verein mittlerweile, dass die vielen Freiwilligen die täglichen Aufgaben nicht mehr bewältigen können. Zwei Hauptamtliche für die Geschäftsstelle mussten her. „Wir hatten befürchtet, dass wir eine Beitragserhöhung nie durchbekommen“, erinnert sich Manuela Stein. Doch da kannte sie ihre Sportsfreunde schlecht: Ohne weitere Beanstandungen bewilligte die Mitgliederversammlung den höheren Beitrag. „Die haben auch gesehen, dass es so nicht mehr weitergeht.“

Auch auf dem Gelände wird bald etwas passieren müssen: An Spieltagen quetschen sich manchmal drei Heimmannschaften in eine Kabine. Mädchenfußball kann erst gar nicht stattfinden, denn getrennte Kabinen sind wegen des Platzmangels nicht drin. Manchmal muss der Verein späte Spiele absagen, denn genervte Nachbarn haben erwirkt, dass die Flutlichter nur bis 21.30 Uhr angeschaltet sein dürfen und auch das nur zwischen Oktober und Februar — was René Eichner lauthals losschimpfen lässt. „Wenn wir hier nicht Fußball spielen würden, hätten wir hier 150 Jungs, die durch die Gegend ziehen und Klingelschilder besprühen würden.“

Der Verein erfüllt mit seinem Casino und dem breiten Sportangebot die Funktion von Dorfkneipe, Kulturzentrum und Freundschaftsschmiede. In Kladow haben Nischensportarten wie Kunstradfahren und Showtanz es im Verein bis auf Bundesmeisterschaftsniveau gebracht. In manchen Familien geht die Oma zum Walken und Kaffeekränzchen, die Mutter war früher bei der Leichtathletik und der studierende Enkel ist Übungsleiter in der Leichtathletik. Später steckt ein älterer Herr den Kopf zur Tür herein und will sein Sportabzeichen abholen. „Früher bin ich noch in die Stadt gefahren“, erzählt er. „Aber das ist zu weit draußen.“

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Dieser Text erschien auf einer Sonderseite im Tagesspiegel, auf der die drei beliebtesten Sportvereine des Bezirks vorgestellt wurden. Abgestimmt hatten die Leserinnen und Leser der Tagesspiegel-Newsletter. Die Kür fand im Rathaus Spandau statt mit Bürgermeister Helmut Kleebank.

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