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Berlin-Moabit: Albert Speer plant neues Poststadion für Tennis Borussia

Der Berliner Fußballclub Tennis Borussia will das traditionsreiche Poststadion am Hauptbahnhof für 16 Millionen Euro erneuern. Auch ein Investor soll schon bereitstehen. Doch der Bezirk ist skeptisch.

In der Westkurve hat sich ein stattliches Wäldchen breit gemacht, die Fantribünen für einst 60.000 Zuschauer sind verrottet. So sieht es seit Jahrzehnten im Poststadion in Moabit aus. Doch jetzt, da der Hauptbahnhof nebenan strahlt und an der Heidestraße ein Stadtviertel doppelt so groß wie der Potsdamer Platz geplant ist, sollen auch auf dem Stadiongelände die Bagger rollen: Der Traditionsklub Tennis Borussia (TeBe) möchte dort für 16 Millionen Euro eine Fußballarena errichten. 16.000 Zuschauer sollen dort Platz haben. Eröffnungstermin: Sommer 2009.

Hinter den überraschenden Stadionplänen, die am 15. April der Bezirksverordnetenversammlung in Mitte vorgestellt werden, stecken große Namen. Nach Informationen des Tagesspiegel stammt der Stadionentwurf aus dem Büro von Albert Speer. Der renommierte Architekt, 73, ist der Sohn von Albert Speer senior, Adolf Hitlers „Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt“. Zu dem Vorhaben äußern wollte sich im Büro von Albert Speer junior allerdings niemand. Auch ein Investor soll gefunden sein: Dabei soll es sich nach Angaben mehrerer Beteiligter um den Baukonzern „Hochtief“ handeln, der zuletzt Erfahrungen gesammelt hat mit Stadionbauten in Mönchengladbach, Dortmund und Magdeburg. Offiziell dementiert der Essener Baukonzern aber sein Engagement.

Die Landespolitik kennt die beiden Namen. Sie hat vor Wochen die 100 Seiten starken Pläne zum Stadionneubau und auch eine Videosimulation auf den Tisch bekommen. Äußern will sich vor der Bezirksverordnetenversammlung niemand. Der Bezirk Mitte ist skeptisch: „Wäre Tennis Borussia vor fünf Jahren mit diesem Projekt angekommen – wir wären interessiert gewesen“, sagt heute Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD).

Am Poststadion haben sich schon viele verhoben. Erinnert sei nur an die 80er Jahre, als für 85 Millionen Mark ein reines Fußballstadion ohne Laufbahn entstehen sollte. Bekanntlich kam der Mauerfall dazwischen und Berlin hatte andere Visionen: Olympia 2000. Doch statt des „kleinen Olympiastadions“ nahe des Mauerstreifens wurde der Jahnsportpark in Prenzlauer Berg ausgebaut. Hertha BSC zog Anfang der 90er Jahre aus dem verfallenen Poststadion aus und spielte fortan im Olympiastadion.

Das Poststadion gilt heute als die größte Stadionruine in Deutschland. Die denkmalgeschützte Tribüne wird seit Jahren mit wenig Geld stückweise saniert. Sie soll erhalten und in den Neubau integriert werden, so die Pläne. Die Arena würde in die Schüssel des alten Stadions gesetzt werden (siehe Grafik). Bei Tennis Borussia wird das Projekt nicht nur für Zustimmung sorgen. Der Klub hat eine jüdische Tradition und eine eher alternative Fanszene. Im Poststadion sah Adolf Hitler im August 1936 sein einziges Fußballspiel, eine 0:2-Niederlage im olympischen Achtelfinale gegen Norwegen.

TeBe spielt derzeit in Eichkamp im Mommsenstadion. Die Arena hat keine Vip-Räume, die kleine Tribüne ist kaum windgeschützt, ansonsten gibt es nur Stehplätze. Große Sponsoren und junge Zuschauer gehen lieber zu Hertha. „Wir müssen raus aus Charlottenburg“, sagt Willy Kausch, Aufsichtsratschef von TeBe. „Wir möchten der Klub der neuen Mitte werden.“ Das Stadion könne später auf 30.000 Plätze erweitert werden.

Willy Kausch hat sich als Macher der WM-Fanmeile sowie der alljährlichen Silvesterparty mit einem Millionenpublikum am Brandenburger Tor einen Namen gemacht. Doch auch er möchte den Namen des privaten Investors und des Architekten noch nicht verraten. Das Poststadion war von 1924 bis 1931 die Heimat von Tennis Borussia. Der Klub möchte langfristig in die Zweite Liga zurück. Der Senat müsse lediglich Geld für die Erschließung in die Hand nehmen, argumentiert der Verein. Straßen würden bei der Bebauung des benachbarten Quartiers an der Heidestraße ohnehin neu gebaut.

Pikant ist, dass mit Tennis Borussia der zweite Berliner Amateurklub ein Stadion bauen möchte. Auch der Köpenicker Drittligist 1. FC Union kämpft seit Jahren für den Ausbau seines maroden Stadions an der Alten Försterei. Der Senat will dafür aber keine Mittel zur Verfügung stellen. Schließlich habe man noch den Jahnsportpark in Prenzlauer Berg. Dort will niemand spielen, es steht seit Jahren leer.

Das Poststadion wird derzeit vom Schul- und Breitensport genutzt, abgesehen von Events wie dem WM-Zeltlager oder dem Musikkonzert „Berlin Festival“. Damit Schüler und Leichtathleten nicht heimatlos würden, will TeBe die umliegenden Sportplätze sanieren. Das geschieht bereits im Sommer – für 400.000 Euro aus Fördergeldern. Zudem, berichtet ein Bezirkspolitiker, werde das Stadion Stück für Stück „für die Regionalliga ausgebaut“, 10.000 Zuschauer hätten dann Platz. Wer dort einmal spielen soll – ohne Vip-Räume, ohne Dach, mit störender Laufbahn –, ist allerdings unbekannt.

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