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Um das Dragonerareal am Mehringdamm wird seit Jahren gestritten.

© Günter Krawutschke

Berlin-Kreuzberg: Senat will Dragonerareal schützen

Geschäfte und Werkstätten erhalten, Luxuswohnungen verhindern - das will der Senat am Kreuzberger Dragonerareal erreichen. Die Opposition hat so ihre Zweifel, ob das klappt.

Das Land Berlin macht Ernst im Tauziehen um das Dragonerareal. An diesem Dienstag berät der Senat eine Vorlage von Bausenator Andreas Geisel, wonach die 47000 Quadratmeter große Baulandfläche an der Yorckstraße in ein Sanierungsgebiet umgewandelt werden könnte. So will der Senat verhindern, das nördlich von Kreuzbergs Rathaus überwiegend Luxuswohnungen entstehen und bestehende Geschäfte und Werkstätten verdrängt werden.

Genau genommen sieht der Antrag „vorbereitende Untersuchungen“ vor, eine abschließende Festlegung des umkämpften Gebietes als Sanierungsgebiet sei „in der zweiten Jahreshälfte 2016“ anvisiert, sagte die Senatsbauverwaltung auf Anfrage. Der Grundstückseigentümer sei zwar verpflichtet, an der Untersuchung mitzuwirken – die „Ausübung des Vorkaufsrechts auf Grundstücke ist aber erst nach der Ausweisung des Dragonerareals als Sanierungsgebietes möglich“.

Reicht das aus, um abschreckende Wirkung auf den noch verhinderten Käufer des bundeseigenen Baulandes zu haben? Die Opposition bezweifelt das. Wie berichtet hatte die Wiener Firma „Dragonerhöfe“ das Areal vom Bund erworben und dafür 34 Millionen Euro bezahlt. Noch ist der Deal aber nicht vollzogen.

Bundesrat will den Deal am 10. September verhandeln

Denn bisher hat der Bundesrat dem Geschäft noch nicht zugestimmt. Dies bestätigte auch die zentrale Grundstücks-Verkaufsstelle des Bundes auf Anfrage: Der Vertrag „bedarf gemäß Paragraf 64 Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung noch der Einwilligung des Bundesrates“. Doch die Vertreter der Bundesländer hatten die Entscheidung über das Geschäft bereits zwei Mal verschoben, Ende April und Ende Juni. Am 10. September steht das umstrittene Geschäft nun erneut auf der Tagesordnung.

Im Bundesrat gibt es eine rot-grüne Mehrheit und mehrere Länder sprechen sich gegen die in der Haushaltsordnung des Bundes festgeschriebene Vorschrift zum Verkauf von Liegenschaften zum Höchstpreis. Auf diese Vorschriften der Haushaltsordnung beruft sich auch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben beim Deal um das Dragonerareal. Eine Änderung der Haushaltsordnung des Bundes scheiterte bisher an der CDU.

Kräftemessen von Bund und Berlin

So gesehen ist der Streit um den Verkauf des Dragonerareals auch ein Kräftemessen zwischen Bund und Ländern – und die beabsichtigte Umwandlung der Baufläche in ein Sanierungsgebiet ein Versuch, dem Käufer das Geschäft zu verleiden. Denn in einem Sanierungsgebiet hat der Bezirk weit reichende Möglichkeiten, Einfluss auf die Art der Bebauung und deren Nutzung zu nehmen. Eine „sozial ausgewogene Entwicklung“, wie es Bausenator Andreas Geisel gerne nennt, könnte auch zu einem größeren Anteil von Sozialwohnungen führen und zum Erhalt bestehender Kiezstrukturen.

Das wäre im Sinn der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg. Diese hatte im November vergangenen Jahres beschlossen, eine „Entwicklungspartnerschaft mit einem landeseigenen Wohnungsunternehmen“ zu organisieren – und vorgeschlagen das Dragonerareal mit dem sozialen Brennpunkt Südliche Friedrichstadt zusammen zu legen.

Voraussetzung dafür wäre allerdings, dass der Käufer des Areals aus dem Vertrag aussteigt. Davon ist bisher nichts zu erkennen. Anfragen des Tagesspiegel beantwortete die Wiener Firma zwar bisher nicht. In einer Pressemitteilung hatte sich das Unternehmen allerdings zum „typisch Kreuzberger Leben der Vielfalt“ bekannt und versprochen „Rahmenbedingungen zu schaffen, aus denen sich ein neuer authentischer Kreuzberger Kiez entwickeln kann“.

Wiener Firma trennte sich von Berliner Entwickler

Ob die Betonung dabei auf „neu“ liegt oder auf Kiez, bleibt offen. Beobachter äußerten sich jedenfalls verwundert darüber, dass die Firma ihre Partnerschaft mit der Firma des Berliner Entwicklers Arne Piepgras aufkündigten, der das Stattbad in Wedding zu einer Spielstätte alternativer Kultur entwickelt hat. Die Absicht des Senats, das Areal zum Sanierungsgebiet zu erklären, war deshalb als Befreiungsschlag gewertet worden: Eine Luxusbebauung wäre unter Federführung des Bezirks jedenfalls nicht mehr möglich.

So sieht es auch die Wohnungspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Katrin Schmidberger, sie schränkt aber ein: „Die Senatsvorlage lässt Fragen offen“. Weder sei das Dragonerareal damit zum Sanierungsgebiet erklärt, noch sei klar, wann die Umwandlung des Areals erfolgen wird. Gut möglich sei auch, dass der Senat das Bauland in eine Art Sanierungsgebiet light umwandelt und der Investor doch noch zum Zuge kommt.

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